An diesem Donnerstag jährt sich der islamistisch motivierte Anschlag in einem Regionalzug bei Würzburg bereits zum dritten Mal. Am Abend des 18. Juli 2016 verletzte ein 17-jähriger Flüchtling aus Afghanistan vier Touristen aus Hongkong im Zug sowie bei seiner Flucht im Stadtteil Heidingsfeld eine Spaziergängerin mit einer Axt und einem Messer teils schwer. Gegen 22 Uhr spürte ihn ein Sondereinsatzkommando in Heidingsfeld auf. Als der 17-Jährige auf die Beamten losstürmte, eröffneten diese das Feuer und erschossen ihn. Einen Tag später bekannte sich die Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) zu der Tat und veröffentlichte ein Bekennervideo des Attentäters. Doch damit ist die Geschichte des schrecklichen Abends nicht zu Ende: Auch drei Jahre nach der Tat sind die Ermittlungen nicht abgeschlossen.
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Das bestätigte die Bundesanwaltschaft, die zwei Tage nach dem Anschlag die Ermittlungen übernommen hatte, auf Nachfrage. Details will man in Karlsruhe nicht preisgeben. Nach Informationen dieser Redaktion dürften sich die Ermittlungen aber vor allem um die Suche nach möglichen Hintermännern drehen – insbesondere nach dem mutmaßlichen IS-Kontaktmann, der dem 17-Jährigen bis kurz vor seiner Tat über einen Internet-Chat Instruktionen gegeben hatte.
Verschlüsselte Online-Kommunikation
Dass der Anschlag die Bundesanwaltschaft noch immer beschäftigt, wertet der Würzburger Terrorismusexperte Peter Neumann als Beleg dafür, "wie kompliziert und langwierig solche Ermittlungen sein können". Für den Wissenschaftler vom Londoner King's College kommt "im Würzburger Fall einiges zusammen": verschlüsselte Online-Kommunikation, verschiedene Gerichtsbarkeiten, Sprachbarrieren. "Das alles bedeutet einen hohen Personal- und Zeitaufwand", so Neumann.
Außerdem sind die deutschen Ermittler auf die Zusammenarbeit mit ausländischen Behörden angewiesen – etwa in Syrien, wo sich zahlreiche IS-Kämpfer in Haft befinden. Wie diese Redaktion bereits im vergangenen Jahr aus Ermittlerkreisen erfahren hatte, scheinen die Behörden zu wissen, wer der mutmaßliche IS-Mann war, mit dem der Attentäter noch im Regionalzug über sein Handy Kontakt hatte. Offenbar hat bislang aber keine Auslieferung stattgefunden.
Heirat und Auszeichnung für Opfer
So bleiben zahlreiche Fragen vorerst unbeantwortet: Reiste der spätere Täter bereits mit dem Plan nach Deutschland, einen Anschlag zu begehen? Oder hat er sich erst hier radikalisiert? Hatte er Kontakt zu dem syrischen Asylbewerber, der eine knappe Woche später in der Ansbacher Altstadt eine Rucksackbombe zündete, dabei 15 Menschen verletzte und selbst ums Leben kam? Einen entsprechenden Fragenkatalog, den diese Redaktion in den vergangenen drei Jahren immer wieder an die Bundesanwaltschaft mit der Bitte um Antworten schickte, blieb jeweils mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen unbeantwortet.
Gute Nachrichten gab es unterdessen von den damaligen Opfern: Im Mai verlieh Ministerpräsident Markus Söder die Rettungsmedaille an Edmund Shu Ping Yau. Der heute 33-Jährige wurde bei dem Anschlag schwer verletzt, als er versuchte, den Angreifer zurückzudrängen, und sich schützend vor seine Verlobte stellte. Bereits im März hatten die beiden geheiratet.
Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version des Textes war von vier statt fünf Verletzten die Rede. Der Fehler wurde mittlerweile korrigiert.