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Würzburg
Meinung: Der Freispruch nach den tödlichen Stichen in Würzburg schmerzt, ist aber ein Sieg des Rechtsstaats
Das Urteil zu den tödlichen Messerstichen in Würzburg ist überraschend deutlich - und nachvollziehbar. In einer Sache aber irrt der Vorsitzende Richter, meint unser Autor.
Freigesprochen vom Vorwurf des Totschlags: Dem 23 Jahre alten Angeklagten, der einen Mann mit einem Messer tötete, konnte nach Ansicht des Landgerichts Würzburg keine Schuld nachgewiesen werden. 
Foto: Thomas Obermeier | Freigesprochen vom Vorwurf des Totschlags: Dem 23 Jahre alten Angeklagten, der einen Mann mit einem Messer tötete, konnte nach Ansicht des Landgerichts Würzburg keine Schuld nachgewiesen werden. 
Aaron Niemeyer
 |  aktualisiert: 29.07.2024 02:36 Uhr

Als vermeintlicher "Disco-Killer" war er sofort in den Schlagzeilen. Nun ist der 23-Jährige, der im September 2023 nach einem Streit vor einem Würzburger Club einen Mann erstochen hat, frei. Nicht, weil seine Unschuld belegt wurde. Sondern, weil das Gericht Zweifel an seiner Schuld hat.

Für die Freunde und Familie des Getöteten ist dieses Urteil wohl kaum zu ertragen. Im Zweifel für den Angeklagten - diese juristische Grundregel hat die Kammer des Würzburger Landgerichts konsequent angewandt. Denn Zweifel, genährt durch die im Prozess aufgedeckten Falschbehauptungen von Zeuginnen und Zeugen, gab es viele.

Verfahren war öffentlich, Hintergründe sind transparent

Dass der Angeklagte massiv geschlagen wurde, bestreitet keiner der Prozessbeteiligten mehr. Auch für das Umfeld des Getöteten sollte dieser Umstand inzwischen eindeutig sein. Dieser Prozess und die gesamte Beweisaufnahme waren öffentlich. Freunde des Opfers waren an allen Prozesstagen im Saal dabei. 

Wollte der Getötete schlichten? Oder trug er selbst zur Eskalation bei? Die Unklarheit über die Sekunden vor den tödlichen Stichen bleibt. 

Richterinnen und Richter, Schöffinnen und Schöffen sind auch nur Menschen. Aber sie haben eine Ermessensentscheidung nach klar vorgegeben Regeln getroffen. Das hier gefällte Urteil ist durch das öffentliche Justizsystem für Beobachterinnen und Beobachter des Prozesses transparent - und nachvollziehbar - gemacht worden. Zugleich ist die Entscheidung juristisch angreifbar: Revision ist möglich, die Staatsanwaltschaft hat dies bereits angekündigt.

Prozess am Landgericht Würzburg kennt nicht "nur Verlierer"

Der Vorsitzende Richter Thomas Schuster hat am Ende seiner Urteilsbegründung nur mit einer Aussage unrecht: Dieser Prozess kennt nicht "nur Verlierer". Für den Rechtsstaat war die transparent geführte Hauptverhandlung ein Sieg.

 
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  • Hans-Martin Hoffmann
    Nur Verlierer bzw. ein Gewinner: der Rechtsstaat?

    Sehe ich anders.

    Gewonnen hat (vor allen Dingen) der Mann mit dem Messer. Und alle anderen/ Gleichgesinnten, die es als akzeptables Verhalten ansehen, (mit dem Messer in der Tasche) Frauen zu belästigen wenn nicht gar zu nötigen. Für den Rechtsstaat war es (somit) wohl eher ein Pyrrhussieg.

    Erst vor wenigen Woche wurde an dieser Stelle gefragt, wie sicher sich Frauen nachts bewegen können: https://www.mainpost.de/regional/wuerzburg/ungewollt-beruehrt-auf-dem-heimweg-verfolgt-k-o-tropfen-im-glas-wie-sorgenfrei-gehen-frauen-noch-feiern-art-11486268

    Das darf man sich also wieder um einen Tacken verstärkt fragen. Und es bleibt ein (sehr) leeres Gefühl an der Stelle, wo man sich mehr Schutz für Schwächere wünschen würde - was sich doch eigentlich unser werter Rechtsstaat (mit seinem Gewaltmonopol) zugewiesen hat. Oder muss man das als Kapitulation gegenüber dem Motto "Frechheit siegt" bewerten?
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  • Johannes Metzger
    Nach all dem was ich in der MP zu diesem Prozess gelesen habe, war dieses Urteil erwartbar und ist nachvollziehbar.
    Was mich interessiert, ist das Verhalten der Staatsanwaltschaft. Ist es nur gekränkte Berufsehre, oder was steckt da noch hinter dem Revisionsantrag?

    Und hätte das Strafgericht auch eine Revision ausschließen können?
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  • Aaron Niemeyer
    Hallo Herr Metzger,

    das Rechtsmittel der Revision steht grundsätzlich offen, muss jedoch durch das zuständige Oberlandesgericht zugelassen werden. Voraussetzung sind Rechtsfehler - also falsche Anwendung der jeweiligen Paragrafen.

    Beste Grüße,
    Aaron Niemeyer (Autor)
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  • Manfred Englert
    Heute bin ich mal voll Ihrer Meinung, Herr Niemeyer.
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  • Aaron Niemeyer
    Hallo Herr Englert,

    das freut mich. Und auch ansonsten: Demokratie lebt von Diskurs. Von daher bin ich für mehr Mut zur Diskussion - gerade wenn Ansichten voneinander abweichen.

    Beste Grüße,
    Aaron Niemeyer (Autor)
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  • Helga Scherendorn
    "Von daher bin ich für mehr Mut zur Diskussion - gerade wenn Ansichten voneinander abweichen."

    dazu gehört aber auch Meinungen zu zulassen und nicht zu zensieren!
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