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München/Würzburg
Mega-Kosten für neuen Münchner S-Bahn-Tunnel: Bleibt jetzt noch Geld für den ÖPNV in Unterfranken übrig?
Der S-Bahn-Ausbau in München wird deutlich teurer. Wieso Markus Söder deshalb in Bedrängnis kommt – und was das für den Nahverkehr in Unterfranken bedeutet.
Viel ist nicht zu sehen vom zweiten Münchner S-Bahn-Tunnel. Doch weil die Kosten explodieren, gerät Ministerpräsident Söder unter Druck – und ÖPNV-Projekte in Unterfranken stehen in Frage.
Foto: Matthias Balk, dpa | Viel ist nicht zu sehen vom zweiten Münchner S-Bahn-Tunnel. Doch weil die Kosten explodieren, gerät Ministerpräsident Söder unter Druck – und ÖPNV-Projekte in Unterfranken stehen in Frage.
Henry Stern       -  Obermeier/ Henry Stern
Henry Stern
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:12 Uhr

Die Zahlen sind gewaltig – und das Kostenrisiko liegt am Ende beim bayerischen Steuerzahler: Anstatt 3,85 Milliarden Euro soll der zweite S-Bahn-Tunnel unter der Münchner Innenstadt nun mindestens 7,2 Milliarden Euro kosten. Und diese Schätzung aus dem vergangenen November dürfte durch Inflation, Ukraine-Krieg und Kostenexplosion am Bau schon wieder überholt sein.

60 Prozent dieser Kosten trägt der Bund – allerdings nur, wenn das Projekt trotz der Preissteigerung noch die Anforderungen einer Kosten-Nutzen-Rechnung erfüllt. Dies jedoch ist alles andere als sicher. Der Freistaat Bayern zahlt in jedem Fall 40 Prozent der Kosten - und trägt zusätzlich das Risiko für die gesamte Finanzierung, sollte der Bund seinen Anteil nicht bezahlen.

Verkehrsminister: Mehrkosten in München nicht auf Kosten des ländlichen Raums 

Fast drei Milliarden Euro dürfte das Projekt den Freistaat Bayern also mindestens kosten, rund 1,4 Milliarden Euro mehr als ursprünglich geplant. "Dieses Mega-Projekt ist ein finanzieller Kraftakt", räumt Bayerns Bauminister Christian Bernreiter (CSU) ein: "Wir werden ihn jedoch stemmen, nicht auf einmal, aber auf ein Jahrzehnt gestreckt." Doch auch das sind noch immer mindestens 300 Millionen Euro im Jahr. Trotzdem, so beteuerte Bernreiter im Landtag, müssten "andere Verkehrsprojekte deswegen nicht zurückstehen". Dies gelte "insbesondere für den ländlichen Raum".

"Dieses Mega-Projekt ist ein finanzieller Kraftakt."
Bayerns Bauminister Christian Bernreiter (CSU)

Die Regierungsfraktionen von CSU und Freien Wählern im Landtag sind sich offenbar nicht ganz so sicher, dass beim öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) in anderen Teilen Bayerns nicht doch noch der Rotstift angesetzt wird: In einem Dringlichkeitsantrag, der in der vergangenen Woche verabschiedet wurde, verlangen sie deshalb von der eigenen Regierung, "die sich abzeichnenden Mehrkosten" für die Münchner S-Bahn-Röhre nicht durch Einsparungen bei anderen ÖPNV-Projekten in Bayern zu finanzieren.

Alles Geld nach München pumpen "und das restliche Bayern soll dafür blechen"?

Wie aber soll es gelingen, überall in Bayern den Nahverkehr auszubauen, wenn das Münchner Projekt immer größere Milliarden-Summen verschlingt? "Wollen Sie die nächsten 20 Jahre lang alles Geld für die Schiene nach München pumpen, um zwei Gleise zwischen Ostbahnhof und Pasing zu verlegen, und das restliche Bayern soll dafür blechen?", fragte der Grünen-Landtagsabgeordnete Markus Büchler in einer hitzigen Landtags-Debatte in Richtung der Söder-Regierung.

Woher das Geld kommen solle etwa für Streckenaktivierungen im ländlichen Raum wie bei der Steigerwaldbahn, für eine mögliche S-Bahn in Würzburg oder für zusätzliche Regionalzüge, die der Schienennahverkehr dringend brauche, bleibe allen Beteuerungen zum Trotz völlig offen, kritisierte Büchler – und verlangte von Minister Bernreiter einen tragfähigen Finanzierungsplan.

Ein solches Konzept gibt es bislang jedoch nicht – genauso wenig wie eine schlüssige Erklärung, wie die Kosten für die Münchner S-Bahn-Röhre in nur fünf Jahren so aus dem Ruder laufen konnten. Die CSU im Landtag und Söders Staatskanzlei versuchen zwar hartnäckig, den schwarzen Peter an die Bahn weiterzureichen: Die habe bis zum heutigen Tag keine verlässlichen Zahlen und Fakten geliefert. Daran könne man derzeit leider nichts ändern, klagte Bernreiter im Landtag: "Da sind wir momentan nur Bittsteller."

Söders Staatskanzlei wusste schon Ende 2020 von den explodierenden Kosten

Doch so ahnungslos, wie sie sich gerne darstellen möchte, war die Staatsregierung offensichtlich nicht: Anfang der Woche berichtete die "Augsburger Allgemeine" über einen Brandbrief aus dem Dezember 2020, in dem das eigene Bauministerium Söders Staatskanzlei bereits eindringlich auf "großen Risiken" und explodierende Kosten für das Bau-Projekt hinwies. "Ein aktives zeitnahes Handeln der Staatsregierung ist entscheidend", warnten die Bau-Beamten die Regierungszentrale damals schon und empfahlen "dringend ein sehr zeitnahes Spitzengespräch auf Einladung des Herrn Ministerpräsidenten".

"Gegen Söders Desaster mit der zweiten Stammstrecke verblasst sogar der Berliner Flughafen."
SPD-Fraktionschef Florian von Brunn im Landtag

Warum danach aber rund eineinhalb Jahre nichts passiert ist, kann sich die Opposition im Landtag nur mit Söders Kanzlerambitionen 2021 erklären: Seine Karriere sei dem CSU-Chef offenbar wichtiger gewesen, als die Probleme mit dem größten bayerischen Bauprojekt öffentlich zu machen und in den Griff zu kriegen, kritisiert etwa SPD-Chef Florian von Brunn: "Herr Söder hätte Verantwortung übernehmen müssen." Stattdessen habe der Regierungschef sich "weggeduckt und unangenehme Wahrheiten einfach verschwiegen".

Statt im Landtag über das Thema zu debattieren besucht Söder eine Grundschule

Das Ergebnis sei verheerend, schimpft von Brunn: "Gegen Söders Desaster mit der zweiten Stammstrecke verblasst sogar der Berliner Flughafen." Mehrere Abgeordnete der Opposition drohen im Landtag deshalb bereits mit einem Untersuchungsausschuss.

Kommende Woche nun soll es auf Einladung von Markus Söder einen ersten "Krisengipfel" zum S-Bahn-Ausbau in München geben. An der Landtagsdebatte zum Thema am vergangenen Donnerstag nahm der Ministerpräsident dagegen nicht persönlich teil. Er besuchte stattdessen eine Grundschule in der Nähe von Ingolstadt.

 
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Kommentare
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  • DieWahrheit
    berichtigt sie:

    Die Oberbürgermeister von München waren:

    Reiter SPD seit 2014
    Ude SPD von 1993 bis 2014
    Kronawitter SPD von 1984 bis 1993

    Aktuell sind
    2. Bürgermeister Habenschaden GRÜNE und
    3. Bürgermeister Dietl SPD

    Und sie erzählen etwas von der C-Parteien?

    Welch Wunder, dass Herr Stern auch einmal die SPD und die GRÜNEN kritisieren kann!
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  • MarKa
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
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  • MarKa
    Die personelle Besetzung des OB Postens in München ist in diesem Zusammenhang weitgehend irrelevant.
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  • e.max.s@t-online.de
    Und,
    bleibt jetzt noch Geld für den ÖPNV in Unterfranken übrig?
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  • tagesspiegel
    Größenwahn..und niemand wird für die Schäden des Steuerzahlers in Milliardenhöhe zur Rechschaft gezogen. So ist es bei den bayuwarischen Amigos schon immer gewesen.
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  • MarKa
    Wenn man sieht, wieviel Geld für den Straßenbau zur Verfügung steht, um z. B. abartig dimensionierte Autobahnkreuze im Nürnbegrer Raum entgegen jeglicher Vernunft und Verkehrswendebestrebungen zu bauen, ist Geld für Infrastruktur offensichtlich kein Problem. Es ist eine Schande, dass hier ein Region gegen eine andere in Sachen ÖPNV Investitionen ausgespielt werden muss, dabei wäre das überhaupt nicht nötig, wenn man denn eine sinnvolle nachhaltige Verkehrspolitik mit entsprechenden Gewichtungen machen würde.
    Das zeigt sich übrigens auch im Inntal mit der dortigen Blockabfertigung auf österreichischer Seite. Auch von deutscher Verkehrspolitik und Angehörigen der C-Parteien verbockt.
    Es könnte so schön sein, wenn denn nur vernunftorientiert gewählt werden würde....
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  • Wenn ich das lese bekomme ich Tränen in die Augen.

    Nicht, weil ich den Ausbau des ÖPNV in München für überflüssig hielte, sondern weil es eine alternative Möglichkeit zu dem Untergrund-Gewaltmarsch gegeben hätte.

    Und daß man von den im Raum stehenden Mehrkosten alle, aber auch wirklich alle sinnvollen Maßnahmen für den (kommenden) Verkehrsverbund im gesamten mainfränkischen Raum hätte dreimal locker finanzieren können.

    Alle Straba-Linien in Würzburg (Hubland, Versbach/Lengfeld, Höchberg), die Regio-S-Bahn Mainfranken, Streckenreaktivierungen (Mainschleifen-, Steigerwaldbahn), bessere Ausstattung der Busbetriebe "in der Fläche" sowie Erweiterungen des Angebotes (Rufbusse, Ruftaxen im ÖPNV-Angebot). Und das - ganz selbstverständlich und natürlich! - auch für die Mittelzentren ...

    Alles das, was auch IHK und HWK zuletzt erneut (MP, 19.7., S. 27, "Tempo bei der Verkehrswende") gefordert haben. Allerdings ohne zu beichten, daß die Pläne ja seit 25 Jahren in der Schublade schlummern.
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