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Würzburg
Logopäde wollte Lockvogel im Kinderporno-Milieu spielen
Der Würzburger Missbrauchs-Fall war Grundlage für internationale Fahndungserfolge der Internet-Ermittler aus Bamberg gegen 44 Täter in fünf Ländern.
Weit verzweigte Kontakte in die Kinderporno-Szene muss ein Würzburger Logopäde gehabt haben. Sein Fall war der Schlüssel zum Erfolg Bamberger Internet-Fahnder über Landesgrenzen hinweg. Die Zentralstelle Cybercrime fand 44 Täter in 13 Ländern.
Foto: Patrick Pleu, dpa | Weit verzweigte Kontakte in die Kinderporno-Szene muss ein Würzburger Logopäde gehabt haben. Sein Fall war der Schlüssel zum Erfolg Bamberger Internet-Fahnder über Landesgrenzen hinweg.
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 11.02.2024 03:52 Uhr

Der Würzburger Logopäde hat nach seiner Festnahme nicht nur eigene Taten gestanden und Beweise geliefert. Um seine Lage zu verbessern, hat er sich auch bereit erklärt, als Lockvogel der Polizei gegen andere Pädophile tätig zu werden, mit denen er Bilder vom Missbrauch der Kinder tauschte. Dies bestätigte eine federführende Ermittlerin im Prozess vor dem Landgericht Würzburg.

In der konspirativ tätigen Szene im Darknet verkehren Gleichgesinnte nur mit Tarnnamen und verschlüsselten Computerprogrammen, die nur schwer auf sie zurückführen. Der Logopäde nannte sich im Darknet "Janniklas", um in Foren der Pädophilen - die zynische Namen wie "The Love Zone" oder "Babyheart" tragen - kinderpornografische Bilder zu tauschen. Die Polizei kommt nur schwer in diesen abgeschotteten Bereich. Deshalb nutzt sie immer wieder erwischte Täter wie ein trojanisches Pferd, um in das abgeschottete Milieu einzudringen.

Lockvogel in einer abgeschotteten Szene

Der Logopäde "war bereit, den Lockvogel für Chatpartner zu spielen", sagte eine Polizistin vor Gericht. Doch er fand angeblich keinen Kontakt zu anderen Tätern, Misstrauen und Angst vor einer Entdeckung sind groß in der Szene.

Doch die Ermittler hatten ein halbes Dutzend voller Festplatten mit Fotos und anderen Informationen des Würzburgers beschlagnahmt. Ihren Technikern gelang es, das Passwort zu knacken. Dadurch wurde der Würzburger Fall für die Internet-Fahnder der für Nordbayern zuständigen Generalstaatsanwalt Bamberg ein weit größerer Erfolg als bisher bekannt war.

Von dem Logopäden (links), der gerade in Würzburg vor Gericht steht, führte die Spur zu Tätern mit ähnlichen Neigungen in fünf Ländern
Foto: Thomas Obermeier | Von dem Logopäden (links), der gerade in Würzburg vor Gericht steht, führte die Spur zu Tätern mit ähnlichen Neigungen in fünf Ländern

Auf Anfrage machte Oberstaatsanwalt Thomas Goger das in einer aktuellen Bilanz deutlich: „Es konnten bisher 44 Personen namentlich als Tatverdächtige ermittelt werden“, sagt er. Hiervon waren 17 im Ausland, die an Staatsanwaltschaften in der Schweiz, Österreich, Frankreich, Belgien und Italien abgegeben wurden. Ein Verfahren wird weiter bei der Zentralstelle Cybercrime Bayern geführt. Die übrigen Verfahren wurden an die Staatsanwaltschaften anderer Bundesländer abgegeben.

13 Ermittlungen laufen noch

Zudem wurden 20 Ermittlungsverfahren gegen 20 User geführt, bei denen noch keine konkrete Identifizierung erfolgen konnte. „Die entsprechenden Ermittlungsansätze wurden jedoch an die jeweils zuständigen ausländischen Behörden weitergegeben“, sagt der Pressesprecher der Behörde. Hierbei handelt es sich um Länder in Amerika, Afrika, Asien und Europa. In 13 Fällen laufen noch konkrete Ermittlungen gegen bisher namentlich unbekannte Täter.

Vor Gericht hieß es, der Hinweis auf den Logopäden sei fünf Tage vor der Razzia vom 20. März vom Bundeskriminalamt (BKA) gekommen. Dort habe man trotz Tarn-Maßnahmen die Internetadresse des Mannes herausgefunden, der mit anderen Pädophilen Bilder tauschte. Bei der Festnahme wurde der Logopäde erwischt, als er gerade wieder per PC in Kontakt mit einem Gleichgesinnten war.

Die Zahl der Delikte steigt rasant

Die Zahl der Delikte wie Verbreitung, Erwerb, Besitz oder Herstellung von kinderpornographischen Schriften steigt rasant. Laut BKA gab es 2019 in diesem Bereich rund 12 300 Verstöße, im Vorjahr waren es noch 7450 Fälle, ein Anstieg von fast 65 Prozent. Insgesamt konnten rund 12 000 Tatverdächtige ermittelt werden - davon fast 10 000 deutsche Staatsbürger.

Viele Hinweise ans BKA kommen aus den USA. Die US-amerikanischen Nicht-Regierungsorganisation National Centre for Missing and Exploited Children (NCMEC) meldet in Zusammenarbeit mit großen Internetanbietern und sozialen Netzwerken wie Google, Facebook oder Microsoft nahezu täglich kinderpornografische Dateien, die über Computer in Deutschland hochgeladen oder verschickt werden.

Alleine 2019 soll das BKA über das NCMEC-Meldesystem rund 60 000 Hinweise bekommen haben, im Jahr 2017 waren es noch rund 35 000 Hinweise. Im BKA werden die Meldungen gesichtet und dann - wie in dem Würzburger Fall - an Polizei und Staatsanwaltschaft in den Bundesländern weitergeleitet.

 
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