Die Bauarbeiten am neuen Lidl-Markt in der Versbacher Straße sind fast abgeschlossen, am 7. Dezember soll Eröffnung sein. Eine Metzgerei wird es dort allerdings nicht geben. Und das, obwohl deren Einrichtung Voraussetzung für die Erteilung der Bauerlaubnis war. 1450 Quadratmeter Grundfläche hat der neue Verbraucher-Markt, 1000 Quadratmeter davon sind Lidl-Verkaufsfläche, 130 Quadratmeter wurden an einen Großbäcker untervermietet. Der Rest sind Lager-, Technik-, Personal- und Schulungsräume.
Stadträte wissen beim Baustellenrundgang von nichts
„Obwohl wir uns sehr bemüht haben, konnten wir keinen Metzger finden“, sagte Lidl-Immobilienleiter Hendrik Schellscheidt bei einer Besichtigung der Baustelle. Für die vier anwesenden Stadträte kam das überraschend. „Wussten wir das?“, fragte Josef Hofmann (FWG) seine drei Kolleginnen und Kollegen. Judith Jörg, Helga Hoepfner und Wolfgang Roth, alle von der CSU, schüttelten die Köpfe. Sie konnten es nicht wissen. Nach Recherchen der Redaktion ist die Entscheidung im Rathaus gefallen – und zwar ohne Beteiligung des Bauausschusses.
Ein Mitarbeiter der Bauverwaltung hat Lidl schriftlich zugesagt, dass der Markt auch ohne Metzgerei betrieben werden kann. Grund dafür ist nach Angaben von Pressesprecher Christian Weiß „dass Lidl auch nach langer Suche keinen Metzger“ gefunden habe. Auch reiche „der vorhandene Platz laut Amt für Verbraucherschutz nicht für jeweils einen Bäcker- und Metzgerladen aus“.
Verkaufsfläche wird erweitert
Es ist nicht neu, dass Discounter ihre Bauanträge dadurch „aufhübschen“, dass sie die Einrichtung von Metzgereien und Bäckereien versprechen – und dann Änderungsanträge stellen, weil sie angeblich keine Interessenten finden, hieß es im September 2016 im Bauausschuss. Das war auch bei Lidl der Fall: Bereits im Sommer 2016 behauptete der Discounter, keine Untermieter auftreiben zu können und beantragte, die eigene Verkaufsfläche um jene Quadratmeter zu vergrößern, die für Bäcker und Metzger vorgesehen waren.
Kämmerer Robert Scheller warnte damals, der Discounter könne nicht bauen, wenn die Stadträte damit nicht einverstanden seien. Aber die Mitglieder des Bauausschusses wollten sich von Lidl „nicht erpressen lassen“ und lehnten, wie berichtet, den Antrag des Discounters einstimmig ab. Jetzt wurden sie gar nicht mehr gefragt – und Lidl kann, weil es in Versbach und in der Lindleinsmühle keine Metzgerei mehr gibt, konkurrenzlos abgepackte Fleisch- und Wurstwaren verkaufen.
Brötchen von Lidl und vom Bäcker
Nicht konkurrenzlos ist der Großbäcker im Discounter-Neubau. Dort gibt es nämlich auch noch einen Lidl-eigenen Backshop. Backautomaten werden aufgestellt, Brot, Brötchen und süße Teilchen werden zu Niedrigstpreisen verkauft. Schellscheidt sieht das Lidl-Angebot als „Ergänzung“ zum Angebot des Großbäckers. Zu erreichen ist der neue Lidl-Markt mit seinen 84 Parkplätzen nur über die viel befahrene, vierspurige Versbacher Straße. Und zwar aus beiden Richtungen. Abbiegespuren sind nicht geplant. Dass ein Radweg direkt durch die Zufahrt zu dem Supermarkt führt, beunruhigt Lidl nicht.
„Wir werden entsprechende Hinweisschilder aufstellen“, verspricht Schellscheidt. Während der ersten drei Geschäftstage, also am 7., 8. und 9. Dezember, werde auf der Versbacher Straße im Bereich des Markts Tempo 30 gelten. Ob danach „eventuell eine Ampelanlage nötig“ sei, werde „sich zeigen“. Man befinde sich „in regem Austausch“ mit der Stadtverwaltung.
Neue Mitarbeiter eingestellt
Der neue, große Markt in der Versbacher Straße wird den kleinen im Steinlein ersetzen. Laut Schellscheidt werden alle Mitarbeiter übernommen, zusätzliche seien eingestellt worden. „Wir werden mit 20 Vollzeit- und Teilzeitkräften arbeiten.“ Gerüchte, dass im Steinlein ein Drogeriemarkt einziehen möchte, wollte der Immobilienleiter weder bestätigen, noch dementieren: „Ich beteilige mich nicht an Spekulationen“. Lidl hatte das Gelände in der Versbacher Straße 2010 von der Stadtbau, einer 100-prozentigen Tochter der Stadt, gekauft – und lange brach liegen lassen.
2013 kaufte die Bader Wohnbau GmbH den oberen Teil des Areals von Lidl, um dort für Studenten und Mitarbeiter der Universität Wohnungen zu errichten. Nach langem Hick-Hack um eine vertraglich von Lidl zugesagte Stützmauer hat der Discounter schließlich eine sowohl 8,20 Meter in die Höhe als auch 8,20 Meter in die Erde reichende Wand errichtet. Inzwischen hat auch Bader mit dem Bau begonnen.