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Würzburg
Lichtverschmutzung in Würzburg: So will die Stadtbau erreichen, dass die Laternen nicht ins Schlafzimmer strahlen
Laternen, die in Baumkronen und Wohnräume leuchten, tragen zur Lichtverschmutzung bei. Die Würzburger Stadtbau will daran jetzt etwas ändern. Worum es konkret geht.
Viel Licht geben die Laternen in Würzburg ab – auch dorthin, wo es keiner haben will. 
Foto: Heiko Becker | Viel Licht geben die Laternen in Würzburg ab – auch dorthin, wo es keiner haben will. 
Patrick Wötzel
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:08 Uhr

Zu viel künstliches Licht zur falschen Zeit am falschen Ort – so lässt sich der Begriff "Lichtverschmutzung" in einem Satz zusammenfassen. Die Stadtbau GmbH, größter Vermieter in Würzburg mit mehr als 5000 Wohnungen, stellt sich dem Problem im Rahmen ihrer Nachhaltigkeitsstrategie: Die Beleuchtung in den Wohnquartieren der städtischen Tochtergesellschaft sollen in den kommenden Jahren so insektenfreundlich und nachhaltig wie möglich gestaltet werden.

Ende Dezember hatte diese Redaktion berichtet, dass die Umstellung der gesamten Würzburger Straßenbeleuchtung auf kostengünstige LED-Technologie abgeschlossen werden konnte. Dadurch sollen mehr als sechs Millionen Kilowattstunden Strom und damit etwa zwei Millionen Euro Kosten pro Jahr eingespart werden. Für Hans Sartoris fehlt bei dem Projekt allerdings der Gedanke an die Reduzierung von Lichtverschmutzung: "Kostengünstig in alle Richtungen LED-Licht abzustrahlen ist nicht mehr zeitgemäß", kommentierte der scheidende Stadtbau-Geschäftsführer unter der Online-Version des Artikels.

Grund genug bei der Stadtbau nachzufragen, ob dort das Thema inzwischen auf der Agenda steht. Das tut es: "Vermeidung von Lichtverschmutzung" steht bereits im Geschäftsbericht 2022 des Unternehmens als Teil eines Zehn-Punkte-Plans zur Erreichung der städtischen Klimaziele. "Wir fangen nach und nach damit an, uns um Natur- und Umweltfragen zu kümmern, wobei es dabei hauptsächlich um den Schutz von Insekten und Kleintieren geht", sagt Sartoris.

Stadtbau will in kommenden Jahren eine halbe Million Euro investieren

Neben der Begrünung von rund 350.000 Quadratmetern Freifläche ist ein neues Stadtbau-Projekt zur Beseitigung von Lichtverschmutzung ein wichtiger Baustein für ein "zunehmend umweltfreundliches und gesundes Umfeld für Mensch, Tier und Pflanzenwelt". Das hat die Lichtplanerin Diana Meyer, die die Stadtbau beim Thema Lichtverschmutzung berät, dem Unternehmen bescheinigt.

Das Thema ist einigermaßen komplex: Zum einen muss die Verkehrssicherheit, also die ausreichende Beleuchtung von Wegen, Hausfluren, Treppenhäusern und Tiefgaragen weiterhin sichergestellt werden. Zum anderen soll das Licht möglichst nicht mehr in Sträuchern, Baumkronen oder Schlafzimmerfenstern ankommen, sondern nur noch dort, wo es auch wirklich gebraucht wird. Es mache wenig Sinn, Häuserwände anzustrahlen oder den Nachthimmel zu beleuchten, betont Stadtbau-Projektleiter Albert Stauder: "Wir brauchen das Licht auf dem Boden."

Alleine wegen des geringeren Stromverbrauchs und der deutlich längeren Betriebsdauer ist die Umstellung auf LED-Lampen inzwischen Standard. Jetzt geht es zusätzlich um die Helligkeit, eine insektenfreundliche warmweiße Lichtfarbe von maximal 2800 Kelvin und vor allem um die Richtung, in die das Licht gelenkt wird: "Es lässt sich nicht an jeder Stelle umsetzen. Aber es ist wichtig, die Leute für das Thema zu sensibilisieren, damit es schon bei der Planung mitgedacht wird", sagt Hans Sartoris. Er geht davon aus, dass die Stadtbau in die umweltfreundliche und zeitgemäße Beleuchtung ihrer Quartiere in den kommenden 15 Jahren eine runde halbe Million Euro investieren wird.

Hersteller können noch gar nicht alle Wünsche erfüllen

Bisher gab es für die Architekten einen Standardkatalog für Lampen der Stadtbau. "Den habe ich selbst festgelegt, aber die Leuchten darin sind teilweise katastrophal, sie leuchten einfach ins Nirgendwo", hat Albert Stauder festgestellt. Auch bei den zuletzt fertig gestellten Neubauprojekten wie in der Zellerauer Michelstraße sei das Thema Lichtverschmutzung noch nicht mitgedacht worden.

Seit dem Start des Projekts im Herbst 2022 hat sich die Stadtbau sämtliche Quartiere genau angeschaut und auch erste Veränderungen vorgenommen. Dabei können die Hersteller noch gar nicht alle Wünsche erfüllen: "Wir waren zum Beispiel auf der Suche nach Wandleuchten mit Bewegungsmelder, die nur nach unten strahlen. Die gibt es im Moment aber nur bei einer italienischen Firma", berichtet Stauder.

An einigen Stellen wurden erste Maßnahmen bereits umgesetzt, zum Beispiel durch Dimmung der Helligkeit in den späteren Nachtstunden und zusätzliche Bewegungsmelder. In einem der Stadtbau-Wohnquartiere kann der Hausmeister die Beleuchtung inzwischen mit einer App vom Smartphone aus steuern und so dafür sorgen, dass es nicht heller ist als nötig. Dabei gab es eine für Albert Stauder erstaunliche Erkenntnis: "Wir konnten die Lichtstärke teilweise von hundert auf ein Prozent reduzieren, und es ist immer noch hell genug. Das konnten wir uns vorher nicht vorstellen."

 
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  • Jo Schmitt
    > In einem der Stadtbau-Wohnquartiere kann der Hausmeister die Beleuchtung inzwischen mit einer App vom Smartphone aus steuern und so dafür sorgen, dass es nicht heller ist als nötig. Dabei gab es eine für Albert Stauder erstaunliche Erkenntnis: "Wir konnten die Lichtstärke teilweise von hundert auf ein Prozent reduzieren, und es ist immer noch hell genug. Das konnten wir uns vorher nicht vorstellen."

    Die Erkenntnis ist sehr erfreulich.

    Nicht nur die Wahrnehmung über Helligkeit ist (aus technisch er Sicht) "täuschend".
    Das liegt daran, daß es sich um nichtlineare Vorgänge handelt. Wir können einen recht großen Umfang bezüglich Lichtintensität, Lautstärke, Berührung und auch (unterschwellig) Geruch wahrnehmen.

    Wer sich für Selbsterkenntnis interessiert dem kann ich einen Besuch des "Turm der Sinne" in Nürnberg ans Herz legen. Am besten mit Freunden, damit man richtig Spaß beim Staunen hat.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Turm_der_Sinne
    bzw. https://www.turmdersinne.de/
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  • Uli Hämmerling
    Na also, geht doch! Die Diskussion ist in vollem Gange
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  • Manfred Englert
    Mann o Mann, ich bin froh, daß das Licht nachts leuchtet!!

    Es gibt doch nur noch rum Gemeckere hier bei uns. Freut euch doch über das was wir haben und macht nicht alles madig, was unsere Ur- und Großeltern als Super empfinden würden!

    Wie heißt es so schön im Volksmund: "Wenn es dem Esel zu wohl geht, geht er aufs Eis"!

    Und das nicht nur in Sachen Nachbeleuchtung..
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  • Manfred Ulsamer
    Unsere Ur- und Großeltern haben noch nicht die Umwelt mit so vielen Lampen hell erleuchtet!!
    Es geht hier um den Schutz von Insekten und andere Tieren. Nur ein paar Blühwiesen in den Städten ausweisen ist zu wenig. Vor allem wenn dann die Insekten an den Lampen verglühen.
    Ich verweise hier auf den Artikel "Heller Wahnsinn - Die Nacht verschwindet und mit ihr zahlreiche Arten" in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 7. Juli 2019.
    Wenn man den Artikel liest oder sich anderswo informiert fragt man sich, wieso viele Städte immer noch die falschen Lichtfarben und zu helle Lampen verwenden.
    Fulde und der Sternenpark Rhön zeigen was getan werden kann.
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  • Lars Hoffmann
    Zwei Dinge von mir zu den ( ernst zu nehmenden ) Kommentaren :

    - Die Sensiblisierung und Verbreiterung der Sachkenntnis ( seriöse Informationsquellen finden sich genug ) sind bei diesem Thema wichtig , das scheint der Mainpost im ersten Anlauf gelungen zu sein - wir berichten deshalb weiter über die Fortschritte der Stadtbau auf unseren Grundstücken und geben Erkenntnisse gerne weiter

    - Auf gesamtstädtischer Ebene gab es tatsächlich eine erste Befassung des Stadtrates und eine Annäherung an das Thema - ein echtes Umsetzungskonzept unter Berücksichtigung aller Facetten ( Energieeinsparung ,Gesundheit und Mensch , Natur und Tierwelt , Kosten und Amortisierung sowie Verkehrssicherheit ) kenne ich hier noch nicht .

    Hans Sartoris
    Geschäftsführer
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  • Jo Schmitt
    Leider verstößt der Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
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  • Jo Schmitt
    @Hans Sartoris
    > ein echtes Umsetzungskonzept unter Berücksichtigung aller Facetten ([...]) kenne ich hier noch nicht.

    Sehr geehrter Herr Sartoris,

    ich erlaube mir hiermit Ihnen wärmstens Kontakt zu den "Machern" des Sternenparks Rhön aufzunehmen. Sie sind auch Teil der Initiative "Dark Sky".

    Das Infomaterial hatte ich bereits verlinkt:
    https://www.biosphaerenreservat-rhoen.de/natur/sternenpark-rhoen

    und hier besonders die Planungshilfen ...
    https://www.biosphaerenreservat-rhoen.de/sternenpark-rhoen/planungshilfen

    ... sowie zur Stadt Fulda, die im Umsetzungkonzept zur "Sternenstadt" ja auch Immobilienbesitzer, Geschäftleute usw. mit einbezogen hat und auch Hilfestellung leistet.

    Grüße
    Jo Schmitt
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  • Thomas Müller
    Nunja, Lichtverschmutzung also. Man könnte spezielle Filter einbauen, „grünen“ Strom verwenden und den CO2 Preis massiv erhöhen! So könnte man dem Problem habhaft werden ….. 😉😉
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  • Jo Schmitt
    Na sowas!

    Das Thema wurde schon beim Ersatz der (alten) Straßenbeleuchtung durch LED-Technologie im Würzburger Stadtrat durchgekaut. Und ein (ergänzender) Vorschlag zur Prüfung (Stadtratsantrag) bezüglich der Straßenbelöeuchtung vom Tisch gewischt. (Unterlagen finde ich gerade nicht im AllRIS).

    Vorbilder gibt es übrigens in greifbarer Nähe (neben u.a. Ochsenfurt) ...

    https://www.sternenstadt-fulda.de/
    https://www.energie.de/netzpraxis/news-detailansicht/nsctrl/detail/News/grundzuege-des-beleuchtungskonzepts-der-sternenstadt-fulda/np/2

    Zu Sachstand in WÜ verweise ich auf die Stadrratunterlagen:
    https://www.wuerzburg.sitzung-online.de/BI/to020.asp?TOLFDNR=37918
    Hier ist auch die Präsentation abrufbar (Am Ende).

    Mehr wäre möglich gewesen. Gemeinden in der Rhön haben es vorgemacht. Zu (technischen) Details der Umsetzung siehe:
    https://www.biosphaerenreservat-rhoen.de/natur/sternenpark-rhoen

    Zur Homepage des Sternenparks Rhön: https://www.sternenparkrhoen.de/
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  • Klaus B. Fiederling
    "Lichtverschmutzung" bitte durch was? Also, wenn ich schlafen gehe mache ich meine Rolos dicht, dann ist bei mir im Zimmer black-night angesagt. Wo stehen bitte Dorf/Stadtlaternen an Bäumen? die meisten sind doch am Straßenrand gebaut und leuchten auf die Straße. Klar, man könnte, was bei uns gemacht wird, die Laternen dunkler schalten ab 24.00 Uhr, das passiert auch in vielen anderen Gemeinden. Wenn das Licht aber ganz abgeschaltet würde, gäbe es schon die ersten "Schreihälse" man sieht nichts mehr, die Unfallgefahr wird dadurch erhöht. Es gibt wichtigere Probleme, die behandelt werden müssten.
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  • Heribert Mennig
    @Herrn Fiederling: " Wenn das Licht aber ganz abgeschaltet würde, gäbe es schon die ersten "Schreihälse"...". Nirgendwo im Artikel steht etwas davon, dass man das Licht ganz abschalten will.
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  • Klaus B. Fiederling
    habe ja nicht gesagt, dass es drinnen steht, war von mir eine meinung, also bitte nicht so hahnebüchelt
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  • Jutta Nöther
    Werter Herr Fiederling, die "Schreihälse,", wie Sie sie so nett bezeichnen, sind oft Menschen mit visueller Einschränkung.
    Seien Sie froh, dass Sie offenbar nicht davon betroffen sind.
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  • Uli Hämmerling
    Daß das Thema Lichtverschmutzung endlich eine öffentliche Plattform bekommt ist wirklich ein großer Fortschritt in Würzburg. Gut gemacht Stadtbau, daß hier gleich "Nägel mit Köpfen" gemacht werden.
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  • Jo Schmitt
    @Uli Hämmerling
    >Thema Lichtverschmutzung

    Wurde bereits im Stadtrat vorgetragen, aber - ein Stück weit -zurückgewiesen.

    Empfehlenswerte Doku:

    alpha-doku: "Die dunkle Seite des Lichts" | ARD Mediathek

    https://www.ardmediathek.de/video/alpha-doku/die-dunkle-seite-des-lichts/ard-alpha/Y3JpZDovL2JyLmRlL3ZpZGVvL2E2NDZiYzQyLWU2OGMtNGRlZC1hODIwLTVhYWIxYTdjNGE0Ng
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