Immer konkreter zeichnet sich die Realisierung eines weiteren Frauenhauses für die Region Würzburg ab, das im Landkreis entstehen könnte. Dabei handelt es sich um ein so genanntes "sichtbares" Frauenhaus, das in seiner Art einzigartig für Unterfranken wäre.
Die konzeptionelle und bauliche Entwicklung hierzu ist vorangeschritten, seit der Kreisausschuss im Juli 2020 das Projekt in Angriff nahm. Hauptsächlich ging es jetzt im Sozialausschuss des Würzburger Kreistags um die Frage, wie sich baulich und organisatorisch ein Sicherheitskonzept für ein sichtbares Frauenhaus umsetzen lässt.
Da ein sichtbares Frauenhaus im Landkreis anders als die anonymen Frauenhäuser in Würzburg auch öffentlich wahrgenommen würden, sei es konsequent jetzt darüber auch öffentlich zu diskutieren, betonte Landrat Thomas Eberth (CSU) in der Sitzung. "Deshalb möchten wir so breit wie möglich informieren, bevor im nächsten Entwicklungsschritt der Kreistag eine Grundsatzentscheidung trifft", erklärte Eberth. Hülya Düber, Sozialreferentin der Stadt Würzburg, hält das Vorhaben für alle Beteiligten, nämlich die Stadt und den Landkreis Würzburg sowie die Landkreise Kitzingen und Main-Spessart für "spannend und diskussionswürdig". Dass Landrat Eberth schon bis Juli dieses Jahres Klarheit erwartet, ist unter anderem bedingt durch die zeitlichen Vorgaben eines Förderprogramms. Dieses stellt eine Bezuschussung für einen Neubau von bis zu neunzig Prozent in Aussicht.
Stärkere Integration der Frauen in die Gemeinde
Nach Eberths Ausführungen basiert das "sichtbare" Frauenhaus konzeptionell auf den fachlichen und strukturellen Grundlagen der anonymen Frauenhäuser. Jedoch erweitert es das bisherige Angebot um den Baustein "der passgenauen Beratung und Begleitung", der eine stärkere Integration der Frauen und Kinder mit dem Thema Gewalt in eine Gemeinde ermögliche. Gleichzeitig bedeute die Form des "sichtbaren" Frauenhauses potenziell für einzelne Frauen auch eine Möglichkeit, frühzeitiger die Gewaltsituation zu verlassen und sich und die Kinder vor weiteren Folgen zu schützen.
Weiter nahm im Sozialausschuss auch das Polizeipräsidium Unterfranken Stellung zur Gefährdungsbewertung. Eine solche sei allerdings mangels fehlender Erfahrungen zu dem Konzept entsprechend schwierig, sagte Johannes Streib . "Eine Sichtbarkeit wäre neu für uns." Gleichwohl zeige sich das Polizeipräsidium in seiner Gefährdungsbewertung und Gefährdungsprognose offen für das Projekt.
Einen zweifellos gegebenen Bedarf durch konstant hohe Belegungszahlen in den beiden Würzburger Frauenhäusern, deren Träger die Arbeiterwohlfahrt (AWO) und der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) sind, sieht die Leiterin des SkF-Frauenhauses Würzburg, Franziska Boes. Oft stünde der Gewalterfahrung der Frauen, die sie und ihre Kinder zu einem Aufenthalt in einem Frauenhaus brächten, eine vom Vater gerichtlich festgestellte Umgangsregelung entgegen. Insofern sei die Anonymität für die Betroffenen selten gegeben. Das sei der Grund, warum Frauen und ihre Kinder oft keine Geheimnisträger blieben, berichtete Boes. Dennoch wäre ein derartiges Projekt bisher einzigartig in Unterfranken, sagt sie.
Ehemaliger Kreis-Bauhof im Gespräch
Ähnliche Referenzprojekte gibt es laut Boes bisher in Bayern nur in Fürth und Germering, weiter in Espelkamp (Nordrhein-Westfalen) und Hartengrube (Lübeck). Als wesentliche Vorteile eines "sichtbaren" Frauenhauses nannte sie "die Chance des nachbarschaftlichen Miteinanders und aufeinander Achtgebens auf Basis konzeptioneller und baulicher Vorgaben". Ein anonymes Frauenhaus auf dem Land würde indes nicht funktionieren. Dazu hatte es Überlegungen im Vorfeld gegeben und auch viele Bedenken. Denn: "Ein Sicherheitsrisiko für die Frauen besteht weniger in den sichtbaren Plätzen, als vielmehr an deren Mangel", fasste Boes die bisherige Konzeptentwicklung zusammen.
Ein möglicher Standort des neuen Frauenhauses könnte der ehemalige Kreis-Bauhof in Giebelstadt sein. Das etwa 3000 Quadratmeter große Grundstück befindet sich im Besitz des Landkreises. Der Marktgemeinderat habe sich bereits in nicht öffentlicher Sitzung mit einer möglichen Nutzungsänderung beschäftigt, so Eberth. Die betreffende Fläche mit umgebender privater Wohnbebauung ermögliche demnach den Bau dreier Wohngebäude.
Sicherheitsplan pro Frau
Für das Raumkonzept eines als "sichtbaren" Frauenhauses genutzten dreistöckigen Hauptgebäudes empfiehlt der SkF neben einem generellen Sicherheitskonzept einen individuellen Sicherheitsplan je Frau. Im Erdgeschoss könnte ein öffentlich zugänglicher Bereich mit Beratungsraum und Besuchszimmer integriert werden. In den zugangsgeschützten beiden Obergeschossen könnten einzelne Appartements entstehen, die Platz bieten für mindestens sechs bis maximal acht Frauen plus ihrer Kinder.
Im baulichen Konzept wurde berücksichtigt, dass das Frauenhaus auch für Mütter mit größeren Kindern geeignet sein soll, so dass im Obergeschoss sowohl ein Kleinkinderbereich als auch ein Jugendbereich zur Verfügung stehen sollten. Neben dem Hauptgebäude könnten nach einem ersten Entwurf auf dem Gelände auch zwei weitere Wohnhäuser entstehen. Deren Nutzung in Richtung "sozialer Wohnungsbau" sollte in Abstimmung mit der Gemeinde erfolgen, meint Landrat Eberth. Für die stellvertretende Landrätin Christine Haupt-Kreutzer (SPD) allerdings "ist der Standort Giebelstadt nicht in Stein gemeißelt".
Bis zu dieser Sitzung des Landkreis-Sozialausschusses drehten sich die grundsätzlichen Fragen zunächst um die Möglichkeit oder vielleicht auch Sinnhaftigkeit, ein anonymes Frauenhauses in einer Landkreisgemeinden zu errichten. So lange diese Frage nicht ausreichend beantwortet werden konnte, wäre es wohl kaum zielführend gewesen, über ein solches Projekt in einer öffentlichen Sitzung in der in Frage kommenden Landkreisgemeinde zu debattieren.
Nachdem jetzt mit dem „sichtbaren Frauenhaus“ ein anderes Konzept verfolgt werden soll, selbst wenn es für ein solches noch keine belastbaren Erfahrungswerte gibt, werden wir das selbstverständlich auch öffentlich behandeln.
Helmut Krämer, 1. Bgm. Markt Giebelstadt
Nach meiner Erfahrung werden in Würzburg gerichtlich vollstreckbare „Umgangsbeschlüsse“ auch ganz ohne Gewalterfahrungen ohne jede Konsequenz durch Mütter missachtet. Es wird im Gegenteil unbekannter Wohnsitz genommen, um den „Umgang“ zu verhindern, sowohl Gericht als auch Staatsanwaltschaft unternehmen nichts hiergegen.
Statt „Frauenhäusern“ und der ständigen Beförderung der „Opfer“-Rolle von Frauen braucht es ein Ende der - auch hier wieder aufgezeigten - Diskriminierung, Entwertung, und vorauseilenden institutionalisierten Kriminalisierung von Vätern und Männern!
Hier werden interessengeleitet anachronistische Rollenklischees gepflegt, psychische und strukturelle Gewalt gegen Väter, denen die Kinder entzogen werden, wird negiert.
M. Deeg
Polizeibeamter a.D.