In den beiden Würzburger Frauenhäusern suchen wesentlich mehr Frauen Schutz vor häuslicher Gewalt als die Einrichtungen aufnehmen können. Jeweils sechs Plätze halten Arbeiterwohlfahrt (AWO) und der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) vor. Seit Jahren weisen beide Träger vehement darauf hin, dass das Angebot hinten und vorne nicht reiche und schutzsuchende Frauen abgewiesen und an andere Stellen vermittelt werden müssen. Vergebens. Die staatliche Förderung von Frauenhäusern wurde zwischen 2009 und 2016 nicht erhöht.
Förderprogramm für Frauenhäuser
Das Bayerische Sozialministerium hat mittlerweile für die Region einen Bedarf von 19,44 Plätzen festgestellt. Die Landkreise Würzburg, Kitzingen, Main-Spessart und die Stadt Würzburg finanzieren gemeinsam die Kosten der beiden Würzburger Frauenhäuser. Wie sie zu einem weiteren Frauenhaus stehen, das sich Altlandrat Eberhard Nuß auf dem Land vorstellt, wird noch nicht so ganz klar. Nuß kam im März, kurz vor dem Ende seiner Amtszeit, mit diesem Vorschlag. Er möchte ein aktuelles Förderprogramm des Bundes nutzen und auf einem landkreiseigenen Grundstück südlich von Würzburg acht Apartments für Frauen schaffen. Träger soll der SkF sein, Domkapitular Clemens Bieber ist begeistert von der Idee.
Aber: "Es wäre wichtig gewesen, sich auch politisch frühzeitig mit der Thematik zu beschäftigen", sagte der neue CSU-Fraktionsvorsitzende Björn Jungbauer am Montag in einer Sondersitzung des Kreisausschusses. Denn schon länger sei bekannt, dass die AWO konkrete Pläne hat, ihr Frauenhaus auszubauen und die Anzahl der Plätze zu verdoppeln. Aber sind auch die Kostenträger dabei? Und wie passt das zusammen mit dem Vorschlag, schutzsuchende Frauen in Apartments auf dem Land unterzubringen? Bisher blieb eine politische Diskussion darüber im Kreistag aus.
Fachlich gesehen kann Sozialpädagogin Brita Richl, die das Frauenhaus der AWO leitet, die Idee, von Gewalt betroffene Frauen auf dem Land unterzubringen, nicht gut heißen. "Ihre Anonymität und ihr Schutz sind in einer ländlichen Umgebung und in exponierter Lage nicht leistbar." Und: "Frauen aus dem Landkreis wollen einen Neubeginn. Sie möchten nicht in den Landkreis zurück, sondern suchen die Anonymität der Stadt", weiß die Expertin, die sich seit 30 Jahren um Frauen kümmert, die häusliche Gewalt erfahren haben. Dazu komme die "ungenügende" Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr, die es Frauen erschwere, Termine bei Behörden oder Gerichten wahrzunehmen. Bernhard Wallrapp, Leiter der Stabsstelle Landrat, widersprach dieser Darstellung. Die Polizei beurteile den möglichen Standort für ein Frauenhaus im Landkreis Würzburg als "gut und realistisch, auch im Hinblick auf die Anonymität".
Auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht rentiere sich ein drittes Frauenhaus in Würzburg nicht, weil Synergien verhindert, beziehungsweise verringert würden. Bayernweit gebe es zudem keine Region mit drei separaten Frauenhäusern, so Richl. Die AWO plant gerade konkret, ihr Frauenhaus auszubauen. Zwölf bis 13 Plätze sollen dann bis 2023 entstehen. Während der Bauphase können die Frauen in einer Immobilie der Arbeiterwohlfahrt unterkommen. Hier stünden zehn Plätze zur Verfügung, führte Frank Alibegovic, bei der AWO für den Bereich Kinder, Jugend und Familie zuständig, aus.
Was bringt das Gewaltschutzgesetz?
Der Anteil aller vier Kostenträger am erweiterten Frauenhaus beläuft sich für die Zeit des Übergangs mit zehn Plätzen auf 258 777 Euro (Anteil Landkreis Würzburg 58 277 Euro) und später für 13 Plätze auf 290 826 Euro (65 494 Euro Lkr. Würzburg). Zur Zeit beteiligt sich der Landkreis Würzburg mit rund 86 000 Euro an den zwölf Frauenhausplätzen. Das Frauenhaus der SkF dagegen kann aus baulichen Grünen nicht erweitert werden, erklärte Geschäftsführer Wolfgang Meixner. "Mit der Erweiterung, die die AWO vorhat, ist aber viel getan."
Björn Jungbauer, früher mal Polizist, erinnerte sich noch an das Gewaltschutzgesetz, das im Jahr 2002 eingeführt wurde, um nach dem Leitsatz "Wer schlägt, der geht", Frauen zu schützen. "Bringt das Entlastungen", fragte er. Brita Richl wurde deutlich: "Dem wird nicht konsequent nachgegangen", sagte sie und sieht Luft nach oben. Viele Frauen seien durch jahrzehntelange Gewalterfahrung erschöpft und können das Gewaltschutzgesetz nicht konsequent umsetzen. "Das Gewaltschutzgesetz schützt Frauen nicht zu 100 Prozent. Die Frauen leben in ständiger Bedrohung", weiß die Leiterin des AWO-Frauenhauses.
Landkreis will AWO-Pläne unterstützen
Unklar ist auch, wie die anderen Kostenträger die Initiative des Landkreises Würzburg, ein Frauenhaus auf dem Land zu etablieren, beurteilen. Nach Informationen dieser Redaktion wird dies durchaus kritisch gesehen. Und welche Chancen hat dann noch die AWO, eine Förderung für den Umbau und die Erweiterung ihres Frauenhauses zu bekommen? Frank Alibegovic sieht einen möglichen Förderantrag des Landkreises durchaus als Konkurrenz, sagte er im Gespräch mit dieser Redaktion.
Der Kreisausschuss hat am Montag daher einstimmig beschlossen, erst einmal die Förderzusage an die AWO abzuwarten, bevor die Verwaltung einen Förderantrag für ein drittes Frauenhaus an das zuständige Bundesministerium stellen soll. Björn Jungbauer machte diesen Vorschlag, um die Pläne der AWO nicht zu gefährden. Die Erweiterung des AWO-Frauenhauses und die damit verbundenen höheren Betriebskosten werden vom Landkreis mitgetragen. Auch das hat der Kreisausschuss beschlossen.
In den Stadtrandgemeinden sind alle Vorraussetzungen vorhanden für eine derartige Einrichtung. Ebenso zB. in Ochsenfurt. Infrastruktur, ÖPNV, alles da!
Der Landkreis besteht nicht nur aus Weilern wie Limbachshof. Wobei solche Örtchen durchaus was positives haben, aber nicht für ein Frauenhaus.
Die Nuss lässt Herrn Fritz nicht los, wie es scheint...
Auf dem Dorf kann man bis heute keine Suppe kochen, ohne dass die Nachbarn mitkriegen, welches Gemüse man reintut. Und wenn es einer wirklich nicht mitkriegt, so erfährt er es innerhalb kürzester Zeit von einem anderen Nachbarn.
Dass man ein Frauenhaus unter diesen Umständen anonym führen kann, ist geradezu utopisch.
Und das mit der Erreichbarkeit über den öffentlichen Nahverkehr ist ebenfalls illusorisch.