
Schon im Vorfeld der konstituierenden Kreistagssitzung am Montag war eigentlich klar, wer zur ersten Stellvertreterin des neuen Landrats gewählt werden soll. Eifrig trafen sich die Kreistagsfraktionen zu Vorgesprächen. Dabei sollen Tränen geflossen, aber auch deutliche Worte gefallen sein. "Die Gespräche waren wenig vertrauensbildend und nicht immer zielführend", sagte UWG/FW-Fraktionsvorsitzender Hans Fiederling im Kreistag. Die erste Kritik am neuen Landrat blieb nicht aus: "Einen fairen Umgang hätten wir uns anders gewünscht."
Grüne machen Wählerwillen für sich geltend
Unmut in den Kreistagsfraktionen gab es, weil CSU und SPD sich zuvor darauf verständigt hatten, SPD-Frau Christine Haupt-Kreutzer als erste Stellvertreterin von Thomas Eberth (CSU) zu wählen. Vor allem die Grünen waren mit diesem Vorgehen nicht einverstanden, denn sie sehen im Erfolg ihrer Spitzenkandidatin Karen Heußner bei der Landratswahl, sie schaffte es gegen Eberth in die Sichwahl, einen klaren Auftrag der Wähler. "Die Wähler im Landkreis Würzburg haben klar entschieden, welche Person sie an zweiter Stelle haben möchten", sage Landtagsabgeordnete und Kreisrätin Kerstin Celina (Bündnis90/Die Grünen). "Demokratisch gerecht, wäre es, wenn der Kreistag dies wahrnehmen würde."
Ob nun Haupt-Kreutzer oder Heußner - "akzeptieren werde ich beide", sagte Landrat Eberth in einem Gespräch mit dieser Redaktion wenige Tage vor der entscheidenden Wahl. Es sei ihm bei seinem Vorschlag um die Erfahrung gegangen, die Haupt-Kreutzer mitbrächte. Damit argumentierte auch die SPD. "Christine Haupt-Kreutzer verfügt durch ihre Arbeit in den letzten sechs Jahren über ein umfassendes Wissen über die Abläufe in der Kreispoltik, in Gremien und Verbandsversammlungen." Wie keine Zweite kenne sie die interne Organisation des Amtes und habe Leitungserfahrung in einer großen Behörde mit mehreren Hunderten Beschäftigten im Landratsamt, heißt es in einer Pressemitteilung der SPD vor der Kreistagssitzung.

Seit 2014 ist Haupt-Kreutzer Stellvertreterin des Landrats - "und wurde damals bis auf die CSU von allen Fraktionen getragen", so Eberth. 2014 wollte der damalige CSU-Fraktionschef Manfred Ländner seine Fraktionskollegin Elisabeth Schäfer, die mittlerweile verstorben ist, zur Stellvertreterin des Landrats wählen lassen. Ländners Vorschlag fand damals nur innerhalb der eigenen Fraktion Unterstützung. Die anderen Fraktionen einigten sich darauf, die Stellvertreterposten nach Fraktionsstärke zu vergeben. Mit 16 Sitzen war die SPD vor sechs Jahren nach der CSU zweitstärkste Fraktion im Kreistag. Bei der Kommunalwahl 2020 verlor die Partei stark und stellt in dieser Wahlperiode neun Kreisräte. Nach den Grünen und der UWG/FW-Fraktion ist sie damit die viert-stärkste Fraktion.
CSU und SPD sind sich auch beim dritten Stellvertreter einig
Hans Fiederling erinnerte an diese Abmachung und wollte, dass auch dieser Kreistag so verfährt wie 2014 von Manfred Ländner vorgeschlagen. Die CSU solle als stärkste Fraktion auch den ersten Stellvertreter stellen. Fiederling versäumte es aber einen konkreten Wahlvorschlag zu machen, sondern nannte nur Namen, die dafür in Frage kämen. Konkret sprach er die Kreisrätinnen Marion Wunderlich oder Martina Schmidt an, damit auch der südliche Landkreis mit einem Stellvertreter abgedeckt sei. Nach Informationen dieser Redaktion soll es aber fraktionsintern anders vereinbart worden sein. Fiederling hätte einen konkreten Wahlvorschlag unterbreiten sollen. "Ich habe mich nicht getraut, jemanden von der CSU vorzuschlagen", sagt er dieser Redaktion nach der Sitzung.
Am Ende setzten sich CSU und SPD mit ihrem Vorschlag durch. Haupt-Kreutzer bekam 36 Stimmen, auf Karen Heußner entfielen 31. Im Anschluss schlug Kerstin Celina Heußner daraufhin als weitere Stellvertreterin vor. Bei drei Gegenstimmen (AfD) wurde sie auch vom Kreistag ernannt. Den dritten Stellvertreter würde gerne die UWG/FW-Fraktion stellen, aber nicht mit Ernst Joßberger, sondern mit Felix von Zobel. Die CSU nominierte Waldemar Brohm als Gegenkandidat – und setzte diesen zusammen mit den Stimmen der SPD auch durch. Brohm bekam 38 Stimmen. Felix von Zobel wurde bei einer Gegenstimme vierter Stellvertreter des Landrats.
Gibt es eine Koalition zwischen CSU und SPD?
Stimmt jetzt die SPD immer mit der CSU? "Ich stehe weiter für eine sachorientierte und wertschätzende Politik", sagte Christine Haupt-Kreutzer im Gespräch mit dieser Redaktion und legte Wert auf den Konsens mit allen Fraktionen, der im Kreistag bislang immer gepflegt wurde und den ihre Partei auch weiterhin pflegen möchte. Sie machte aber auch keinen Hehl daraus, dass sie sich die eine oder andere Stimme von der ÖDP oder der UWG/FW-Fraktion schon gewünscht hätte.
Und Karen Heußner betonte, dass sie nicht weniger Erfahrung habe, als Haupt-Kreutzer. "Ich wäre auch mit den Herausforderungen fertig geworden", sagt sie.
Die Wähler*innen waren hier doch gar nicht gefragt. Bei der Wahl/Stichwahl wurde entschieden, dass Frau Heußner nicht Landrätin werden soll. Das war keine Abstimmungüber einen Stellvertrterposten! Der Kreistag hat aus seiner Mitte Stellvertretervorschläge gemacht und demokratisch gewählt, fertig
Peter Herbert
Wären die Genossinnen und Genossen doch dem Beispiel von Frau Schäfer-Blake gefolgt, die aufgrund der Wahlniederlage ihrer Partei nicht mehr als Bürgermeisterin kandidierte! Aber so viel Ehrgefühl und Anstand besitzen sie offenbar nicht mehr. Ein wahrhaft großer Sozialdemokrat sagte einmal: "Das Leben können sie uns nehmen, die Ehre nicht." Seine unwürdigen Nachfolgerinnen und Nachfolger erledigen das ganz alleine.