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Würzburg/Marktheidenfeld
Landgericht Würzburg zeigt Härte gegen junges Räuber-Duo
Für ihn gab es kein Jugendstrafrecht: Ein 20-jähriger Soldat muss wegen eines brutalen Raubes in einem Getränkemarkt in Marktheidenfeld (Lkr. Main-Spessart) fast sechs Jahre hinter Gitter.
Ein Elitesoldat und ein Schüler müssen für den Überfall auf einen Getränkemarkt in Marktheidenfeld hinter Gitter. Das entschied am Mittwoch das Landgericht Würzburg
Foto: Daniel Karmann, dpa | Ein Elitesoldat und ein Schüler müssen für den Überfall auf einen Getränkemarkt in Marktheidenfeld hinter Gitter. Das entschied am Mittwoch das Landgericht Würzburg
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 07.04.2020 10:38 Uhr

Vergeblich hoffte ein 20-jähriger Ex-Soldat auf Milde. Das Landgericht Würzburg um den Vorsitzenden Michael Schaller verurteilte den jungen Mann aus dem Landkreis Main Spessart wegen des Raubes in einem Getränkemarkt in Marktheidenfeld am Mittwoch zu einer Haftstrafe von fünf Jahren und neun Monaten Gefängnis. Sein Mittäter, ein Schüler, erhielt dreieinhalb Jahre Jugendstrafe.

Gericht honoriert Geständnisse

„Ihre Geständnisse werden honoriert“, betonte Michael Schaller, Vorsitzender der großen Jugendkammer. „Aber eine Überführung wäre auch ohne sie aufgrund der Beweise wahrscheinlich gewesen.“

Der Prozess hatte nicht nur wegen der brutalen Vorgehensweise der beiden Täter viel Beachtung gefunden. Sie hatten den Angestellten des Marktes nicht nur mit Pistole und Messer bedroht. Sie hatten ihn auch mit Wodka überschüttet und gedroht, ihn anzuzünden, wenn er ihnen nicht beim Leeren der Geldtresore geholfen hätte.

Abhängig von Dopingmitteln

Auf überregionales Interesse stieß der Prozess aber vor allem deshalb, weil der 20-jährige Unteroffizier abhängig von Dopingmitteln ist. Er brauchte am Ende allein über 2000 Euro im Monat für die Anabolika. Das war das Motiv für seinen Raubüberfall. Das Gericht billigte ihm wegen der Abhängigkeit eine verminderte Schuldfähigkeit zu. Auch deshalb blieb die Jugendkammer unter den sieben Jahren Haft, die Staatsanwältin Meike Richter gefordert hatte.

Aber das Gericht hätte mit seinem Urteil Rechtsgeschichte schreiben können – wenn es erstmals in Bayern einen Anabolika-Süchtigen zum Entzug geschickt hätte, wie dies bei Alkoholikern oder Drogenabhängigen üblich ist. Das Gericht sah aber nur eine von vier dafür nötigen Voraussetzungen erfüllt und bezweifelte, dass man bei Dopingmitteln von einem „rauschartigen Zustand“ sprechen könne.

Endgültige Entscheidung erst beim Bundesgerichtshof?

Es lehnte eine Unterbringung des entlassenen Soldaten in einer Entzugsklinik ab. „Wir gehen aber davon aus, dass das höheren Ortes noch einmal überprüft wird“, sagte der Vorsitzende Schaller. Er rechnet damit, dass Verteidiger Hans-Jochen Schrepfer die Frage – die auch viele dopende Sportler betreffen könnte - beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe zur Entscheidung vorlegt.

Nach dem Urteil war der Soldat noch um eine weitere Hoffnung ärmer: Er hatte gehofft, dank seiner Beurteilung bei der Bundeswehr und Aussagen seines Vaters nach Jugendstrafrecht beurteilt zu werden. Aber „dass es Reife-Verzögerungen bei ihm gab, vermögen wir nicht zu erkennen“, betonte der Vorsitzende in der Urteilsbegründung. Die Konsequenz: eine Gefängnisstrafe, die nach Erwachsenenstrafrecht auch 15 Jahre lang hätte werden können.

Bewährungsstrafe nicht vermittelbar

Auch der Schüler, für den der ein Jahr ältere Soldat ein Vorbild war, wirkte enttäuscht. Sein Verteidiger Jan Paulsen hatte eine Strafe von zwei Jahren zur Bewährung vorgeschlagen. Die Reife-Rückstände bei seinem Mandanten zur Tatzeit waren unübersehbar, seine Reue glaubhaft. Das Gericht betonte aber: Angesichts des "perfiden Vorgehens" und des brutalen Umgangs mit dem Opfer könne man eine Bewährungsstrafe der Öffentlichkeit nicht plausibel machen. "Dafür war die Tat zu heftig.“

 
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Kommentare
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  • clubfan2@gmx.de
    und jemand

    der mit Drogen am Steuer
    jemanden tot fährt und abhaut
    zahlt eine Geldstrafe und gut iss traurig

    ich weiß nicht was unsere Gerichte für Urteile fällen...

    im Namen des Volkes ist das nicht...
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    • Antworten
  • hans-martin.hoffmann@t-online.de
    Das - @ MeineZeitung2016 -

    ist ein anderes Fass, wo ich Ihnen aber zustimme, dass man es aufmachen muss...
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    • Antworten
  • hans-martin.hoffmann@t-online.de
    Geht doch -

    ich hoffe nur, dass es nicht noch ein Revisionsverfahren gibt, wo die beiden für diese haarsträubend grausame, erniedrigende und widerliche Tat doch noch einen Freispruch auf Bewährung wg. Reiferückständen o. ä. bekommen.

    Angebracht wäre wohl stattdessen (für beide Täter!) eine vernünftige Ausbildung während und eine psychotherapeutische Begleitung nach Verbüßung der Strafe. Sonst kann man mMn dreimal raten, wie es weitergehen würde.
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