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Marktheidenfeld
Urteil zu Elitesoldat vertagt: Was sagt seine Personalakte?
In letzter Minute muss der Prozess um den brutalen Überfall auf einen Getränkemarkt in Marktheidenfeld eine Ehrenrunde drehen. Nun soll die Bundeswehr helfen.
Vor dem Bundesgerichtshof (BGH) könnte das Urteil des Würzburger Landgerichts zu einem Überfall in Marktheidenfeld landen. Im Prozess geht es auch um die bisher unentschiedene Frage, ob auch Verurteilte, die süchtig nach Anabolika sind, zum Entzug in Therapie geschickt werden können.
Foto: Uli Deck, dpa | Vor dem Bundesgerichtshof (BGH) könnte das Urteil des Würzburger Landgerichts zu einem Überfall in Marktheidenfeld landen.
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:56 Uhr

Fast wäre es ein kurzer Prozess geworden, um einen brutalen Raub auf einen Getränkemarkt in Marktheidenfeldm (Lkr. Main-Spessart). Das Urteil war am Dienstag nach den Plädoyers schon in Reichweite.Aber auf der Zielgeraden zogen die fünf Richter um den Vorsitzenden Michael Schaller die Notbremse: Sie brauchen mehr Informationen über den 20-jährigem Elitesoldaten, der den brutalen Überfall  samt Brandstiftung vom vorigen September gestanden hatte.

Täter war für seinen jungen Komplizen "ein Vorbild"

Bußfertig zeigte sich der 19-jährige Schüler, der mit ihm den Raubüberfall verübt hatte. Für den jungen Komplizen, der auch "zum Bund" wollte, war der 20-jährige Gebirgsjäger nach eigenen Bekenntnis ein Vorbild. Für seine Vorgesetzten bei der 5. Kompanie der Gebirgsjäger in Mittenwald ist der Unterfranke, der Unteroffizier werden wollte, eher eine Belastung fürs Image der Truppe, derer man sich gerne entledigen würde. Zumal der 20-Jährige zugegeben hat, einem Mitarbeiter des Marktes eine Schusswaffe an den Kopf gehalten, ihn mit Wodka übergossen und gedroht zu haben, ihn anzuzünden. 

Süchtig nach kostspieligen Dopingmitteln

Dass er für eine bessere Diensttauglichkeit seine Muskelmasse mit Anabolika aufgepumpt hatte, bis er süchtig nach den Dopingmitteln wurde, kam erschwerend hinzu. 2500 Euro brauchte er am Ende pro Monat für die muskelfördernden Pillen und Pulver. Die Geldnot war letztlich sein Motiv für den Überfall.

Nun will die Bundeswehr den Zeitsoldaten entlassen - noch während des laufenden Strafprozesses, wie ein Sprecher der 10. Panzerdivision in Veitshöchheim dieser Redaktion sagte. Ihr unterstehen die Gebirgsjäger in Mittenwald.

Vorgesetzte sollen ihn als "zu unreif" beurteilt haben

Doch erst jetzt wurde bekannt: Seine Vorgesetzten sollen dem Soldaten attestiert haben, er sei "noch zu unreif, um andere Soldaten zu führen." So hörte es Verteidiger Hanjo Schrepfer von seinem Mandanten und stellte im Plädoyer den Antrag auf Einblick in die Personalakte. "Ich habe bei der Bundeswehr bis heute noch nicht einmal eine Antwort bekommen", sagte er. Auch der Vorsitzende Schaller bemühte sich telefonisch vergeblich um die Papiere in Mittenwald. Nun soll die Beurteilung offiziell von der Bundeswehr angefordert werden - was den Prozess bis tief in die Sommerferien ziehen könnte. 

Steht diese Einschätzung tatsächlich in der Personalakte des Angeklagten, käme für das Gericht eine mildere Verurteilung des 20-Jährigen nach Jugendstrafrecht in Frage. Ansonsten müsste er nach Erwachsenenstrafrecht sieben Jahre Haft befürchten, wie sie die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer gefordert hat. Für seinen bußfertigeren Komplizen sah sie dreieinhalb Jahre Knast für gerechtfertigt an - die Verteidigung um Anwalt Jan Paulsen eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren.

Landet der Fall vor dem Bundesgerichtshof?

Nach Einschätzung mehrerer Prozessbeteiligter dürfte der Fall am Ende vor dem Bundesgerichtshof (BGH) landen, weil er Rechtsgeschichte schreiben könnte. Der Verteidiger des Soldaten will, dass der Soldat in der Haft auf Entzug geschickt wird. Das ist bei  Drogen- oder Alkoholsüchtigen gängige Praxis. Der Angeklagte ist aber nach Aussage eines Gutachters von Anabolika abhängig, und die fallen bisher nicht unter diese Regelung. 

Der Prozess wird Anfang August fortgesetzt.

 

 
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