Temperaturen bis fast 40 Grad Celsius machen den Menschen in Unterfranken zu schaffen. Und auch für die nächsten Tage ist keine richtige Abkühlung zu erwarten. Was müssen Mitarbeitende bei Hitze leisten? Und was müssen Chefin und Chef gewähren? Antworten auf die wichtigsten Fragen gibt es von Arbeitsrechtsexperten aus der Region.
Laut Trixi Hoferichter, Rechtsanwältin mit Schwerpunkt Arbeitsrecht aus Würzburg, müssen Beschäftigte grundsätzlich auch bei hohen Temperaturen arbeiten. "Ein Beschäftigter darf keinesfalls die Arbeit niederlegen, weil er die Temperatur als unerträglich heiß empfindet", so Hoferichter. Kühlende Maßnahmen wie Klimaanlagen oder Ventilatoren können Abhilfe schaffen. Doch diese müssen aufgrund sicherheitsrechtlicher Vorgaben vom Arbeitgeber genehmigt werden. Stellen sich Vorgesetzte hier quer, empfiehlt Hofereiter, das Gespräch zu suchen – gegebenenfalls auch mit dem Betriebsrat. Denn der Arbeitgeber sei gesetzlich verpflichtet, die Gesundheit der Beschäftigten zu schützen.
Einen Anspruch auf eine Klimaanlage haben Arbeitnehmende nicht direkt. Doch laut der Arbeitsstättenverordnung müssen Büros zumindest in der Zeit, in der sie genutzt werden, eine "gesundheitlich zuträgliche" Raumtemperatur haben. Die Technischen Regeln für Arbeitsstätten konkretisieren die Verordnung und geben an, dass die Temperatur im Raum 26 Grad nicht überschreiten soll. Hierbei handele es sich jedoch nur um eine "Soll-Vorschrift", erklärt Anwältin Hoferichter. "Erst wenn eine Temperatur von 30 Grad überschritten wird, muss der Arbeitgeber wirksame Maßnahmen ergreifen, um sie abzusenken." Welche Maßnahmen das seien, sei dem Arbeitgeber jedoch selbst überlassen. Bei mehr als 35 Grad dürfen Mitarbeitende aber nur noch in absoluten Ausnahmefällen arbeiten, so Hoferichter.
Wenn es die Zustände am Arbeitsplatz nicht mehr zulassen, weil die Lufttemperatur zu hoch ist, dann könne das Homeoffice ein möglicher Ausweichplatz sein, sagt Matthias Heese. Der Würzburger Fachanwalt für Arbeitsrecht weist jedoch darauf hin: "Homeoffice ist nicht erzwingbar." Wenn ein Mitarbeiter von sich aus anbietet, am heimischen Schreibtisch zu arbeiten, dann sei das unter Umständen für den Arbeitgeber eine Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis, das anzunehmen. Aber eine generelle Verpflichtung, das zu machen, gebe es auf beiden Seiten nicht. Es könne nach den guten Erfahrungen in der Pandemie aber eine Alternative sein, so Heese.
Beschäftigte müssen auch bei hohen Temperaturen ihre Arbeitsleistung erbringen. Doch es gibt Ausnahmen: Schwangere und andere Mitarbeitende wie beispielsweise Menschen, die an Herz-Kreislauf-Erkrankungen leiden, können sich von der Arbeitspflicht befreien lassen. Voraussetzung hierfür ist, dass sie nachweisen können, dass die Arbeit bei Hitze ihre Gesundheit gefährdet. Für alle anderen entfällt die Arbeitspflicht laut Hoferichter erst, wenn im Arbeitsraum eine Lufttemperatur von 35 Grad überschritten wird und der Arbeitgeber keinen kühleren Ort zuweisen oder eine Kühlung erreichen kann. "In der Praxis liegen die arbeitsrechtlichen Voraussetzungen für 'Hitzefrei' somit nur ganz selten vor", sagt die Anwältin. Sie warnt zudem: Wer sich eigenmächtig Hitzefrei nehme, könne abgemahnt werden. "Für den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung dürfte ein derartiger Verstoß dagegen nicht ausreichen."
Nein, sagt Hoferichter und ergänzt: "In Ausnahmefällen kann ein Arbeitnehmer jedoch einen – auch gerichtlich durchsetzbaren – Anspruch auf kostenlose Getränke aus 'betrieblicher Übung' haben." Diese Ansprüche entstehen, wenn ein Betrieb eine bestimmte Handlung wie das kostenlose Bereitstellen von Getränken (in den Sommermonaten) über mehrere Jahre vorbehaltlos vornimmt und dabei die "betriebliche Übung" nicht ausgeschlossen hat.
"Eine pauschale Antwort ist hier schwierig, da es stark auf den jeweiligen Einzelfall ankommt", sagt Hoferichter. Zwar gebe es Branchen, in denen die Mitarbeitenden ihre Kleidung selbst wählen könnten. Doch auch hier könnten Chefin oder Chef beispielsweise bei Kundenkontakt einen Dresscode verlangen – von dem man auch bei hohen Temperaturen nicht abweichen dürfe. "Gerade in Unternehmen, die Seriosität ausstrahlen wollen, wie zum Beispiel Banken, dürfen Arbeitnehmer daher nicht einfach in kurzer Hose zur Arbeit erscheinen", so Hoferichter. Für die Praxis empfehle sie allen, erst mit den Vorgesetzten zu sprechen. Für gewisse Branchen und Positionen wie bei Tätigkeiten mit mechanischen Gefährdungen ist das Tragen von kurzen Hosen aber aus Gründen der Arbeitssicherheit immer verboten.
Wenn dauerhaft über 35 Grad Celsius erreicht wird, kann das laut Jurist Matthias Heese gefährlich werden, nicht nur auf Baustellen. Sein Vorschlag: die Arbeitszeit zu verlagern, also früher anfangen oder in zwei Schichten arbeiten, früh vier Stunden und am Nachmittag vier Stunden. "Es ist nicht so, dass auf Baustellen über 35 Grad immer gearbeitet werden darf. Auch dort ist der Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet, die Gesundheit der Mitarbeiter im Auge zu haben", informiert der Arbeitsrecht-Experte.
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Also früh 4 Stunden und nachmittags 4 Stunden ist eine dumme Aussage.
Nachmittags um 15 Uhr ist es am schlimmsten
Und wie soll das funktionieren wenn man teilweise 1 Stunde Anfahrt hat
Wäre ich Ihr Vorgesetzter, würde ich Sie nur Morgens bis früh Mittags arbeiten lassen. Ich weiß, ist mit Lärmbelastung und Abhängigkeit zu anderen Gewerken sicher nicht leicht zu handeln. Aber es auch niemandem geholfen, wenn die Leute kollabieren. Hoffentlich findet in solchen Branchen zeitnah ein Umdenken statt.