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Würzburg
Kultusministerium will zusätzliche Lolli-Tests für besondere Kinder nicht bezahlen
Nicht jedes Kind der Würzburger Christophorus-Schule lässt einen Abstrich für einen Corona-Test zu. Lolli-Schnelltests wären für sie ein Segen, aber werden nicht bezahlt.
Besondere Kinder, die keine Nähe oder Berührungen zulassen, haben Probleme mit Nasen- oder Rachenabstriche, die für Corona-Schnelltests nötig sind. Lolli-Schnelltests hingegen würden sie akzeptieren, die Kosten werden aber vom Kultusministerium nicht übernommen.
Foto: Michael Reichel, dpa | Besondere Kinder, die keine Nähe oder Berührungen zulassen, haben Probleme mit Nasen- oder Rachenabstriche, die für Corona-Schnelltests nötig sind.
Thomas Fritz
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:52 Uhr

Marco Schneider hat Zwillinge. Die beiden Jungs im Alter von elf Jahren sind geistig behindert und haben eine Autismus-Spektrum-Störung. Sie besuchen die Christophorus-Schule der Lebenshilfe in Würzburg. Dort wird dienstags und donnerstags bei allen Schülerinnen und Schülern mit einem Lolli-PCR-Test festgestellt, ob eine Corona-Infektion vorliegt. Ein Verfahren, das bayernweit in Grundschulen und Förderzentren vom Bayerischen Kultusministerium vorgegeben ist.

Die Lolli-Tests sind für die beiden Elfjährigen kein Problem. Sie akzeptieren die kleinen Kauschwämmchen. "Das Problem sind die zusätzlichen Tests am Montagmorgen", sagt der Vater aus dem Landkreis Würzburg. Denn dafür stehen den Schulen und Förderzentren vom Kultusministerium nur Schnelltests zur Verfügung, für die ein Nasen- oder Rachenabstrich erforderlich ist. Für Kinder, die keine Nähe aushalten können oder Berührungen nicht zulassen, sind solche Tests schwer auszuhalten - "und schier unmöglich", erzählt Marco Schneider.

Kinder wehren sich mit Händen und Füßen gegen einen Nasen- oder Rachenabstrich

"Ich musste ihren Kopf festhalten, dann ging es schon", beschreibt der der Vater eine Situation, als es noch keine Lolli-Tests gab. "Beide haben aber schon nach dem zweiten Mal gespürt, was auf sie zukommt, und sich noch heftiger gewehrt. Das möchte man seinen Kindern nicht mehr antun." Den Lolli-Test aber, der eher beiläufig durchgeführt wird, würden sie problemlos akzeptieren.

Die Zwillinge von Marco Schneider sind nicht die einzigen Schüler der Christophorus-Schule, die Probleme mit Nähe und Berührungen haben und sich mit Händen und Füßen gegen einen Nasen- oder Rachenabstrich am Montagmorgen wehren. "An unserer Schule sind es zehn Kinder", sagt Schneider, der auch Vorsitzender des Elternbeirats ist.

Lolli-Schnelltests sind nicht teuer, werden aber vom Kultusministerium nicht bezahlt

Eine Lösung könnte sein, dass die Schule den betroffenen Kindern Lolli-Schnelltests zu Verfügung stellt. Den Schulen stünden diese aber nicht zur Verfügung, sondern nur die vom Kultusministerium zentral beschafften Tests. Die Eltern müssen also selbst für die Tests aufkommen - etwa fünf Euro pro Woche. "Nicht die Welt", sagt Schneider. "Es gibt aber Familien, die sich das nicht leisten können und den Elternbeirat um Unterstützung gebeten haben."

Der Elternbeirat übernimmt die Kosten auch, hat sich aber gleichzeitig auch an die Landtagsabgeordneten für den Stadt- und Landkreis Würzburg gewandt und auch Anna Stolz, Staatssekretärin im Kultusministerium, auf das Problem hingewiesen. "Vielleicht wurden besondere Kinder einfach nur vergessen", so Schneider.

Landtagsabgeordneter Volkmar Halbleib fordert: Das Kultusministerium muss Kosten übernehmen

Eine Antwort hat der Elternbeiratsvorsitzende nur von Volkmar Halbleib (SPD) bekommen, der eine Anfrage ans Plenum des Bayerischen Landtages gestellt hat. "Für die betroffenen Eltern fällt die Antwort mehr als enttäuschend aus", sagt der Landtagsabgeordnete aus Ochsenfurt. Denn das Kultusministerium teilte ihm mit: "Ein Anspruch auf Beschaffung und Zurverfügungstellung anderer als der an den Schulen vorgesehenen Tests oder Testverfahren nach Wahl der Erziehungsberechtigten besteht weder gegen den Freistaat Bayern noch die jeweilige Schule vor Ort." Dementsprechend bestehe auch kein Kostenersatzanspruch für Tests, die Eltern selbst auswählen und beschaffen.

"Betroffene Eltern müssen diese Antwort als ungerecht und herzlos empfinden", sagt Halbleib. Auch er ist damit nicht zufrieden: "Wenn ein anderer Test aus gesundheitlichen und behinderungsbedingten Gründen erforderlich ist, muss doch ein solcher Anspruch geschaffen werden", fordert der SPD-Abgeordnete, der hofft, dass dies noch nicht das letzte Wort des Ministeriums dazu war.

Die Kosten für die Lolli-Schnelltests an der Christophorus-Schule will nun erst einmal der Träger, die Lebenshilfe Würzburg, übernehmen.

 
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Kommentare
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  • G. Z.
    Überarbeitet mal sprachlich den Text. Der entspricht Buch eure. Ansprüchen an Wertefreier Kommunikation. "besondere Kinder", behinderte usw.
    Danke
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  • R. E.
    Macht mich traurig, so wenig Flexibilität im Ministerium zu finden. Macht mich wütend, weil das der STANDARD ist. Macht mich stark, an meiner Haltung festzuhalten, im Zweifel meinen gesunden Menschenverstand zu nutzen, wenn es um Corona geht. UND: ein Dankeschön an die Lebenshilfe, die ihrem Namen Ehre macht.
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  • M. S.
    Es ist schlicht asozial wie undifferenziert die bayerische Staatsregierung vorgeht! Das ist ein Versagen auf ganzer Linie, mich verwundert das aber alles nicht mehr. Diese Sache reiht sich ein in viele weitere Dinge. Da kann sich König Söder noch so selbstverliebt vor die Kameras stellen oder wie gerade eben sein Fähnchen im Wind drehen lassen.

    Muss der Staat (also wir) in sinnvollen Fällen zahlen, weigert er sich.

    Gleichzeitig zwingt er Firmen dazu ihren Mitarbeitern wöchentlich Tests zur Verfügung zu stellen die bei einem guten Teil der Belegschaft zu Hause verotten da es hier, außer in Pflegeeinrichtungen etc. keine TestPFLICHT gibt!

    Mit der Politik bin ich fertig, am besten es schaut jeder im kleinen nach sich selbst und seinen Nächsten.

    Und nein ich bin kein Spaziergänger und verachte vor allem die Querdenker.
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  • S. E.
    Schön, dass ein Elternverein (denn das ist die Lebenshilfe!) einspringt! Aber ist der Schulbesuch nicht ein Recht jeden Kindes? Und die Ermöglichung desselben? Und wäre es nicht Sache des Kultusministeriums, jedem Kind die gleichen Chancen zu geben? Wo ist denn da die Gleichstellung, die Gleichbehandlung, die Teilhabemöglichkeit ... eine nicht enden wollende Geschichte ...
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Auf eigenen Wunsch entfernt.
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  • G. K.
    Wenn bräsiges Bürokratentum auf Ignoranz trifft, dann entsteht so etwas...

    Der Knaller ist, dass die Leute, die derartige Entscheidungen treffen, von der Gesellschaft für ihren (angeblichen) Dienst an der Gesellschaft auch noch bezahlt werden...

    Es ist eine Schande!
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  • R. B.
    Na, verehrte Staatsregierung, sollten die betroffenen Eltern Herrn Sauter oder Frau Tandler bitten zu vermitteln? Dann ginge doch bestimmt was, oder?
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Die deutschen Kultusministerien haben in der Coronakrise auf ganzer Linie versagt. Dies ist leider nur ein schlimmes Beispiel von vielen.
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