"Wir wollen keinen weiteren Winter vor geschlossenen Kino- und Theatertüren stehen, auf Konzerte und Lesungen verzichten", mit dieser Haltung macht Kulturstaatsministerin Claudia Roth seit Anfang August aufmerksam auf die möglichen Auswirkungen der Energiekrise auf Kultureinrichtungen. Denn Kultur sei systemrelevant und dürfe nicht durch steigende Energiepreise bedroht werden. Energieeinsparungen seitens der Betriebe, sowie Unterstützung des Bunds in Form von einer Milliarde Euro für öffentliche und private Kultureinrichtungen seien nötig.
Auch in Würzburg sehen sich mehrere Theater einem Winter gegenüber, der nach zwei corona-bedingt schwierigen Wintern nun erneut Herausforderungen birgt. Wie die Kulturbetriebe auf die Energiekrise reagieren.
Das Bockshorn zittert
Mathias Repiscus, Gründer und Chef der Würzburger Kabarettbühne "Bockshorn" im Kulturspeicher, hat Angst. "Zuerst die Unsicherheiten rund um Corona, schleichender Publikumsschwund und jetzt die Energiekrise", die Verunsicherung steige auf jeden Fall. Aber nicht nur bei ihm, denn er führt den Rückgang der Zuschauerzahlen auch auf ein wirtschaftlich geschwächtes und durch die letzten zwei Jahre verunsichertes Publikum zurück.
Bisher seien zwar noch keine Bescheide über eine Erhöhung der Abschlagszahlung gekommen, aber in den nächsten Wochen sei damit zu rechnen. So oder so kann sich Repiscus momentan schwer vorstellen, wie er die Kosten auffangen soll. "Die Eintrittspreise zu erhöhen ist für mich aktuell keine Alternative", sagt er. Dies sei bereits nach den letzten Lockdowns geschehen. Auf den Vorschlag der Kulturstaatsministerin angesprochen, stimmt er ihren Forderungen zu, betont aber auch, dass es noch keine konkreten Maßnahmen der Politik gebe.
Das Theater am Neunerplatz übt sich in Ruhe
Genaue Zahlen kann Sven Höhnke, Leiter des "Theater am Neunerplatz" viele nennen. Bei 600 Euro monatlich befinden sich die aktuellen Abschlagszahlungen des Betriebs. Sieben- bis achttausend Karten verkauft das Theater in einer Spielzeit. Doch um wie viel Prozent sich seine Kosten erhöhen werden, das kann er nur schätzen. "Wir haben noch keine Auskunft erhalten, um wie viel Prozent unsere Abschlagszahlung ansteigen wird", sagt Höhnke. Er geht von einem Wert zwischen 30 bis 60 Prozent aus. Das könne er noch auf die Eintrittspreise umschlagen, auch wenn er es am liebsten anders sähe. Es werden wohl 50 Cent pro Karte werden, ein Betrag, von dem er annimmt, dass ihn Kulturinteressierte bereit sind zu zahlen. Denn dass alles teurer wird, das sei zwar Fakt. Aber von Panik halte er nichts, so Höhnke.
Das Chambinzky appelliert an die Politik
"Es ist eine Katastrophe", fasst Csaba Béke, künstlerischer Leiter und Intendant des Theater Chambinzky, die Situation zusammen. Der erste Brief mit erhöhten Abschlagszahlungen sei bereits eingetroffen: 120 Prozent, also mehr als verdoppelt haben sich die monatlichen Energiekosten des Standorts in Gerbrunn. Dort befinden sich die Probebühne und Theaterwerkstatt. Bezüglich des Haupthauses in der Valentin-Becker-Straße sei noch nichts bekannt, so Béke. Doch nicht nur die Energiepreissteigerungen treffen das Theater hart, auch die teilweise doppelt so hohen Materialkosten für den Bühnenbildbau sind dem Intendanten ein Dorn im Auge.
Das Theater sah sich schon durch geringere Zuschauerzahlen und Öffnungszeiten auf Grund von Corona zu einem Spagat zwischen Nachhaltigkeit und Rettungsdrang gezwungen. "Wir sind traumatisiert von den letzten zwei Jahren und jetzt folgt eins aufs andere", berichtet Béke resigniert. Er appelliert an die politisch Verantwortlichen und fordert mehr Unterstützung und Aufmerksamkeit für die brenzlige Situation der Kulturbetriebe. Als Sprecher im Kulturbeirat will er sich weiter für Würzburger Bühnen stark machen. Bei seinen Ticketpreisen sieht Béke keinen Spielraum mehr für weitere Erhöhungen, denn auch er betont den Stellenwert von Kultur als "Futter für Herz und Hirn" und somit die Wichtigkeit der Zugänglichkeit für Jeden und Jede.
Das Mainfrankentheater ist guten Mutes
Einer Sondersituation stellt sich Dirk Terwey, der Geschäftsführende Direktor des Mainfranken Theaters. Auf Grund der Generalsanierung des Kopf- und Haupthauses, auch im Sinne der Energieeffizienz, "ist der Betrieb und somit auch der Spielbetrieb stark eingeschränkt", weshalb sich die laufenden Kosten auf den zweiten Standort des Theaters "Theaterfabrik Blaue Halle" konzentrieren, so Terwey. Trotzdem setzt der Direktor mit seinem Haus auf ganz deutliche Einsparungen, diese sollen vor allem durch die seit einiger Zeit laufende Umstellung auf LED geschehen. Allerdings sei es nicht möglich, "das Licht ganz aus zu machen, denn die Verkehrssicherungspflichten des Theaters und seiner Außenbeleuchtung bestehen weiterhin", erklärt Terwey.
Auch das Mainfrankentheater habe noch keinen Bescheid über Abschlagserhöhungen bekommen, aber es sei nur noch eine Frage der Zeit, so Terwey. Gleichwohl werde es in dieser Spielzeit keine Preiserhöhungen geben, denn der Direktor sieht Kultureinrichtungen in der Pflicht "die Menschen vom Sofa zu holen." In der vierten Spielzeit seit Beginn der Pandemie mahnt Terwey zur Ruhe, damit die allgemeine Unsicherheit nicht Jeden und Jede "wahnsinnig macht, bevor es überhaupt losgegangen ist." Schritt für Schritt werde er mit seinem Betrieb auf die Umstände reagieren, noch ist er aber guten Mutes.