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Würzburg/Gemünden
Kugelbombe am Würzburger Peterplatz gezündet? Prozess um Vorfall aus Silvesternacht hat nach zwei Jahren begonnen
Der Knall war ohrenbetäubend, der Schaden immens. Ein junger Mann aus dem Landkreis Main-Spessart steht seit Montag in Gemünden vor Gericht. Warum sich alles verzögert.
Zersplitterte Fensterscheiben am Neujahrstag: Am Peterplatz in Würzburg explodierte am 1. Januar 2023 frühmorgens eine Kugelbombe. Jetzt muss sich ein junger Mann aus Main-Spessart vo Gericht verantworten.
Foto: Patty Varasano | Zersplitterte Fensterscheiben am Neujahrstag: Am Peterplatz in Würzburg explodierte am 1. Januar 2023 frühmorgens eine Kugelbombe. Jetzt muss sich ein junger Mann aus Main-Spessart vo Gericht verantworten.
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 21.02.2025 02:38 Uhr

Mehr als zwei Jahre nach der Explosion steckt der Zeugin der Schreck noch immer in den Knochen: Das Feuerwerk zum Jahreswechsel 2023 war seit Stunden vorbei - als plötzlich ein einzelner, gewaltiger Knall das Haus am Würzburger Peterplatz erschütterte. Fensterscheiben splitterten, an geparkten Autos sprangen Alarmanlagen an. Die Anwohnerin wurde aus dem Schlaf gerissen: "Beängstigend" sei das gewesen, schildert sie jetzt vor Gericht. Zu ihrem Mann habe sie gesagt: "So muss es im Krieg sein."

Menschen blieben in jener Neujahrsnacht in Würzburg unverletzt. Aber an umliegenden Häusern zerbarsten unter dem Druck der Explosion 55 Scheiben. Eine Tür wurde beschädigt, an der Kirche St. Peter und Paul zersprangen teure Glasfenster. Gesamtschaden laut Anklage: über 11.000 Euro.

Zwei Jahre Suche nach dem unbekannten Bomben-Zünder vom Würzburger Peterplatz

Experten des Landeskriminalamtes (LKA) stellten fest, dass eine Kugelbombe gezündet worden war - mit zigmal mehr Sprengkraft als ein Silvesterböller. Aus gutem Grund dürfen damit nur Profis hantieren. Wer illegal Kugelbomben erwirbt, bringt sich und andere damit in Gefahr.

Zwei Jahre später ist der markerschütternde Knall ein Fall für die Justiz: Vor dem Amtsgericht Gemünden muss sich - nach mühsamen Ermittlungen und zeitweise schon eingestellten Untersuchungen - ein zur Tatzeit 19-Jähriger aus dem Landkreis Main-Spessart verantworten. Er hatte Pech: Kurz vor der Explosion war er mit mehreren Freunden an einer Überwachungskamera bei der Regierung von Unterfranken vorbeigekommen, nahe am späteren Tatort.

Überwachungskamera der Regierung zeigte ein bekanntes Gesicht

Als die Polizei später die Aufnahmen auswertete, erkannten szenekundige Beamte das Gesicht wieder: Der Fußballfan war ihnen von früheren Begegnungen bekannt. Doch von ihrem Anfangsverdacht bis zur Anklage der Staatsanwaltschaft war es ein weiter Weg.

Noch im Dezember 2023 hatte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Unterfranken mitgeteilt, es hätten noch keine Tatverdächtigen ermittelt werden können, "denen ein strafbares Handeln nachgewiesen werden konnte". Weniger Monate später gab es plötzlich eine Anklage.

Bei Durchsuchung hunderte Feuerwerkskörper gefunden

Fast ein Jahr nach der Explosion hatten die Ermittler das Elternhaus des verdächtigen jungen Mannes durchsucht. Laut Anklage fanden sie auf einem Schrank in seinem Zimmer hunderte von  Feuerwerkskörper verschiedener Gefahrenklassen, ein ganzes Lager von Krachern und Heulern. 

In Deutschland verboten: Solche Kugelbomben dürfen nur von Profis gezündet werden. Unsachgemäßer Umgang damit kann gefährliche Folgen haben (Symbolbild). 
Foto: Daniel Peter | In Deutschland verboten: Solche Kugelbomben dürfen nur von Profis gezündet werden. Unsachgemäßer Umgang damit kann gefährliche Folgen haben (Symbolbild). 

Der Beschuldigte bestreitet, die Kugelbombe gezündet zu haben. Der Fall verdeutlicht indes einen gefährlichen bundesweiten Trend. Immer häufiger werden solche illegalen Bomben bei Silvester-Feuerwerken gezündet und bringen Passanten und die Anzünder selbst in Gefahr. In diesem Jahr starben zwei Hobby-Feuerwerker dabei, die Forderung nach einem Böllerverbot wurde dadurch bestärkt. 

Verteidiger beklagt Verfolgungseifer: Handy ohne richterlichen Beschluss beschlagnahmt

Seit diesem Montag steht der damals 19-Jährige jetzt in Gemünden vor Gericht. Sein Verteidiger Norman Jacob kritisiert den Verfolgungseifer der Polizei. Das Handy seines Mandanten sei beschlagnahmt worden, obwohl es dafür keinen gültigen richterlichen Beschluss gegeben habe. "Die darauf gefundenen Dialoge mit einem Freund unterliegen einem Verwertungsverbot", protestiert der Anwalt. Richterin und Staatsanwalt sind anderer Meinung. Immerhin scheinen Sprachnachrichten darin auf Kenntnisse der Explosion am Petersplatz hinzuweisen.

Das Verfahren stockt gleich zu Beginn. Zusätzliche Zeugen werden benötigt. Der Prozess wird am 6. März fortgesetzt.

 
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  • Wolfgang Heß
    Respekt und Dank für die schnellen Ermittlung der Polizei.
    Die gefundenen Raketen sind ein sehr deutlicher Hinweis auf die Neigungen des Angeklagten. Aber was für ein Anwalt ist denn das? Sein Ziel ist es, den Angeklagten irgendwie frei zu bekommen, so dass das Geböllere weiter geht. Ich habe nur Verachtung für solche Juristen.
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  • Dietmar Eberth
    Ich will den Angeklagten und die Tat nicht verteidigen. Aber die Aufgabe eines Staatsanwaltes ist Angeklagten anzuklagen und der Verteidiger seinen Mandaten zu verteidigen. Dazu gehört es ggf. auch ob Beweise illegal beschafft wurden. Wir leben in einem der besten Rechtssysteme. Der Verteidiger muss ihnen nicht sympathisch sein.
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  • Harry Amend
    Und was warum werden Anwälte tätig? Richtig, weil sie dabei viel Geld verdienen können da sich ihre Provision nach der Summe richtet. Egal wie ein Verfahren ausgeht, Anwälte sind immer mit auf der Gewinnerseite, wäre dem nicht so würde sich so mancher Anwalt dreimal überlegen ob und wann er jemand verteidigt.
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  • Dietmar Eberth
    Das ist das "täglich Brot" von Anwälten, auch Angeklagte zu verteidigen und Geld zu verdienen ist jetzt auch nichts unanständiges in Deutschland. Provisionen gibt es in einigen Showprozessen. Ansonsten gibt es die Gebührenordnung. Der Mandant entscheidet selbst über seine Rechtsvertretung.
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