Erst hat die Stadt Aub 170 000 Euro für das Seniorenwohnheim Gollachtal geboten. Zu wenig, meinte der Kreistag zunächst. Das Gremium orientierte sich an einem Gutachten, das den Verkehrswert der Immobilie bei etwa 800 000 Euro sah. Und weil der Kreistag die landkreiseigene Immobilie nicht verscherbeln wollte, wurde die Stadt Aub gebeten, nachzulegen. Letztlich waren es 190 000 Euro. Der Kreistag nahm Anfang Dezember das Angebot an. Dem Verkauf an die Stadt Aub sollte nichts mehr im Wege stehen.
Verwaltungsgericht sollte Verkauf stoppen
Falsch gedacht. Kurz nach der Sitzung wollten die Kreisräte Wolfgang Kuhl (FDP) und Matthias Henneberger (ödP) die Entscheidung rückgängig machen. Ihrer Meinung nach lagen formale Fehler vor. Denn der Tagesordnungspunkt der nicht öffentlichen Kreistagssitzung habe nicht den Verkauf des Altenheims vorgesehen, sondern eine Nachnutzung. „Es wurde aber der Verkauf beschlossen“, so Matthias Henneberger.
Daraufhin schalteten Henneberger und Kuhl zunächst die Kommunalaufsicht beim Landratsamt ein. „Als wir dann hörten, der Landrat will sofort vollziehen, haben wir beim Verwaltungsgericht in Würzburg eine einstweilige Verfügung beantragt, um den Verkauf zu stoppen“, schildert Henneberger die Situation. Schließlich habe das Verwaltungsgericht mit dem Landratsamt Kontakt aufgenommen und gebeten, das Verkaufsgeschäft erst einmal nicht zu vollziehen. Auch die Rechtsaufsicht bei der Regierung von Unterfranken hat sich eingeschaltet.
Ein zweites, besseres Angebot, lag vor
Das Problem: Nachdem die Immobilie in Aub auf entsprechenden Portalen im Internet angeboten wurde, meldete sich ein zweiter Interessent. Ein in der Region bekannter Investor, der auch Wohnraum für Flüchtlinge anbietet, wollte das leer stehende Altenheim kaufen. Sein Angebot: 300 000 Euro. Er hätte sogar noch bis zu 50 000 Euro mehr gezahlt, sagt er im Gespräch mit der Redaktion. Und, dass er keinesfalls vorhatte, Wohnraum für Flüchtlinge zu schaffen, sondern für Studenten. Doch das kaufen ihm viele nicht ab. „Studentenwohnungen sind in Aub nicht realistisch“, sagt Bürgermeister Robert Melber (CSU).
Die Stadt ist weit weg von Würzburg, mit öffentlichen Verkehrsmitteln äußerst schwierig zu erreichen. „Wir denken über eine gewerbliche Nutzung der Immobilie nach“, sagt Melber. Er findet es auch schwierig, in dem Gebäude noch weitere Flüchtlinge unterzubringen. „Weil wir seit 35 Jahren bereits Asylbewerber in Aub beherbergen“, so Melber. Mehr als 190 000 Euro könne die Stadt auch nicht für die Immobilie zahlen, räumt der Bürgermeister ein. Dennoch will er mit der neuen Problemlage noch einmal seinen Stadtrat befragen.
Landkreisverwaltung hält nicht mehr am Verkauf fest
Die Regierung von Unterfranken beruft sich auf Artikel 69, Absatz 1 der Landkreisordnung. Demnach dürfen Vermögegensgegenstände in der Regel nur zu ihrem vollem Wert veräußert werden, teilt Pressesprecher Johannes Hardenacke mit. Im Fall des Seniorenwohnheims in Aub habe es neben dem zweiten Angebot noch ein Verkehrswertgutachten gegeben. Demnach sei die Immobilie zwischen 800 000 Euro und 1,2 Millionen Euro wert. An der Richtigkeit des Gutachtens hegt der Verwaltungsleiter des Landratsamtes auch keinen Zweifel. Es sei nur nicht bedacht worden, dass das Gebäude in Aub steht – und ein solcher Preis hier niemals zu erzielen sei, sagte Krug im Dezember.
Beim Verkauf „kommt es nicht auf dem vollen Wert an, sondern darauf, was man auf dem Markt erzielen kann“, so Hardenacke. Im Fall Aub wären es 300 000 Euro gewesen, also weit mehr als 190 000 Euro.
Die Landkreisverwaltung will nach entsprechenden Gesprächen mit der Regierung von Unterfranken nun nicht mehr am Verkauf festhalten. Der Kreistag soll nun noch mal damit befasst werden, lässt Landrat Eberhard Nuß mitteilen.
Manfred Ländner, CSU-Fraktionsvorsitzender, stößt das Vorgehen seiner beiden Kreistagskollegen sauer auf. „Die Entscheidung, das Gebäude an Aub zu verkaufen, war politisch richtig. Wir wollten damit auch den ländlichen Raum stärken“, sagt er.
FDP und ödP starten Transparenzoffensive
„Jetzt brauchen wir eine intelligente Lösung, die der Stadt Aub strukturpolitisch hilft und trotzdem die Vorgaben der Landkreisordnung einhält“, so Stefan Wolfshörndl, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Kreistag. Dabei räumt er ein, dass er auch kein Freund davon war, die Immobilie zu verschenken – aber im Hinblick auf die Situation in Aub brauchte es eine pragmatische Lösung.
„Das ehemalige Seniorenwohnheim in Aub kostet uns 70 000 Euro Unterhalt im Jahr“, sagt Christoph Trautner, Fraktionsvorsitzender der Grünen. „Deswegen müssen wir schnell eine Lösung finden.“ Ratlos ist er, wie diese aussehen kann. „Dann steht vielleicht der Abbruch an“, sagt er und verweist auf Ochsenfurt, wo das ehemalige Personalwohnheim der Main-Klinik nun der Abrissbirne zum Opfer fällt, weil es nicht rentabel ist.
„Wir wollen, dass alle Bieter fair und gleich behandelt werden“, sagt Kreisrat Wolfgang Kuhl (FDP). „Das sollte man sich bei einer erneuten Ausschreibung zu Herzen nehmen.“ Generell fordern Kuhl und Henneberger (ödp) einen anderen Umgang mit der Öffentlichkeit im Landkreis Würzburg. „Wir werden im Kreistag eine Transparenzoffensive starten, um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen“, so Henneberger. Auch die derzeit intensiv laufenden Planungen am Kreiskrankenhaus in Ochsenfurt wären besser in der Öffentlichkeit aufgehoben, kündigen Kuhl und Henneberger in einer Pressemitteilung an.