Eine Woche lang stand die Rolle der Frauen in der katholischen Kirche im Mittelpunkt, redeten im Marienmonat Mai viele Menschen über das Projekt "Maria 2.0". Die im westfälischen Münster entstandene Bewegung "Maria 2.0" ist ein Erfolg. Sie traf einen empfindlichen Nerv, reizte tausende Frauen zum Mitmachen, etliche Männer zeigten sich solidarisch. Die bundesweite Resonanz war im Norden und Westen hoch, in Bayern eher verhalten. Auch in Österreich und der Schweiz kam es zu Aktionen, ebenso in den USA. Und jetzt? Wie geht es weiter?
Die Forderungen der Initiatorinnen im Offenen Brief an den Papst sind nicht neu und weiter gültig. Dazu gehören: Zugang von Frauen zu allen Ämtern der Kirche, Aufhebung des Pflichtzölibats, Ausrichtung der kirchliche Sexualmoral an der Lebenswirklichkeit der Menschen. Um den Forderungen Nachdruck zu verleihen, sollte Katholikinnen in der Aktionswoche weder eine Kirche betreten noch ehrenamtlicher Dienst getan werden.
Die Kritik gegen die protestierenden Frauen aus dem konservativen Lager ist massiv
Was bleibt von "Maria 2.0"? Viele schöne Momente und Bilder, zum Beispiel aus Würzburg: Bischof Franz Jung besuchte die Frauen des Katholischen Frauenbundes bei ihrer Mahnwache vor dem Neumünster. Lachende Gesichter. Bunte Plakate. Auch eine gute PR für den Bischof. Er gehörte jedoch zu den wenigen, die bei einer der Aktionen präsent waren und Verständnis zeigten. Doch was bietet er konkret an?
Was ebenso bleibt – und noch anhält – sind massive Kritik und weitere Diskriminierungen aus dem konservativen Lager. Etwa am Mittwoch vom Augsburger Bischof Zdarsa. Seine Wortwahl ist entlarvend: Wer andere dazu aufrufen und ermuntert würde, "dem eucharistischen Herrenmahl am Sonntag" fernzubleiben, schließe sich de facto selbst von der eucharistischen Gemeinschaft aus. "Und reißt weitere mit sich", befürchtet er in einer Stellungnahme. Und: Es stehe jedem frei, die katholische Kirche zu verlassen.
Ähnliche Worte hörte kürzlich Schwester Katharina Ganz von den Oberzeller Franziskanerinnen. Auch der Papst meinte, wem die Offenbarung nicht passe, der könne ja gehen und eine neue Kirche gründen. Der Satz fiel in Rom gegenüber Ordensschwestern – und die Generaloberin hat ihn als das bezeichnet, was er ist: ein schlechter Witz.
"Maria 2.0" macht deutlich, wie tief die Gräben sind. Nicht jede katholische Gläubige will Gleichberechtigung sowie mehr Mitsprache, einige tragen lieber den männerbündischen Machtapparat mit. Etwa Johanna Stöhr, Initiatorin der Gegenbewegung "Maria 1.0".
Keine Erneuerung ist bislang von alleine vom Himmel gefallen
Was bleibt, sind auch die Klagen der Frauen von "Maria 2.0": über die Missbrauchsfälle, deren Vertuschung und Verdunklung durch Amtsträger, das Fehlen glaubhafter Entschuldigungen und echter Hilfe für alle, denen Gewalt angetan wurde.
Bei ihrem Treffen haben der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung Johannes-Wilhelm Rörig und der Missbrauchsbeauftragte der Bischofskonferenz Bischof Stephan Ackermann gemeinsam am Mittwoch mitgeteilt: Sie wollen sich bis zum Herbst auf verbindliche Regeln und einheitliche Kriterien über die Aufarbeitung einigen. Es bleiben Zweifel angesichts des unseligen Spiels auf Zeit. Die Missbrauchsstudie wurde vergangenen Herbst veröffentlicht. Der Ständige Rat der Bischofskonferenz tagte mehrmals zu diesem Thema in Würzburg. Die Erklärungen unterscheiden sich kaum zu der jetzigen, nur dass Rörig mit im Boot ist.
Was ist das Fazit dieser aufregenden Woche, in der sich Frauen kreativ Gehör verschafften? Nicht entmutigen lassen. Weiter tanzen, singen, beten. Nicht still bleiben. Keine Erneuerung, keine Strukturveränderung – egal auf welchem Gebiet – ist bislang alleine vom Himmel gefallen. Wenn "Maria 2.0" eine einmalige Aktion bleiben sollte, nur ein Strohfeuer war, dann wird sie zur Fußnote in der langen Ära der katholischen "Herrenkirche". Doch danach sieht es nicht aus.