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Würzburg
Kommentar: Die Impfpflicht für alle spaltet nicht, sie führt zusammen!
Beugt sich die Politik den Protesten der Straße? Das wäre fatal. Die Entscheidung über eine allgemeine Impfpflicht muss jetzt zügig getroffen werden, findet unser Autor.
Kann eine allgemeine Impfpflicht die Gesellschaft vereinen, weil sich ein Ausschluss von Ungeimpften damit erledigt?
Foto: Ole Spata, dpa | Kann eine allgemeine Impfpflicht die Gesellschaft vereinen, weil sich ein Ausschluss von Ungeimpften damit erledigt?
Andreas Jungbauer
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:59 Uhr

Kennen Sie auch dieses kindlich anmutende Verlangen nach heimeliger, heiler Welt zu Heiligabend? Die Sehnsucht, dass Menschen milde und gut sind miteinander. Fort mit Differenzen und Streit! Und so scheint auch die Bundesregierung an Weihnachten sanft einen Schleier gesellschaftlicher Harmonie über das Land ziehen zu wollen.

Wie sonst wären die Corona-Nicht-Beschlüsse, wie sonst wäre das Vertagen drängender Entscheidungen am Dienstag zu verstehen? Das Land soll zur Ruhe kommen. Jetzt bloß kein Aufstand mehr gegen einen neuerlichen Lockdown, keine Rebellion unterm Weihnachtsbaum!

Impfpflicht: Scheu vor Debatte und Entscheidung?

Und die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht, noch vor wenigen Wochen forsch von Vertretern aus fast allen politischen Lagern gefordert? Sie scheint für die Ampel gerade eine Randnotiz, erst die Länder haben etwas Druck in die Beschlussvorlage der Ministerpräsidenten-Konferenz gebracht. Man muss den Eindruck gewinnen, dass die Anti-Impfpflicht-Demonstrationen der vergangenen Wochen (nein, das sind KEINE "Spaziergänge"!) bei den Volksvertretern schon Wirkung erzielt haben. Als würde es manchen Abgeordneten mulmig bei dem, was noch an Widerstand kommen könnte.

Kapituliert die Politik am Ende vor dem Druck der Straße? Das wäre dann tatsächlich mehr als eine Schramme für Rechtsstaat und Parlamentarismus. Natürlich ist noch kein Beschluss zur allgemeinen Impfpflicht gefasst, der Bundestag soll Anfang des Jahres darüber diskutieren. Gerne in Ruhe, aber Zeit wird's! Worauf wartet die Politik eigentlich – außer auf Impfstoff? Alle Argumente pro und kontra liegen auf dem Tisch. Jetzt gilt es, die Debatte zeitnah und intensiv im Plenum zu führen, dem Herzstück unserer repräsentativen Demokratie.

Man darf die Auseinandersetzung nicht Radikalen, Populisten und rechten Rattenfängern überlassen, die auch Menschen mit ehrlichen Ängsten und berechtigten Sorgen für sich vereinnahmen und dem Staat am liebsten auf der Nase herumtanzen. Das zeigen die Katz-und-Maus-Spiele bei den unangemeldeten Protesten, unter anderem in Schweinfurt.

Politik muss Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit beweisen

Die Politik muss abwägen und gut erklären, warum eine Impfpflicht für alle hoffentlich der Ausweg aus der Pandemie ist – das schuldet sie nicht nur den Gegnern, sondern es dient dem gesellschaftlichen Frieden im Land. Solchen erhält man nicht durch Wegducken oder achselzuckende Verweise auf die ach so schwierige Umsetzung und Kontrolle. Es braucht inhaltliche Argumentation und dann eine Entscheidung, die steht. Zu Gunsten einer Impfpflicht für alle, weil nur sie ein wirklich gemeinschaftlicher Akt im Kampf gegen das Virus ist.

Was es dagegen nicht braucht: Angst. Weder vor einer lautstarken Minderheit auf der Straße, noch vor aufgeblasenen Filterblasen im Netz, noch vor einer drohenden Spaltung der Gesellschaft. Denn die gibt es in verschiedenen Facetten längst – nicht erst seit der Pandemie. Zusätzlich und ungewollt hat schon der bisherige Corona-Kurs zu einer Spaltung in Geimpfte und Ungeimpfte geführt, mit 2G-Regeln und moralischem Druck.

Verstärkt wird dies durch die zuletzt beschlossene Impfpflicht nur für Gesundheitsberufe. Natürlich wünscht man sich von Pflegekräften oder Rettungssanitätern ein besonderes Verantwortungsgefühl. Aber auch dieses Personal ist nur Abbild der Gesellschaft, und seien die Vorbehalte gegenüber einer Impfung noch so irrational.

Umso wichtiger, dass die Impfpflicht für alle Erwachsenen bald kommt. Sie nimmt Entscheidungsdruck aus den Familien, Beziehungen, Vereinen, Einrichtungen. Sie steht für Gleichbehandlung und eine solidarische Gemeinschaftsleistung. Sie kann Knoten lösen, wo sich Menschen in ihrer Besorgnis verrannt haben. Im besten Falle ist sie ein Befreiungsschlag, der nicht weiter spaltet, sondern vereint – und langfristig befriedet.

 
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Kommentare
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  • R. E.
    Das ist nur noch bedingt als Kommentar zu bezeichnen. Es vielmehr die eine Seite der Impf-Diskussions-Medaille - die Meinung von Herrn Jungbauer. Das ist im Prinzip okay, in der Mainpost abgedruckt jedoch natürlich sehr prominent. Meine Meinung ist eine andere. Weniger prominent, aber meine.
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  • B. T.
    Anstatt zu lamentieren über den Kommentar von Herrn Jungbauer, hätten Sie hier Ihre eigene Meinung- ebenfalls prominent- als Kommentar veröffentlichten können. Haben Sie aber nicht getan. Selbst schuld! Die Mainpost gab Ihnen eine Chance, die Sie nicht genutzt haben. Beklagen Sie sich bei sich selbst!
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  • M. W.
    Die journalistische Stilform „Kommentar“ bildet aber genau das ab: Die Meinung des Verfassers.
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Scheinbar war es wirklich notwendig, dass die tagesschau(oder Tagesthemen?) nun einen Kommentar mit Meinung kennzeichnet...
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  • B. T.
    Ich kann dem Autoren zum größten Teil nur zustimmen. Wer zu schwach oder zu feige ist, dem idiotischen Widerstand einer Minderheit mit breiter Brust standzuhalten, der hat in der Politik nichts verloren. Unsere Gesellschaft ist aber nicht gleich gespalten, nur weil es diese Minderheit gibt! Das ist eine völlige Übertreibung von Politik und Presse. Ein Tisch ist auch nicht gleich zerbrochen, nur weil ein kleines Stück Holz an ihm fehlt! Eine Gesellschaft ist nie zu 100% derselben Meinung, das hat mit Spaltung rein gar nichts zu tun! Und in einer Demokratie entscheidet nunmal die Mehrheit und nicht irgendwelche Sektierer. Und die Mehrheit will die allgemeine Impfpflicht. Weil sie der einzige Weg aus der Pandemie ist. Die Politik hat jetzt endlich entsprechend zu handeln!
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  • A. F.
    Der Virus ist ein FEIND aus der Natur der die gesamte Menschheit angreift.
    Warum müssen wir uns so gegeneinander anfeinden und bekriegen, anstatt den Angreifer gemeinsam zu bekämpfen.
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  • A. H.
    Da wehrt sich wohl gerade die Natur gegen den Menschen. Wenn das so ist wette ich auf die Vieren.
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  • D. E.
    Ich setze auf Menschheit, gibt es schon einige Millionen Jahre.
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  • G. K.
    Die Viren sind vermutlich älter als das Leben an sich auf unserem Planeten …
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  • D. E.
    Bleibt dabei: ich setze auf Menschheit

    Viren haben es in Milliarden Jahren nicht verhindert die Menschen zu verhindern.
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  • N. K.
    Das heißt also, sie wollen die Menschen dazu verdonnern, die nächsten Jahre (oder Jahrzehnte?) sich alle 3 bis 6 Monate ein Spritze abzuholen?
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  • D. E.
    "... die nächsten Jahre (oder Jahrzehnte?) sich alle 3 bis 6 Monate ein Spritze abzuholen..."

    Das sagt kein einziger Virologe. Woher Wissen Sie das?

    Vielleicht kommen auch zukünftig andere Schutzmaßnahmen, zb zusammen mit Grippeschutzimpfung, oder gleich in die zentrale Wasserversorgung, oder als Duftmittel in die Klimaanlage oder wie Jod in Lebensmitteln zum vermeiden von Kropf.

    Keiner weiß es, auch ihre Panikmache hilft da nicht weiter. Jetzt machen wir erstmal die Impfpflicht.
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  • D. B.
    Es sagt aber auch keiner das es nicht so ist.
    Im Moment ist es so das die Wirkung der Impfung nach drei Monaten stark nachlässt.
    Es werden auch immer wieder neue Varianten kommen wie bei der Grippe.
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  • L. W.
    @ Bandan68

    Und es tut nicht weh, sich einmal im Jahr auch die Grippe Impfung aufzufrischen.
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  • N. K.
    Das machen i.d. Regel nur die gefährdeten Gruppen -also meist die älteren
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  • L. W.
    @91189

    Corona ist halt auch für Jüngere gefährlicher als die klassische Grippe, quasi ist also jeder Erwachsene gefährdet.
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  • D. E.
    "Das machen i.d. Regel nur die gefährdeten Gruppen -also meist die älteren"

    Wir machen das auch in der Familie - egal ob alt oder jung - um sich gegenseitig zu schützen.
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  • G. K.
    @Bandan68:

    Und? Was ist für Sie die Konsequenz aus dieser Erkenntnis?
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  • T. M.
    Liest sich hier aber etwas anders:

    https://www.mainpost.de/ueberregional/politik/brennpunkte/wuest-stellt-buerger-auf-corona-einschraenkungen-fuer-2022-ein-art-10705396
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  • D. E.
    "Liest sich hier aber etwas anders:"

    Nein. Sie haben nur die Hälfte gelesen: "... Hendrik Wüst (CDU), wird sich die Pandemie auch KOMMENDES JAHR stark auf den Alltag in Deutschland auswirken..."

    Das ist eine Binsenweisheit, kommendes Jahr beginnt schon in 6 Tagen und ist ein erheblicher Unterschied zu "die nächsten Jahre (oder Jahrzehnte?)" von 91189
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