Man kann an diesem Abend viel kritisieren: Ein Vortrag, der so komplex war, dass er eher in einen Hörsaal gehört hätte als auf eine Veranstaltung für eine trauernde Stadtbevölkerung. Ein Zeitmanagement für einen "Gesprächsabend", in dem neben dem Podium kaum einer zu Wort kam. Eine Veranstaltungsankündigung, die die Zuhörenden mit so unterschiedlichen Erwartungen kommen ließ, dass diese zwangsläufig teilweise enttäuscht werden mussten. Eine Sprache der Podiumsgäste, die vielleicht hier und da zu technisch, zu wissenschaftlich war und nicht jeden da abholen konnte, wo er gerade in seiner Verarbeitung steht.
Aber man muss auch bedenken: Der Abend in der Domschule war nur einer von vielen Programmpunkten an diesem Wochenende des Jahrestages der Messerattacke. Es gibt sie, die Schweigeminuten, die Andachten, die Möglichkeiten, die Opfer zu betrauern, die Benefizaktionen und -konzerte. Und letztlich auch einen Gerichtsprozess, dessen Prozessdauer wohl auch deshalb so lang gewählt ist, um den Opfern genügend Raum zu geben.
Die Veranstalter des Abends hatten es sich auf die Agenda geschrieben, gemeinsam nachzudenken, wie mit den Folgen der Tat umgegangen werden kann. Ein fast schon philosophischer Anspruch, dessen Zeitpunkt, Rahmen und Umsetzung zurecht kritisiert werden darf. Und dennoch: Die gestellten Fragen sind wichtig, sogar essentiell für eine Stadt nach einer solchen Tragödie. Und zum Nachdenken darüber gehört es zwangsläufig auch, rechtsradikale Hetze gegen Geflüchtete zu thematisieren. Auch wenn das zur Folge hat, dass nicht jeder eine solche Veranstaltung zufrieden verlässt.