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Würzburg
Kommentar: Der Fall Würzburg entlarvt Defizite der Corona-Politik
Das Lockerungschaos im Landkreis Würzburg zeigt Schwächen der Bayerischen Corona-Vorgaben, findet unser Autor. Wo das Problem liegt und was besser funktionieren müsste.
Kommentar: Der Fall Würzburg entlarvt Defizite der Corona-Politik
Foto: Andreas Gebert, dpa
Aaron Niemeyer
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:53 Uhr

Chaos bei den Corona-Regeln ist in der Region Würzburg längst keine Seltenheit mehr: Erst traf es nach der Bundesnotbremse die Stadt, nun hat es den Landkreis Würzburg erwischt. Das Lockerungs-Wirrwarr im Landkreis entlarvt vor allem eines: Die bayerische Regierung hat mit ihrer Politik den Anschluss zur Lebensrealität in der Region verloren.

Seit vielen Tagen hält sich die Corona-Inzidenz im Landkreis auf niedrigem Niveau, zeitweise sanken die Werte rapide. Dass die Inzidenz wahrscheinlich unter 50 sinken würde, war klar ersichtlich. Auch klar war, dass der Landkreis die Lockerungen beantragen würde, die die Infektionsschutzverordnung vorsieht. Schließlich warteten die Menschen in der Region seit Langem sehnsüchtig darauf.

Wie kann es also sein, dass das Gesundheitsministerium mit der Freigabe bis zum letzten Augenblick zögert? Und warum wurde mit Freitag statt Donnerstag anscheinend willkürlich ein neues Datum gewählt? Der Würzburger Antrag ist am Dienstag im Ministerium eingegangen. Es ist nicht verständlich, warum das Ministerium zwei Tage für eine Freigabe veranschlagt.

In der Infektionsschutzverordnung fand sich bis Donnerstagfrüh keine Begründung für das Vorgehen des Ministeriums. Damit werden etwa all jene Sportvereine in der Region vor den Kopf gestoßen, die sich bei ihrer Planung auf geltendes bayerisches Recht verlassen haben.

Regierung muss eigenem Anspruch gerecht werden

Fassungslos macht der nächste Schritt der Regierung. Nachdem der Landkreis unter Druck noch am Mittwochabend ein neues Regelwerk verkündete, war dies bereits am Donnerstag obsolet. Die Infektionsschutzverordnung war zwischenzeitlich geändert worden. Laut neuer Fassung waren auf einmal weiterführende Öffnungen frühestens ab Freitag offiziell vorgesehen.

Es scheint, als habe die Regierung nachträglich ihr zögerliches Vorgehen legitimieren wollen. Gegenüber der Redaktion rechtfertigt sich das Ministerium: "Da sich das Pandemiegeschehen laufend ändert, sind oftmals mit kurzem Abstand Anpassungen an den erforderlichen Schutzmaßnahmen vorzunehmen."

Das stimmt. Jetzt muss die Politik diesem Anspruch nur noch gerecht werden und den lokalen Behörden ausreichend freie Hand geben. Die weiteren Lockerungen, über die laut Verordnung lokal entschieden werden soll, müssen auch schnell und unbürokratisch möglich sein.

 
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Kommentare
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  • zumkeller
    Warum müssen Lockerungen , die das Infektionsschutzgesetz anhand von objektiven Zahlen exakt vorsieht, vorher überhaupt noch beantragt werden ?
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  • daniel.englbauer@churchsol.de
    Mir geht in diesem Kommentar zu vieles durcheinander. Ministerium und Regierung sind einfach zweierlei und gehören sauber unterschieden: Legislative das eine, Exekutive das andere. Wenn es im Gesundheitsministerium zu lange dauert, um Anträge zu bearbeiten, liegt das in der Verantwortung des Amtschefs, der Referatsleiter und Sachbearbeiter, aber sicher nicht an Kabinett und Landtag (vulgo: Regierung). Und wenn es doch so wäre, wäre das ein Skandal und gehörte anders journalistisch aufgegriffen als in einem kurzen Kommentar.
    Ganz abgesehen davon: wie lange mussten andere Landkreise auf Genehmigung aus dem Ministerium warten? Für eine Einordnung dessen, was der Würzburger Landrat schildert, wäre das nicht unerheblich.
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  • klafie
    ich geb zwar steve67 nicht immer recht, aber dieses mal hat er. es ist viel wahlkampfgetöns bei der coronalage dabei. man(n) will sich zwar immer neu provilieren mit versprechungen, heute so, dann morgen so. impfstoff für alle, geimpft bis september die ganze republik, dass ich nicht lache! wäre nicht verkehrt, wenn so manch großkozigen mal die opositionsbank drücken müssten und in den nächsten 4 jahren dann überlegen, was sie falsch gemacht haben!
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  • steve67
    Wenn man jetzt gerüchteweise hört, dass die sogenannte Bundesnotbremse über die Bundestagswahlen hinaus verlängert werden soll, dann gewinnt man den Eindruck, dass die Politik gar nicht Willens ist, Lockerungen zuzulassen und genau das kann auch diese Nicht-Entscheidungsfreudigkeit der Behörden erklären.
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  • Waltero23
    Mit Vermutungen, Hörensagen und Behauptungen versucht Ängste zu schüren ist das schon ziemlich erbärmlich
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  • jlattke
    Ich sehe das anders. Der eigentliche, psychologisch zermürbende Faktor ist die Salamitaktik und diese „ein Schritt vor und zwei zurück“-Hund-und-her-Methode. Man muss sich nur die Kurven des Infektionsgeschehens und die Mafnahmenzeitpunkte auf einer Timeline darstellen um den Dreiklang Lockerung-Infektionsgeschehen-Verschärfung zu erkennen. Das macht doch wenig Sinn. Ja auch ich sehne mir endlich Lockerungen herbei. Und freue mich über jedes bisschen Freiheit. Und trotzdem stagnieren erstens die Zahlen in Würzburg und möchte ich zweitens nicht weiter dieses Ping-Pong aus Lockerung/Verschärfung erleben. Lieber sehr zögerlich Öffnen, wenn es im Gegenzug nachhaltiger und verlässlicher ist! Es ist nicht mehr wirklich lang. Das bisschen werden wir nach der ganzen Zeit jetzt auch noch ertragen …
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  • kritischerbeobachter
    Genau so ist es, jlattke. Wenn man sich die seit einer Woche brechend volle Innenstadt von Würzburg und die damit einhergehenden wieder nicht unerheblich ansteigenden Zahlen (von 56 auf 78) ansieht, merkt man, dass wir uns lange noch nicht in Sicherheit wiegen können. Hoffentlich bleiben die Leute vorsichtig - wobei ich in diesem Punkt eher wenig zuversichtlich bin.
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