Ein Schauder lief einem über den Rücken, als Thüringens AfD-Vorsitzender Björn Höcke in der Ferne am Barbarossaplatz zu sehen war. Ein angenehmer Schauer war es, als am Nachmittag die AfD-Anhänger unverrichteter Dinge ihre Mini-Bühne wieder abbauten. Das ist der Verdienst von gut 3000 Menschen, die am Sonntagnachmittag den Rechtsextremisten Höcke im wahrsten Sinne des Wortes aus der Stadt vertrieben haben.
Wo war eigentlich die CSU?
"Wir brauchen keine Demagogen und Wahlkämpfer, die am Gedenktag der Messerattacke anreisen und uns erklären, was an diesem Tag passiert ist." Das hatte am Freitag Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt (CDU) in einer Pressemitteilung erklärt. Schade, dass weder er noch weitere führende CSU-Politiker und Politikerinnen zu sehen waren und sich zusammen mit der Stadtgesellschaft Höcke und seinen wenigen Anhängern in den Weg stellten.
Würzburg hat am Wochenende deutlich gezeigt, wie bunt die Stadt ist. Der Christopher Street Day am Samstag und der Protest gegen die AfD stehen dafür: Hier haben weder Rechtspopulismus noch Homophobie eine Chance.
Vertreiben wir also wieder politisch anders Denkende aus der Stadt?
Wirklich gut finde ich, dass durch die Gegendemonstration klar Stellung bezogen wurde zur Kundgebung der AFD, jedoch leisten solche Kommentare wohl jedem demokratischen Grundverständnis einen Kainsdienst.
Sie werden nicht länger ignoriert sondern eifrig in den Mittelpunkt des Interesses gezerrt. Ein solcher Rummel ist werbetechnisch nahezu unbezahlbar. So wird auch die Aufmerksamkeit von immer mehr Protestwählern auf diese Gruppierung gelenkt, die zum Teil erstmals zur Wahl gehen, weil sie eben nun eine Möglichkeit aufgezeigt bekommen, "das System" zu ärgern.
Früher hätten die weiter bierselig, dröge und träge vor sich hingemault und sich gar nicht erst zum Urnengang aufgerafft. Auch der saturierte und wohl kalkurierende Mittelstand sieht so eine Chance wie er seine Stammparteien unter Druck setzen und ihnen mal "die Instrumente zeigen" kann.
An der causa Sonneberg sieht man ja auch wieder: je mehr Rummel, je mehr mediale Aufmerksamkeit und je mehr Emotionen, desto mehr Stimmen für Höcke und seine Partei.
Vermutlich hat er das genau so einkalkuliert. Sein Hauptziel war die Feier in Sonneberg und nicht die Rede in WÜ.
Warum werden am 25.6. eigentlich überhaupt Kundgebungen/ Demos etc. genehmigt? Hat man als Stadt keine juristische Handhabe, dem
Missbrauch dieses abscheulichen Verbrechens einen Riegel vorzuschieben?
Und die die es nicht einsehen sind einfach nur zu ungebildet!
Hat man bei den Landratswahlen in Sonneberg sehr gut gesehen. Es gab einen Zusammenschluß aller demokratischen Parteien und umfangreiche mediale Warnungen.
Wie erhofft ist die Wahlbeteiligung sehr stark gestiegen und der AfD-Kandidat gewann dennoch.
Das läßt sich nur dadurch erklären, dass viele Protestwähler die Aufrufe als "Wahlempfehlung" angesehen und nach dem Motto "jetzt erst recht(s)" für die Populisten votiert haben.
In der heutigen medialen Welt ist Aufmerksamkeit das "A" und "O", und Wahrgenommenwerden unabdingbar für den Erfolg. Daher ignoriere ich fade und unwichtige Leute nach Möglichkeit und lasse mich nicht großartig auf Schaukämpfe ein, die ihnen nur unnötige Bedeutung verleihen.
Wer aber frustiert ist und es "denen da oben" mal so richtig zeigen will ist sicher dankbar dafür, wenn die Zivilgesellschaft ihm (naiv und unfreiwillig) Wege wie das zu bewerkstelligen ist aufzeigt.