
Der Sachverhalt ist hochemotional, die Beweisführung am Landgericht Würzburg reichte tief in die Privatsphäre der Angeklagten. An diesem Montag nun haben die Staatsanwaltschaft und die Verteidiger - nicht öffentlich - ihre Plädoyers zur mutmaßlichen Misshandlung von Kindern in der Kita Greußenheim vorgetragen.
Eine 30-jährige Erzieherin wird beschuldigt, vorsätzlich brutal mit Kindern umgegangen zu sein. "Rohe Misshandlungen" wirft die Anklage der 30-Jährigen vor. Sie soll zwischen September und Dezember 2021 immer wieder Kleinkinder "gequält" haben. Ihre 37-jährige ehemalige Vorgesetzte ist wegen Beihilfe durch Unterlassung angeklagt.
Die Staatsanwaltschaft sehe die meisten Anklagepunkte als erwiesen an, teilte die Sprecherin des Würzburger Landgerichts am Nachmittag auf Anfrage mit: "Für die hauptangeklagte Erzieherin hat sie eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten sowie ein Berufsverbot gefordert", so Richterin Martina Pfister-Luz. Für die zweite Erzieherin habe Staatsanwalt Ingo Krist eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung gefordert.

Die Plädoyers waren unter Ausschluss der Öffentlichkeit erfolgt. Am Freitag hatte ein Gutachter die Schuldfähigkeit der beiden Angeklagten beurteilt und war dabei detailliert auf ihre teils labile psychische Verfassung eingegangen. Seine Beurteilung der 37-Jährigen hatte der Sachverständige öffentlich vorgestellt. Bei der Beurteilung der 30-Jährigen war die Öffentlichkeit auf Antrag ihres Verteidigers ausgeschlossen worden.
Verteidiger: Vorwürfe am Landgericht Würzburg "völlig übertrieben dargestellt"
Der Verteidiger der 30-Jährigen, Hanjo Schrepfer, habe am Montag eine Geldstrafe beziehungsweise eine niedrige Bewährungsstrafe gefordert, teilte Gerichtssprecherin Pfister-Luz mit. Er hatte in der Verhandlung argumentiert, dass es Vorfälle gegeben habe - jedoch nicht vorsätzlich und nicht mit der von der Staatsanwaltschaft beschriebenen Brutalität. Seine Mandantin hatte abgestritten, Kinder misshandelt zu haben.
"Für mich hat sich nach durchgeführter umfangreicher Beweisaufnahme herausgestellt, dass die angeklagten Fälle in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht völlig übertrieben dargestellt wurden", sagte Schrepfer am Montag auf Anfrage. Für ihn wäre eine Freiheitsstrafe "in keinster Weise mehr nachvollziehbar".
Verteidiger Norman Jacob habe für seine Mandantin eine Geldstrafe von maximal 140 Tagessätzen gefordert, erklärte die Gerichtssprecherin. Der Anwalt selbst sagte, der Fokus seiner Mandantin liege weniger auf der zu erwartenden Strafe. Der 37-jährigen Erzieherin sei daran gelegen gewesen, Transparenz für die betroffenen Eltern zu schaffen: "Dies hat sie aus meiner Sicht getan."
Die 37-jährige Erzieherin ist geständig und Hauptbelastungszeugin im Verfahren. Sie hatte angegeben, aufgrund psychischer Probleme nicht eingeschritten zu sein. Weite Teile der Anklage beruhen auf ihren Schilderungen. Die hatten sich im Verfahren teilweise als ungenau herausgestellt, decken sich insgesamt jedoch mit den Zeugenaussagen betroffener Eltern und einer Kita-Mitarbeiterin, die Vorfälle beobachtet hatte.
Staatsanwalt: Hintergründe mit "größtmöglicher Akribie aufgearbeitet"
"Es war wichtig, dass gerade bei vorgeworfenen Straftaten zum Nachteil von Kleinkindern im beschützenden Umfeld 'Kindergarten' der Sachverhalt sowie die Hintergründe mit der größtmöglichen Akribie aufgearbeitet werden", fasste Staatsanwalt Ingo Krist das Verfahren nach seinem Plädoyer auf Anfrage zusammen. "Dies ist aus Sicht der Staatsanwaltschaft gelungen."
Die öffentliche Urteilsverkündung am Landgericht Würzburg ist für Freitag, 10. Mai, um 11 Uhr angesetzt.