Durch die Strukturreform in den Diözesen werden viele kleine Pfarreien in immer größeren Verbünden zusammengeschlossen. Die Bezeichnung „XXL-Pfarreien“ macht die Runde, etwa im Bistum Trier. Für das Bistum Würzburg schließt Bischof Franz Jung derart große Fusionen zwar aus, aber auch in Würzburg sind umfassendere Einheiten das Ziel der „Pastoral der Zukunft“. Zuletzt war von rund 40 Territorien die Rede.
Bislang verwaltet jede Pfarrei ihr Vermögen, das in eine Stiftung eingebracht ist, selbst - in der Kirchenverwaltung. Wie können sich Zusammenschlüsse zu Großpfarreien auf die Vermögensstruktur auswirken? Werden die vielen Kirchenstiftungen angesichts rückläufiger Einnahmen auf Diözesanebene zentralisiert? Matthias Pulte, Professor für Kirchenrecht und kirchliche Rechtsgeschichte an der Universität Mainz und ein ausgewiesener Experte für kirchliches Vermögensrecht, erläutert, was möglich ist.
Frage: Im Bistum Augsburg wurden vor einigen Monaten die Pfründestiftungen zentralisiert. Begründet wurde diese Zusammenführung kirchlichen Vermögens mit einer zeitgemäßen Verwaltung und Entlastung der örtlichen Verwaltung. Manche sollen das als eine Art Enteignung durch den Ortsbischof empfunden haben.
Matthias Pulte: Für Pfarreien ist das bitter. Aber entgegen geäußerten Mutmaßungen sind Zentralisierungen auf Diözesanebene weder nach staatlichem noch nach kirchlichem Recht unzulässig. Da es sich bei Pfründen um Kirchenvermögen handelt, hat der Ortsbischof die oberste Aufsicht.
Und die örtlichen Verwaltungsmitglieder haben kaum noch Mitspracherecht?
Pulte: Wenn Pfründe oder Vermögensfonds zusammengelegt werden, dann gehen die Inhaber des Vermögens sozusagen leer aus. Und sie haben auch an der Verwaltung keinen Anteil mehr. Verständlich, dass sie sich ausgehebelt fühlen.
Besteht die Möglichkeit, zentral verwaltetes Pfründevermögen für andere Zwecke zu verwenden, etwa zum Abbau von Fehlbeträgen in Bilanzen?
Pulte: Pfründe dienen der Klerikerversorgung und Besoldung. Dieser Stiftungszweck hat eine sehr lange Tradition – und muss auch bei einer zentralen Verwaltung weiterhin beachtet werden.
Wie sieht es bei den Kirchenstiftungen aus, die für Vermögensverwaltung und Gebäudeunterhalt in der Pfarrei zuständig ist? Kann deren Vermögen ebenfalls in eine zentrale Verwaltung übergehen? Und kann der Ortsbischof darüber verfügen wie es ihm beliebt?
Pulte: Von Bistumsseite bestehen sicher Wünsche nach einer Zusammenlegung, weil sich die kirchlichen Strukturen überall deutlich verändern. Wenn immer mehr Pfarreien zusammengelegt werden, stellt sich die Frage, was mit deren kleinteiligen Vermögensmassen geschehen soll. Wenn eine Großpfarrei entsteht, die aus acht früheren Pfarreien gebildet wurde, dann kann man das Vermögen so verwalten wie bisher – also jede Gemeinde für sich. Oder aber man führt die Vermögen in einen einheitlichen Vermögensfond zusammen. Das kirchliche Gesetzbuch von 1983 empfiehlt diese Maßnahme.
Welche Gestaltungsmöglichkeiten bleiben Kirchenverwaltungsmitgliedern bei einer Zentralisierung?
Pulte: Die bisherigen Verwaltungsgremien müssen angehört werden und meines Erachtens auch ihre Zustimmung geben. Diebayerische Stiftungsordnung berücksichtigt hier nicht hinreichend die kanonischen Normen über das Eigentumsrecht. Gegen den Willen einer Kirchenverwaltung können aus kanonischem Recht die Vermögen der Gemeinden nicht zu einem diözesanen Fond fusioniert werden, denn die Verwaltung steht dem zu, dem das Vermögen gehört. Die Mitwirkungsrechte kann der Ortsbischof den Verwaltungsmitgliedern nicht ohne weiteres entziehen – außer es herrscht in einer Gemeinde Misswirtschaft oder eine Veruntreuung des Kirchenvermögens. Oder es geht ein langer Prozess zu Ende - wie die Pfarreienreform. Dann gibt es die Möglichkeit, eine verweigerte Zustimmung einer Kirchenverwaltung zu ersetzen.
Im Zweifel hat der Bischof das letzte Wort?
Pulte: Er steht an der Bistumsspitze, verantwortet Reformen und führt die Vermögensaufsicht. Ein Kernproblem ist: Kirchenverwaltungen können nach dem bisher geltenden Kirchenrecht nur sehr schwer ihre Auffassung durchsetzen, wenn das Ordinariat andere Ziele hat als sie. Die katholische Kirche in Deutschland hat keine Verwaltungsgerichtsbarkeit, an die man sich wenden kann. Nur so ließe sich überprüfen, ob die Verfügung eines Bischofs rechtmäßig zustande gekommen ist oder nicht. Und der Staat hält sich raus, weil das eine autonome Entscheidung der Kirche ist.
Stiftungen sind Körperschaften – auch nach weltlichem Recht.
Pulte: An diesem Punkt könnte ans weltliche Recht angeknüpft werden. Aber die Gerichte werden sich nicht einmischen. Ein Bundesverfassungsrichter hat es einmal treffend formuliert: Aufgrund des im Grundgesetz verankerten Neutralitätsgrundsatzes ist der Staat auf dem religiösen Auge blind. Das trifft auch auf den Bereich der Kirchenstiftungen und deren Vermögensverwaltung zu.
Kirchenverwaltungsmitglieder sehen das womöglich eher unter dem Gesichtspunkt Gewohnheitsrecht: „Das haben wir schon immer so gemacht“.
Pulte: Das zeigt die hohe Identifikation mit der eigenen Gemeinde, die zum Beispiel in ländlichen Regionen wie in Unterfranken meist hoch ist. Es zählt: Wir haben solide gewirtschaftet. Wir haben keine Schulden. Und das wollen wir auch in Zukunft weiter sicherstellen – und nicht für andere Gemeinden unser Vermögen hergeben. Das sind legitime Anliegen. Aber nur in emotionaler, nicht in kirchenrechtlicher Hinsicht.
Und der Bischof muss sich vor niemanden rechtfertigen?
Pulte: Wenn er Veränderungen vornimmt, dann muss er das nur der staatlichen Aufsichtsbehörde anzeigen, also dem Kultusministerium. Das genügt. Mit den örtlichen Kirchengremien muss der Bischof nicht verhandeln. Diesbezüglich gibt es keine Rechtspflicht. Höchstens eine moralische Pflicht. Es zeigte sich jedoch immer wieder: Nicht nur Bischöfe, sondern auch ihre Mitarbeiter haben bisweilen über viele Jahrzehnte ihren Verantwortungsbereich nach Gutsherrenart geführt.
Und die Unzufriedenheit der Gemeindemitglieder in Kauf genommen?
Pulte: Auf wissenschaftlicher Ebene haben nahezu alle Kirchenrechtler immer schon darauf gedrängt, diesbezüglich Offenheit walten zu lassen. Eine intransparente Vorgehensweise hat immer das Geschmäckle der Rechtswidrigkeit. Die Gemeinden sind dann nicht mehr bereit mitzugehen. Die Bistumsleitung muss die Menschen aber mitnehmen - und ihre Entscheidungen transparent machen, wenn die Kirche auch hier nicht ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel setzen will.
Was spricht für eine Zentralisierung von Vermögen aus Kirchenstiftungen?
Pulte: Sie kann für mehr Synergien sorgen, die im Hinblick auf die Vermögensentwicklung der Kirche wahrscheinlich auch richtig und wichtig sind. So lässt sich kleinteiliges Anlagevermögen in der Niedrigzins-Zeit nicht unter so guten Optionen anlegen wie eine größere Vermögensmasse. Das ist jedoch weniger eine kirchenrechtliche als eine kirchenpolitische Entscheidung. Aus pastoraler Sicht ist es gut, wenn die Zahl der Sitzungen für die Seelsorger abnimmt, damit sie frei sind für ihre eigentlichen Aufgaben.
Da ist es sogar sinnvoll, dies den örtlichen Gremien abzunehmen.
und zweitens: Selbst, wenn hier Kirchenstiftungen fusioniert WÜRDEN (wovon ich in Würzburg noch niemanden aktuell habe reden hören!), bliebe das Geld immer noch in der neuen Kirchenstiftung - und nicht irgendwo anders!
Wenn auf dem Land beispielsweise im Grabfeld acht kleine Kirchenstiftungen zu einer großen Kirchenstiftung fusioniert würden, hätte eine große Kirchenstiftung in Schweinfurt GAR NICHTS davon!
bislang diese katholischen Kirchenstiftungen verwaltet wurden konnte man bei der Aufklärung des Skandals um den Dienstsitz des Bischofs Tebartz van Elst in Limburg sehen. Um seinen Bau für ca. 35 Mio. € zu finanzieren wurde auch eine Stiftung für den sozialen Wohnungsbau in Frankfurt um mehr als 6 Mio. € erleichtert.
Bei dieser jetzt anstehenden Zusammenlegung von Pfarreien werden viel bislang gut situierte Landpfarreien sicher zu Gunsten ärmerer Pfarreien in der Stadt verlieren.