Seit mehr als 35 Jahren sind die Hahns aus dem mittelfränkischen Bad Windsheim Festwirte, seit mehr als zehn Jahren sind Firmenchef Michael Hahn seine Mutter Ilse auch vertraute Gesichter in den Festzelten des Frühjahrsvolksfestes und von Kiliani auf der Würzburger Talavera. Beide Veranstaltungen fielen in diesem Jahr, wie fast alle anderen Feste in Bayern auch, der Corona-Pandemie zum Opfer. Wie geht es einem Festwirt, dem von heute auf morgen die Geschäftsgrundlage entzogen wurde?
Michael Hahn: Von Corona ist im Grunde jeder betroffen. Gesundheitlich geht es uns und unserem Umfeld recht gut. Zum Glück, da leiden wir im Vergleich zu anderen Menschen, die krank sind, immer noch auf einem recht hohen Niveau.
Hahn: Nun ja, dieses Jahr ist für uns betriebswirtschaftlich gesehen eine Katastrophe, das ist keine Frage. Zum Glück haben wir in den Vorjahren sehr solide gewirtschaftet, deshalb steht unsere Firma immer noch gut da.
Hahn: Eigentlich alle Veranstaltungen und alle Feste. In Würzburg das Frühjahrsvolksfest und das Kiliani, auch die zwei Dulten in Regensburg in vergleichbarer Größe zu Würzburg konnten nicht stattfinden, das Volksfest in Schweinfurt und das Crailsheimer Volksfest wurden ebenso abgesagt. Das Crailsheimer Fest ist als zweitgrößtes Volksfest in Baden-Württemberg deutlich größer als Kiliani, da fasst das Festzelt 7000 Personen. Im Vergleich dazu haben wir "nur" 4000 Plätze auf Kiliani. Dazu kommt das Catering für Firmenveranstaltungen oder Stadtfeste und solche Dinge. Das alles war auf einmal weg.
Hahn: Wir haben einige Verkaufsstände vor Supermärkten betrieben, weil wir uns dachten, wenn alles schließen muss, die bleiben offen. Da gab es unsere typischen Festschmankerl "to go". Also die Klassiker, die man sich man sich zu Hause im Grunde nicht macht und auf die man sich bei einem Fest freut, wie Schaschlik oder die Festzelthähnchen zum Beispiel. Damit konnten wir ein bisschen kompensieren und das machen wir zum Teil immer noch. Und dann konnten wir noch das eine oder andere Zelt vermieten, dieses Standbein haben wir ja auch. Die werden als Lager oder für Firmen und Einrichtungen genutzt, die wegen Corona mehr Platz gebraucht haben.
Hahn: Das ist eine ganz andere Größenordnung als die, für die wir ursprünglich ausgelegt sind. Aber es ging ja auch um ein Signal an die Mitarbeiter, die Partner und die Kunden. Für mich war von Anfang an klar, mich einfach zurücklehnen und das Elend verwalten und sagen, irgendwann ist es vorbei, das wollte ich auf keinen Fall. Bei uns herrscht bis zum heutigen Tag Leben in der Bude, wir arbeiten und wirtschaften. Ob das betriebswirtschaftlich immer sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt.
Hahn: Wir haben noch keinen einzigen Mitarbeiter entlassen müssen. Ein Teil der Mitarbeiter im Büro ist immer da, weil die administrativen Dinge wie die Lohnabrechnungen oder Vertragsverhandlungen ja nach wie vor anfallen. Die anderen sind in Kurzarbeit, da haben wir immer versucht abzuwechseln, damit das auch fair ist. Ein Problem waren die Bedienungen im Festzelt. Die lassen sich im Herbst abmelden und waren noch nicht wieder angemeldet. Die sind beim Kurzarbeitergeld alle durch das Sieb gefallen und haben teilweise Hartz IV beziehen müssen. Das war einer der Hauptgründe, dass wir gesagt haben, wir brauchen Aktivitäten. Da standen wir aber immer in intensivem Kontakt mit den Arbeitsagenturen.
Hahn: Wir haben, wie gesagt, solide gewirtschaftet, aber das hätte uns alles alleine nicht geholfen, wenn wir nicht auch die staatliche Unterstützung bekommen hätten. Das muss man ganz klar so sagen und auch honorieren, bei allem was sich manchmal auch bemäkeln lässt. Diese Hilfen sind und bleiben notwendig. Aber man muss natürlich auch selbst aktiv bleiben und tun, was man tun kann.
Hahn: Da muss man von sich aus sehr proaktiv sein. Und wir waren seit März pro-pro-proaktiv. Da muss man Konzepte einreichen und immer wieder nachhaken oder nachbessern. Dass es funktionieren kann, hat man sehr schön beim Adventsmarkt in Würzburg auf dem unteren Markt gesehen. Wenn man Stände schon rein äußerlich sichtbar hygienisch konzipiert, trägt das sehr dazu bei, dass die Leute sich nicht schlechter fühlen, als wenn sie in einen Laden gehen. Das ist dann wie Einzelhandel an der frischen Luft.
Hahn: Eine Normalität, wie wir sie gekannt haben, wird es wohl erst wieder geben, wenn die Impfung vollzogen ist. Bis dahin werden wir uns weiter mit Corona arrangieren müssen. Wir arbeiten jetzt bereits mit Hochdruck an entsprechenden Konzepten. Denn wir wissen ja, was, wann und wo stattfinden soll. Und es gibt ja auch Möglichkeiten im Freien.
Hahn: Da ist soviel Dynamik drin, dass man sicherlich erst Ende Januar mehr weiß. Das Frühjahrsvolksfest würde erst Mitte März stattfinden, und wir hoffen natürlich, dass es in irgendeiner Form stattfinden kann. Aber uns ist selbstverständlich auch völlig klar, dass es gesundheitlich vertretbar sein muss. Ich hätte zum Beispiel im Jahr 2020 kein einziges Festzelt so betreiben wollen, wir wir das im Jahr 2019 gemacht haben. Aber vielleicht ist es ja anders machbar, mit einem größerem Biergarten, mit mehr Frischluft oder mit großen Sitzgruppen. Aber darüber zu reden, halte ich jetzt noch für verfrüht. Die Zeit bis dahin ist ohnehin sehr knapp. Für Kiliani sehe ich bessere Chancen.
Hahn: Pauschal sagen, die Feste allgemein sind gefährdet, würde ich nicht. Aber ich glaube schon, dass sich Dinge ändern werden. Alles abzusagen, wie in diesem Frühjahr, war aus meiner Sicht anfangs richtig. Aber jetzt muss man versuchen, individuelle Lösungen zu finden. Denn man kann das Oktoberfest in München ja nicht mit dem Würzburger Frühjahrsvolksfest vergleichen, von Größe, Dauer und Einzugsgebiet. Ich denke, Corona wird nachhallen. Vielleicht wird das Thema "Party" auf Kiliani erst einmal kein Thema mehr sein, und auch abends nur eine gepflegte Blasmusik spielen. Da wird es eine Veränderung geben und da muss man sich langsam herantasten. Aber aus meiner Sicht sehe ich Licht am Ende des Tunnels. Im März 2020 sind wir alle eiskalt erwischt worden. Aber jetzt gibt es Konzepte, wir sind motiviert und blicken nach vorne. Da ist mir überhaupt nicht angst und bange.