Die Uhr zeigte fast 22.45 Uhr, als sich der Würzburger Stadtrat am Donnerstagabend nach einer eingehenden Diskussion auf vier Standorte geeinigt hatte, die nun vertieft auf ihre Eignung für ein neues Stadion für die Profi-Fußballer der Würzburger Kickers untersucht werden sollen. Zuvor hatte Matthias Schöner vom Frankfurter Planungsbüro Albert Speer + Partner (AS+P) noch einmal alle 14 möglichen Standorte und die Ergebnisse ihrer Untersuchung vorgestellt.
Es sind dies zum einen die drei Standorte, die AS+P im Auftrag der Stadt nach eingehender Voruntersuchung bereits im Umwelt- und Planungsausschuss in der vergangenen Woche für eine vertiefende Untersuchung empfohlen hatte.
Ein Gebiet Lengfeld Nord-Ost östlich der Bundesstraße 19 gegenüber von Ikea zwischen Lengfeld und Estenfeld, ein zweites zwischen Versbach und der Gemarkungsgrenze zu Maidbronn und ein Bereich zwischen der Ypsilonspange, der B 19 und dem Golfplatz.
Argumente und Unterstützer des Standortes
Neu hinzugekommen ist zum anderen am Donnerstagabend der Neue Hafen. Dieser war zwar nicht im Feld der von AS+P nach der Erstbetrachtung empfohlenen Favoriten gewesen, dennoch zeigte sich im Verlauf der Diskussion, dass es im Gremium durchaus Argumente und Unterstützer dieses Standortes gab. Und dies nicht nur in den Reihen der Stadtratsfraktion der Grünen, die bereits im Vorfeld beantragt hatten, dieses Gebiet ebenfalls eingehender auf seine Stadiontauglichkeit untersuchen zu lassen.
Allerdings gab es auch Stimmen gegen den Neuen Hafen als Stadionstandort, wobei es aber für keinen der drei anderen Standorte ausschließlich Zustimmung gab.
Gegen den Neuen Hafen sprächen unter anderem die zahlreichen Retentionsflächen in diesem Bereich, also Flächen, die im Hochwasserfall als Überflutungsflächen dienen würden, erläuterte Matthias Schöner von AS+P, warum der Neue Hafen nach Ansicht der Planer nicht auf der Liste der zu vertiefenden Standorte gelandet war. Zudem gebe es in diesem Bereich sieben sogenannte Störfallbetriebe, in denen Gefahrstoffe gelagert oder verarbeitet würden, was ein Stadionbetrieb erschwere oder gar unmöglich mache.
Bahnanbindung mit eigenem Bahnhof
Für den Neuen Hafen sprächen aber die geringe Entfernung zur Stadt, eine hervorragende Anbindung durch die in diesem Bereich vierspurige B 27 und die Bahnanbindung mit eigenem Bahnhof, argumentierten die Grünen, unterstützt von Alt-Oberbürgermeister Jürgen Weber.
„Wir wissen nicht, ob der Neue Hafen ein guter Standort ist“, sagte Patrick Friedl, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen im Stadtrat, „wir wollen dies aber vertieft untersucht haben, denn es ist der einzige Standort mit einem eigenen Bahnhof.“
Der ÖPNV werde zukünftig einen immer größeren Anteil bekommen, so Friedl weiter. „Wenn wir das nicht prüfen lassen, vergeben wir die Chance herauszufinden, ob das Areal geeignet ist.“ Das Stadion müsse ja nicht zwingend auf Retentionsflächen entstehen, auch im Norden könne es geeignete Flächen geben, selbst ein teilweiser Rückbau des Hafenbeckens sei denkbar, so Friedl.
Mögliche Stadion-Standorte sollen in Augenschein genommen werden
Alle vier Standorte sollen nun von der Verwaltung im Rathaus eingehender in Augenschein genommen werden. Diesem Beschlussvorschlag von Oberbürgermeister Christian Schuchardt stimmten 20 von 31 noch anwesenden Stadträten zu.
Und was sagen die Kickers dazu? „Aus unserer Sicht ist ein neues Stadion auf Würzburger Grund an diesen Standorten vorstellbar. Es ist jetzt an den Experten, hier zu beurteilen, welcher nach Abwägung aller Gegebenheiten am realistischsten ist“, so Kickers-Vorstandsvorsitzender Daniel Sauer auf Anfrage.
Es gebe verschiedene Modelle und Möglichkeiten der Finanzierung und es sei definitiv möglich, daraus ein sinnvolles Investitionsprojekt zu machen, so Sauer weiter. Andere Beispiele wie Offenbach zeigten, dass ein Stadion beispielsweise durch Veranstaltungen und Gewerbeflächen auch ohne den Fußball schwarze Zahlen schreiben könne.
Ausbau wirtschaftlich nicht darstellbar
Wie bereits berichtet, waren im Frühjahr vorigen Jahres die Pläne der Kickers geplatzt, die den Standort am Dallenberg ligatauglich ausbauen wollten. Dies sei wirtschaftlich nicht darstellbar, hatte eine Untersuchung von AS+P ergeben. Weil es zudem noch Probleme mit Nachbarn wegen des Lärmschutzes gegeben hatte, entschloss man sich für einen Neubau. Für eine Erstbetrachtung der möglichen Standorte durch AS+P hatte die Stadt knapp 60 000 Euro zur Verfügung gestellt.
Die Kosten für ein neues, 20 000 Zuschauer fassendes Stadion werden auf rund 36 Millionen Euro geschätzt. Es könnte frühestens zur Spielsaison 2022/23 zur Verfügung stehen.
Das Stadion gehört raus aus Kessellage und weg von der Stadt. Und die Würzburger Fans werden mit einem Buspendelverkehr zum Eingang gebracht. Funktioniert in jeder Messestadt, das ganze Jahr über. Nur in Würzburg nicht.