Die Frau im Zeugenstand wirkt verschüchtert. Man mag kaum glauben, dass sie jene fröhliche Frau sein soll von den Filmen, die das Würzburger Landgericht am Mittwoch zeigt. Eine Überwachungskamera hatte dokumentiert, wie sie in einer Julinacht im Jahr 2018 in einer Würzburger Kneipe mit dem Angeklagten feierte. Ist die lebensfrohe junge Frau auf der Leinwand die gleiche, die nun um Fassung ringend im Zeugenstand über die mutmaßliche Vergewaltigung berichten soll? Und die zweieinhalb Jahre später noch immer erkennbar unter der Erinnerung leidet?
Gericht schützt die Zeugin vor der Öffentlichkeit
Das Gericht um den Vorsitzenden Thomas Schuster nimmt Rücksicht. Die Öffentlichkeit wird ausgeschlossen, der Auftritt der Zeugin so kurz wie möglich gestaltet. Aber die Justiz benötigt ihre Aussage, um zumindest grob prüfen zu können, ob das Geständnis des Angeklagten plausibel ist. Beim Neustart des Prozesses an diesem Montag - pandemiebedingt in der Festscheune des Wöllrieder Hofs in Rottendorf - hatte der 31-jährige Kickboxer alle Anklagepunkte eingeräumt.
Der Angeklagte habe eine Entschuldigung versucht, berichten Prozessteilnehmer nach der halbstündigen Aussage des Opfers. Sie habe diese aber ignoriert. Anschließend zeigt das Gericht Bilder, aufgenommen nach der Tat. Die Verletzungen im Gesicht und die blutunterlaufenen Augen sind für Rechtsmediziner ein Indiz, dass die Frau lebensgefährlich gewürgt worden war.
Sie ist nicht das einzige Opfer. Was der Kickboxer und ehemalige Lehramtsstudent Frauen über Jahre antat, lässt sich nur andeutungsweise schildern: unverbindlicher Sex mit ständig wechselnden Partnerinnen, Schläge, Würgen, körperliche Gewalt.
"Der wirkt so mechanisch und emotionslos, als gehe es ihm um das geschäftsmäßige Abhaken einer Hitliste. Als wollte er einfach alles ausprobieren, was in Internetpornos gerade schick ist“, beschreibt der Anwalt eines Opfers seinen Eindruck. Laut Anklage hat der 31-Jährige heimlich Videos der Frauen gedreht. Brutal, rücksichtslos, nur auf Befriedigung seiner Neigungen fixiert.
Zeugen schildern die Szenen in der Tatnacht
Vor Gericht schilderten Zeugen am Mittwoch, wie sie im Juli 2018 auf dem nächtlichen Heimweg ein Paar im dunklen Ringpark zunächst diskret ignoriert hatten. Hilferufe machten eine Frau aber misstrauisch, sie bestand darauf, nachzufragen. Der Angeklagte schickte die Passanten weiter, sie würden stören. Ihre Begleiter ließen sich bluffen, die Frau nicht. Der Angeklagte attackierte sie ihrer Aussage zufolge und floh. Andere kamen ihr zu Hilfe, zwei folgten dem Fliehenden und verständigten die Polizei.
Der Prozess wird am 5. März fortgesetzt.