Sie sind jung, wollen die Zukunft des Landes mitbestimmen und geben am 8. Oktober bei der Landtagswahl in Bayern zum ersten Mal ihre Stimme ab. Für sie alle ist das erste Mal zu wählen etwas Besonderes. Doch vor der Wahl steht die Entscheidung an. Wie bereitet man sich als junger Mensch darauf vor?
Mia Morelli (19); Würzburg-Stadt: Achtet auf die persönliche Ausrichtung der Kandidaten
Obwohl die Medizinstudentin in diesem Jahr das erste Mal wählen darf, war sie schon mal in einer Wahlkabine – als kleines Kind. Sie ist sich sicher: "Es hat viel Einfluss auf die Entwicklung des Kindes, wie das Elternhaus mit Politik umgeht." Ihre Eltern hätten ihr von klein auf beigebracht, dass Wählen "etwas unglaublich Wichtiges ist".
Deshalb treffe sie ihre Entscheidung nicht leichtfertig. "Ich habe seitenweise Wahlprogramme der Parteien gelesen", sagt Morelli. In sozialen Netzwerken folgt sie verschiedenen Kandidatinnen und Kandidaten, um diese besser kennenzulernen, "es geht nicht immer rein um das Wahlprogramm, sondern auch um die persönliche Ausrichtung", weiß die Studentin. Dass Menschen sagen, sie hätten keine politische Meinung, findet die 19-Jährige schwierig. "Kein Mensch in unserem Land kann unpolitisch sein, weil jegliche Entscheidungen politisch sind." Manchmal würde man es nur nicht gleich erkennen. Als Beispiel nennt Morelli die Diskussion, ob man Hafermilch oder Haferdrink kaufen könne.
Die Würzburgerin hat auch noch einen kleinen Tipp für alle Wahlberechtigten in diesem Jahr: politische Podcasts. Die könne man nebenbei beim Autofahren oder Aufräumen hören, informiert bleiben und sich eine eigene politische Meinung bilden.
Jannis Müller (19); Würzburg-Land: Politische Debatten werden zu akademisch geführt
Für Jannis Müller, bedeutet das erste Mal wählen zu dürfen die Möglichkeit zu haben, "mitzubestimmen in welche Richtung dieses Bundesland geht". Obwohl ihm das Wählengehen sehr wichtig ist, hat er auch Verständnis für Menschen, die ihr Wahlrecht nicht wahrnehmen. Als Grund vermutet er Folgendes: "Das Problem ist, dass in der Politik viel zu akademisch diskutiert wird."
Der Austausch fände auf einem zu hohen sprachlichen Niveau statt. Dies führe zu Intransparenz und dazu, dass sich einige Menschen von Beginn an von politischen Debatten ausgeschlossen fühlten und in letzter Konsequenz nicht wählen gehen. Politische Meinungsbildung sei aber wichtig. Für die anstehende Landtagswahl habe der 19-Jährige die Wahlprogramme der für ihn interessanten Parteien gelesen und will strikt nach Inhalten wählen. "Ich finde es moralisch nicht vertretbar nach Sympathie für Kandidatinnen und Kandidaten zu wählen", sagt er.
Auch der Höchberger hat noch einen Tipp für alle Wahlberechtigten und vor allem für all jene, die sagen, dass Parteien ihre Wahlversprechen ohnehin nicht einlösen würden: "Keine Partei kann ihre Ziele zu hundert Prozent umsetzen." Denn: Politik sei immer ein Kompromiss. Das sei demokratisch und daran sollten die Wählerinnen und Wähler denken.
Kai Frescher (18); Bad Kissingen: Mit Politik auseinandersetzen kann anstrengend sein
Kai Frescher fiebert seiner ersten Wahl entgegen, seitdem er 15 Jahre alt war. "Ich bin selbst Teil einer gesellschaftlichen Minderheit, weil ich queer bin." Für ihn sei es daher sehr wichtig, welche politischen Entscheidungen in Zukunft getroffen werden. Er möchte mit seinem Kreuz am 8. Oktober seinen Teil dazu beitragen: "Wenn ich nicht daran glaube, dass es möglich ist, mit meiner Stimme eine bessere Welt zu schaffen, dann wird alles gleich bleiben."
Doch er wisse auch, dass es "zermürbend und anstrengend" sein kann, sich mit Politik und aktuellen Krisen auseinanderzusetzen. Gerade deshalb sei es wichtig, die aktuelle Landespolitik auch vor dem Hintergrund aktueller Probleme und Krisen genauer unter die Lupe zu nehmen und erst dann seine Wahl zu treffen. "Der hauptsächliche Prozess des Wählens findet nicht in der Kabine, sondern davor statt."
Frescher, der sein FSJ bei einer Jugendhilfe macht, informiert sich hauptsächlich über das Internet, Twitter oder Instagram über die Wahl. Für alle Wählerinnen und Wähler hat er den Tipp auch zu Podiumsdiskussionen und Wahlständen zu gehen, um die Kandidatinnen und Kandidaten persönlich kennenzulernen. "Sie sitzen am Ende für uns im Landtag."
Jannik Nörpel (19); Würzburg-Land: Es wird zu viel über Bundes- statt Landesthemen diskutiert
Jannik Nörpel kommt aus Bütthard und macht derzeit eine Ausbildung als Elektroniker. Er wählt bei der bayerischen Landtagswahl nicht nur für sich selbst, sondern auch für all die Menschen, "die selbst nicht wählen können oder weniger Rechte in unserer Gesellschaft haben". Welche Partei er wählt, stehe für ihn bereits fest: Seine Erststimme will er strategisch vergeben, bei der seiner Zweitstimme hingegen sei es eher eine Abwägung.
Doch die sei nicht immer einfach zu treffen, denn trotz der anstehenden Bayern-Wahl werde viel über Bundes- statt Landesthemen diskutiert, kritisiert Nörpel. Über Themen wie Bildung, Soziales oder ÖPNV werde oft zu wenig gesprochen. Dabei sei eine Unterscheidung durchaus wichtig, denn einige Parteien würden auf Bundesebene anders agieren als auf Landesebene. "Landesthemen sind super wichtig, haben aber wenig Popularität und das ist schade."
Auch Jannik Nörpel hat noch einen kleinen Hinweis für alle, die an der Landtagswahl teilnehmen können: "Wählen ist wichtig, gerade aktuell. Jede Stimme für eine Partei ist gleichzeitig auch eine gegen die anderen."
Mit freundlichen Grüßen
Ralf Zimmermann, Main-Post Digitales Management