Seit dem 15. Oktober vergangenen Jahres ist das Rottendorfer Marienheim, das seit beinahe hundert Jahren Vereinen und Gruppen, der kirchlichen Jugendarbeit und Familienfeiern einen festen Ort gegeben hat, geschlossen. Selbst die ältesten Gemeindemitglieder hat es ihr gesamtes Leben begleitet. In einer öffentlichen Pfarrversammlung erläuterte die katholische Kirchenverwaltung St. Vitus nun die Situation. Obwohl es in der aus Kostengründen unbeheizten Pfarrkirche klirrend kalt war, beteiligten sich etwa 200 Interessierte.
Die Nutzer haben sich derweil zusammengetan. Ein Sprecher kündigte konkrete Vorschläge für einen Weiterbetrieb des Marienheims an. Eine Unterschriftenliste mit aktuell 905 Unterzeichnern stärkt ihnen den Rücken. Mit Dietmar Kretz, Leiter der Domschule, nahm ein Pfarrgemeindeberater der Diözese teil. Ein "solches Haus" sei ein "mit Emotionen" belegtes Thema, bestätigte er.
Schwierige Finanzlage der Kirchenverwaltung
Die Schließung wurde nötig, als am 13. Juli die Gasheizung mit einem Defekt ausfiel und Versuche scheiterten, sie neu zu starten, erläuterte Kirchenpfleger Michael Seufert. Man habe die Kosten nicht einfach auf die Gruppen umlegen wollen. Eine neue Heizung sei erst sinnvoll, wenn es eine langfristige Perspektive gebe, erläuterte er die Beweggründe für den Entschluss, das Marienheim den Winter über geschlossen zu halten. Immerhin sicherte er zu, dass das Marienheim - zumindest in diesem Jahr – nach dem Ende der Heizperiode nochmals geöffnet wird.
Mit einem Blick in die Zahlen verdeutlichte der Kirchenpfleger die schwierige Finanzlage: Die Kirchenverwaltung kommt bisher im Jahr auf ein Plus von etwa 10.000 Euro. Das Marienheim selber sei vor der Corona-Krise kostendeckend mit leicht schwarzen Zahlen betrieben worden. Die Energiekosten lagen bei jährlich etwa 5000 Euro. "Vor der Krise", wie der Kirchenpfleger betonte. Ein kräftiges Minus gab es 2020 und 2021 mit je 8000 Euro, sowie 2018 mit 18.000 Euro, als Straßenausbaubeiträge an die Gemeinde gezahlt wurden.
Marienheim hat noch mehr aufgeschobene Baustellen
In dem Gebäude gebe es noch mehr aufgeschobene Baustellen, von den Toiletten über die Küche bis hin zum Brandschutz. Die letzte Sanierung habe 2000 nach einem Brand stattgefunden. "Wir haben ein Problem, Mittel zur Seite zu legen, um größere Sanierungsmaßnahmen zu stemmen", fasste Seufert zusammen. Das Marienheim habe jedoch auch nicht mehr die Bedeutung wie früher. Der Neubau des Pfarrzentrums in der Ortsmitte, unmittelbar neben der Kirche, beherbergt seit 2007 unter anderem das Pfarrbüro. Die Bücherei wurde 2013 in das Wasserschloss verlagert. Erst nach langem Drängen der Kirchenverwaltung sei es gelungen, die ebenfalls renovierungsbedürftige Pfarrkirche bei der Kategorisierung durch die Diözese von Kategorie C auf B hochzustufen, was Zuschüsse für eine Sanierung sichert.
Dass es darüber hinaus eine finanzielle Unterstützung der Diözese geben könnte, gilt als unwahrscheinlich. Schon 2013 soll es eine Begehung mit einem Mitarbeiter der Liegenschaftsabteilung der Diözese und dem damaligen Pfarrer Weber gegeben haben – mit dem Ergebnis, dass das Heim "überdimensioniert" und eine Sanierung "nicht zu finanzieren" sei. Diese Einschätzung bestätigte im Sommer 2020 eine erneute Anfrage der neu gewählten Kirchenverwaltung. In der Diözese gab es damals ein dreijähriges Bau-Moratorium. Pater Fritz Vystrcil, der Leiter der Pfarreiengemeinschaft, bestätigte, dass für ein "zweites Pfarrzentrum" kein Zuschuss vorgesehen sei. Die Diözese denke inzwischen in pastoralen Räumen. "Das Gebäude kann erhalten werden, wenn die Kirchenstiftung dazu in der Lage ist."
Bürgermeister Schmitt fordert "finanzierbares und realisierbares" Nutzungskonzept
Viele in der Pfarrversammlung sehen die Bedürfnisse der Pfarrgemeinde nicht durch das neue Pfarrzentrum abgedeckt. "Die Leute würden sich darin tottreten, wir müssen dafür sorgen, dass die Gemeinde lebt", stellte eine Frau fest. Als Sprecher betonte Mario Hauck, Mitglied der Theatergruppe, als Ziel, "das bald hundert Jahre alte Gebäude in seiner jetzigen Funktion zu erhalten, als Haus der Gemeinschaft und Begegnung". Wie die eigenen Vorschläge aussehen, erläuterte er nicht. Die Nutzer sehen jedoch die politische Gemeinde in der Pflicht. In Rottendorf als Schauspieler und Regisseur seit Jahrzehnten bekannt ist Karl Elflein. Der große Saal und die Bühne seien unverzichtbar, sagte er. Man müsse dafür sorgen, dass das Marienheim "nicht einfach so in der Versenkung verschwindet".
Von Seiten der politischen Gemeinde hält sich die Begeisterung, das sanierungsbedürftige, große Gebäude zu übernahmen, jedoch spürbar in Grenzen. Bürgermeister Roland Schmitt, der an der Versammlung teilnahm, erklärte zwar, dass auch der Gemeinderat das Marienheim erhalten möchte. Es sei jedoch unbedingt ein "finanzierbares und realisierbares" Nutzungskonzept nötig. Auch appellierte er dazu, "wirklich alle Möglichkeiten auszuschöpfen, Mittel zu akquirieren", und auch die Diözese in die Pflicht zu nehmen. Die Gemeinde müsse alle Gruppen im Ort gleich behandeln, so Schmitt. Auch kann er auf das vorhandene Raumangebot für Veranstaltungen verweisen, das mit der Sanierung des alten Bahnhofsgebäudes demnächst weiter wächst.