18 Jahre in Folge war der zweite Samstag im Mai fester Termin für das Entenrennen von Wildwasser e.V.. Die 19. Auflage findet wegen der Ausgangsbeschränkungen und Kontaktverbote aufgrund der Corona-Epidemie erst im kommenden Jahr statt. "Jetzt ist nicht die Zeit, unser Entenrennen zu veranstalten. Für uns bedeutet das einen Verlust von etwa 15 000 Euro", berichtet Wildwasser-Geschäftsführerin Antje Sinn im Gespräch mit dieser Redaktion.
Die Beraterinnen von Wildwasser kümmern sich seit über 30 Jahren um Mädchen und Frauen, die sexuelle Gewalt und Missbrauch erfahren haben. Durch das Entenrennen konnte der unter anderem von Stadt und Landkreis geförderte Verein seit 2002 jedes Jahr mit zusätzlichen Einnahmen in fünfstelliger Höhe rechnen. Zum Reinerlös der Veranstaltung, bei der alljährlich 6000 kleine gelbe Plastikenten zwischen Alter Mainbrücke und Talavera auf dem Main um die Wette schwimmen, "kommen im Herbst häufig noch zusätzliche Spenden von Firmen, die wir über das Entenrennen kennenlernen. Deshalb hat die Absage spürbare finanzielle Folgen für uns", sagt Sinn.
Hoffnung auf Unterstützung auch in schwierigen Zeiten
Im vergangenen Jahr betrug das Spendenaufkommen des Vereins rund 55 000 Euro, dazu kommen Bußgelder und Geldauflagen aus Strafprozessen. Antje Sinn hofft auch in schwierigen Zeiten darauf, "dass die Firmen uns weiter wohlgesonnen sind und uns die Förderung der öffentlichen Hand nicht wegbricht. Das sind teilweise ja freiwillige Leistungen." Der Verein habe sparsam gewirtschaftet und in den letzten Jahren Rücklagen gebildet: "Wir müssen wegen des Wegfalls des Entenrennens jetzt erstmal nicht entlassen. Ich tue mir auch schwer damit, jetzt um Spenden zu bitten. Die Menschen habe gerade andere Sorgen", so die Wildwasser-Geschäftsführerin.
Eine Verlegung des Entenrennens in den Herbst kam nicht in Betracht, weil der Organisationsaufwand sehr hoch ist und Wildwasser schon mit seinen Kernaufgaben ausgelastet ist. Neben der Beratung von Frauen und Mädchen mit Gewalterfahrung steht ein großes Fortbildungsprojekt auf dem Programm. Dazu kommen Anfragen für Elternabende, die nach Ende der Corona-Beschränkungen durchgeführt werden.
"Außerdem ist das für uns gerade so etwas wie die Ruhe vor dem Sturm. Wir gehen davon aus, dass die Fälle häuslicher Gewalt gegen Frauen und Kinder durch die Ausgangsbeschränkungen ansteigen werden", betont Sinn. Erfahrungsgemäß dauere es immer eine gewisse Zeit, bis neue Hilfesuchende im System ankommen.
Großteil der Arbeit findet weiterhin in der Beratungsstelle statt
Sieben Beraterinnen und eine Verwaltungskraft bilden das achtköpfige Team, das wegen der Corona-Epidemie derzeit in zwei Schichten tätig ist, um auch im Fall von Covid19-Infektionen arbeitsfähig zu bleiben. Der Großteil der Arbeit, auch Beratungsgespräche am Telefon oder in einzelnen Fällen über eine sichere Videoverbindung, findet aus Datenschutzgründen weiterhin in der Beratungsstelle statt.
Der größte Teil sind weiterhin Beratungen per Telefon oder über ein verschlüsseltes eMail-System. "Nach Absprache führen wir aber auch noch persönliche Gespräche unter Berücksichtigung der Schutzmaßnahmen durch", berichtet Sinn: "Manche Klientinnen kommen mit Mundschutz und Desinfektionsmittel zu uns oder haben Handschuhe an."
Die Wildwasser-Geschäftsführerin versichert, dass das erprobte Hilfesystem auch in Krisenzeiten funktioniert: "Wir sind erprobt und gut aufgestellt, Frauen können sich jederzeit an uns wenden. Man kann auch anonym mit uns sprechen und sich darüber beraten lassen, was in der jeweiligen Situation möglich ist." Wenn das eigene Zuhause nicht mehr sicher ist und es in den Frauenhäusern keinen Platz gibt, kann Wildwasser weiterhelfen: "Wir haben Angebote von Pensionsinhabern und Hotelliers aus Mainfranken, die für diesen Fall kostenlose Zimmer anbieten."