
Es gibt wieder mehr Coronafälle in Deutschland, ein Hotspot ist aktuell die Stadt Würzburg mit einer Inzidenz von 64,9 Fällen bezogen auf 100 000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen (Stand Dienstagnachmittag). Während sich die Infektionen in Kaufbeuren auf ein Altenheim und im Landkreis Garmisch-Partenkirchen auf eine infizierte Kneipengängerin konzentrieren, ist die Lage in Würzburg diffus.
Positiv-Anteil bei den Corona-Tests unter einem Prozent
Von einer "zweiten Welle" zu sprechen, halten Experten allerdings für irreführend. Denn es wurden auch die Testkapazitäten deutlich ausgeweitet. Der Positiv-Anteil bei den Corona-Tests liegt laut Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) in Bayern aktuell unter einem Prozent. Und: Es müssen derzeit kaum Corona-Patienten in Krankenhäusern behandelt werden. Dies bestätigt eine Stichproben-Umfrage der Redaktion unter unterfränkischen Kliniken vom Dienstag.
Danach werden am Klinikum Main-Spessart in Lohr zwei Covid-19-Erkrankte behandelt, am Würzburger Uniklinikum ein Patient und am Leopoldina-Krankenhaus in Schweinfurt drei Verdachtsfälle. Keine der sechs Personen liegt auf der Intensivstation. Die Kliniken Kitzinger Land, Würzburg Mitte (Juliusspital und Missio), das Rhön-Klinikum in Bad Neustadt/Saale und das Helios St.-Elisabeth-Krankenhaus in Bad Kissingen melden aktuell keine Corona-Patienten.

Zum Vergleich: An Spitzentagen im April verzeichnete die Uniklinik 36 stationäre Covid-19-Patienten, am Klinikum Würzburg-Mitte waren es 42, am Leopoldina in Schweinfurt 40 und am Rhön-Klinikum 19. Seit Mai sind die Corona-Patientenzahlen nach übereinstimmenden Berichten aller Kliniken kontinuierlich zurückgegangen. St. Elisabeth in Bad Kissingen hatte bereits seit Mitte Mai keinen einzigen Fall mehr.
Intensivbetten in großer Zahl nicht beansprucht
Aus Sorge, die Krankenhäuser könnten wie zeitweise in Italien unter der Last von Coronafällen kollabieren, war im März in Deutschland ein landesweiter Lockdown verhängt und die Kapazität von Intensivbetten massiv aufgestockt worden. Beansprucht werden mussten sie in der Folge nicht.
Dass trotz wieder steigender Fallzahlen im Moment praktisch keine Corona-Patienten in den Kliniken aufschlagen, liegt vor allem an der Altersstruktur: Anders als im Frühjahr infizieren sich nun vor allem junge Leute im Alter zwischen 18 und 35 Jahren. Sie zeigen kaum schwere Verläufe, falls überhaupt irgendwelche Symptome.

Grund zur Entwarnung ist dies nach Ansicht von Georg Ertl, Ärztlicher Direktor des Uniklinikums, nicht: "Es bleibt zu hoffen, dass die angestiegene Inzidenz nicht in ein paar Wochen zu erhöhten Fallzahlen bei älteren Menschen und Menschen mit Grunderkrankungen führt. Dies würde die Patientenzahlen in den Krankenhäusern deutlich erhöhen." Heißt: Die Jungen sollten die Älteren nicht anstecken.
Es gelte jetzt, die Senioren und Risikogruppen besonders zu schützen, fordert Infektiologe August Stich von der Missio-Klinik. Auch die Jahreszeit könnte eine Rolle spielen. Uniklinik-Chef Ertl hält es für möglich, dass bei Übertragungen des Erregers "die Infektionsdosis derzeit geringer ausfällt als in der kälteren Jahreszeit." Dies könne eine Erklärung für die geringere Schwere der Erkrankungen sein. Oder eben die erhöhte Zahl von Tests bei jungen, gesunden Menschen, wie am Schweinfurter Leopoldina-Krankenhaus der Ärztliche Direktor Hans-Ullrich Völker mutmaßt. In aller Vorsicht: Eine Bewertung müsse man den Wissenschaftlern überlassen.
Sicher hat die klinische Medizin dazugelernt, sicher wird es jetzt auch zu gezielteren Und regional begrenzteren Maßnahmen kommen. Ob wir aber damit verhindern können, dass eine zweite Welle deutlich mehr Menschenopfer in der Bevölkerungsgruppe 70+ fordert, darf bezweifelt werden.
Keiner weiß wie hoch die Hintergrundinfektioninfektion bei uns ist. Brechen jetzt, wie in Bayern, an verschiedenen Stellen, nicht nachvollziehbare Infektionen aus, sind bei uns auch schnell die Intensivbetten voll.
Die Maßnahmen sind jetzt auch zielgerichteter als im März, wo man mangels Informationen alles abgewürgt hat.
Die Wissenschaft und die Politik haben dazu gelernt.