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Würzburg
Kammeroper "Weiße Rose" am Mainfranken Theater: Ein Plädoyer ans Gewissen
Der Tag war nicht zufällig gewählt: Am 16. März, dem Gedenktag an die Zerstörung Würzburgs,  feierte die Oper über die Geschwister Scholl eine beklemmende Premiere.
Beklemmende Szenen im Kleinen Haus des Mainfranken Theaters Würzburg: Die 'Weiße Rose',  eine Kammeroper von Udo Zimmermann, feierte dort Premiere.
Foto: Thomas Obermeier | Beklemmende Szenen im Kleinen Haus des Mainfranken Theaters Würzburg: Die "Weiße Rose",  eine Kammeroper von Udo Zimmermann, feierte dort Premiere.
Elke Tober-Vogt
 |  aktualisiert: 22.03.2025 02:31 Uhr

Ins Chaos einer großen Klangcollage aus Alltagsgeräuschen, Zitaten, Sirenen und Marschmusik mischt sich das "Große Geläut" der Würzburger Kirchenglocken: "Nicht schweigen!" und "Stellt euch nicht blind und taub!", so lauten die Appelle am Ende von Udo Zimmermanns  "Weiße Rose".

Die Kammeroper feierte am Sonntag im Kleinen Haus des Mainfranken Theaters Premiere - exakt am  80. Jahrestag der Zerstörung Würzburgs. Historisches und Brandaktuelles verbanden sich so auf erschreckende und beklemmende Art.

Vor dem Hintergrund der Erinnerungskultur der 1980er Jahre haben der Komponist Zimmermann und sein Librettist Wolfgang Willaschek ein Werk geschaffen, das sich historischer Handlungselemente entledigt und einen fokussierten Blick auf die Leistung der Widerstandgruppe "Weiße Rose" um Sophie und Hans Scholl erlaubt.

Das Publikum wird in die letzten Stunden der wegen "Beleidigung des Führers" inhaftierten und angeklagten Geschwister hineingezogen. In 15 Szenen erlebt man mit Hans und Sophie Momente von Angst und Verzweiflung, Erinnerungen an glückliche Tage und Gedanken an die Eltern, hört poetische Texte und mahnende Worte, deren Botschaft Verstörendes transportiert und aktuelle Bezüge aufdeckt.

Geschwister Scholl auf der Bühne gleich doppelt präsent

Die Geschwister Scholl sind auf der Bühne gleich doppelt präsent: Als Sänger verleihen ihnen Milena Arsovska und Leo Hyunho Kim ihre Stimmen. Da es kaum Raum für Spielelemente gibt, ist die ganze Kunst gefragt, neben der Bewältigung der anspruchsvollen Gesangspartien auch das gesamte Spektrum an körperlicher Ausdruckskraft und an Emotionen in die Statik einer kurzen Nacht zu legen.

Vorzüglich und vollkommen überzeugend gelingt den beiden das, jede Faser, jeder Nerv schwingt hier mit und überträgt sich auf Publikum. Dazu treten Sophia Hung und Maximilian Liemann als handlungsandeutende, zurückhaltende, aber wirkmächtige Doppel; außerdem geben Laura Storz und Nils David Bannert die Stimmen für Textpassagen. Jochen Ruoff (Hausmeister) und Reinhold Stauder (Geheimoffizier) ergänzen das Personentableau.

Szene aus der Oper 'Weiße Rose' am Mainfranken Theater in Würzburg.
Foto: Thomas Obermeier | Szene aus der Oper "Weiße Rose" am Mainfranken Theater in Würzburg.

Regisseurin Nina Kupczyk hat mit Bühnen- und Kostümbildnerin Aylin Kaip ein sensibles und schlüssiges Gesamtkonzept entwickelt. Die Handlungsträger bespielen übergroße Tasten eines "Gedankenklaviers": die Tasten einer Schreibmaschine, wie sie die Widerstandsgruppe "Weiße Rose" benutzte. Über der Szenerie schwebt eine weiße Rose, aus der sich die Blütenblätter wie Flugblätter lösen und schließlich ein Pendel schwebt. Dessen Bewegung ist unabänderlich, egal wie sich die Welt dreht. Doch es vermag das auf den Boden gestreute Hakenkreuz aus Asche von Opfern zu verwischen, die Asche der Erinnerung ist flüchtig.

Wirkmächtig wie die Bilder ist die Musik

Ebenso extrem und wirkmächtig wie die Bilder ist die Musik. Die 15 Instrumentalisten aus dem Philharmonischen Orchester, im Bühnenhintergrund platziert, müssen unter der Leitung von Ulrich Cornelius Maier höchsten Anforderungen gerecht werden. In absoluter Perfektion durchleuchten sie die Extreme vom grellen, schroffen musikalischen Blitzen bis zu kaum hörbaren vernebelten Flächen und lyrischen Elementen.

Betroffen verfolgt man das Geschehen, bekommt auf erschreckend deutliche Weise vorgeführt, welche Relevanz doch Mut zur Wahrheit, Haltung und Aufstehen für Gerechtigkeit haben sollten. Diese Oper ist ein "Plädoyer ans Gewissen" (Operndirektor Berthold Warnecke), denn sonst erlischt der einzelne Mensch, sein Tod wird zum akribisch aufgelisteten Element der Statistik.

Weitere Vorstellungen sind am 20. März, 9. April, 24. April, 26. April, 6. Mai, 9. Mai, 14. Juni und 22. Juni. Kartenreservierung: mainfrankentheater.de

 
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