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GAUKÖNIGSHOFEN
Ist mutmaßlicher Täter vom Feuerwehrfest auch Brandstifter?
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:47 Uhr

Vier Monate nach einem heimtückischen Schuss in den Rücken auf dem Feuerwehrfest Euerhausen (Lkr. Würzburg) ist ungewiss, ob der Fall vor dem Landgericht Würzburg geklärt werden kann. Zwar ist inzwischen eine Anklage wegen versuchten Mordes bei der Staatsanwaltschaft Würzburg fertig. Aber der 71-jährige Tatverdächtige, der seinem Nachbarn in den Rücken geschossen haben soll, kann derzeit auf keiner Anklagebank Platz nehmen.

Beim Brand in der JVA wurden der Täter und neun weitere Personen verletzt

Was bisher nicht bekannt war: Er ist jener Untersuchungshäftling der JVA Würzburg, der vor etwa 14 Tagen bei einem Brand Rauchvergiftungen und schwere Verbrennungen erlitt – nachdem er selbst das Feuer in seiner Zelle gelegt haben soll. Drei Quellen – darunter sein Verteidiger Hanjo Schrepfer – bestätigten unabhängig voneinander die Identität des mutmaßlichen Brandstifters. Bei dem Brand wurden zwei weitere Häftlinge, fünf Justizvollzugsbeamte sowie zwei Polizeibeamte durch Rauchgase leicht verletzt.

Die Staatsanwaltschaft ging davon aus, dass der Mann binnen weniger Wochen so weit genesen sein könnte, dass er schon bald aus der Klinik zurück ins Gefängnis verlegt werden kann. Dann müsste sich der 71-Jährige der Anklage wegen versuchten Mordes stellen. Nun könnte laut Oberstaatsanwalt Boris Raufeisen eine weitere Anklage wegen Brandstiftung und Körperverletzung hinzukommen.

Anwalt bestätigt: Mutmaßlicher Täter liegt derzeit im Koma

Doch Recherchen dieser Redaktion nähren starke Zweifel daran, ob und wann es zu einem Prozess kommen kann: Denn der 71-Jährige kam in eine Spezialklinik nach Nürnberg, die spezialisiert ist auf Patienten mit schweren Hautverbrennungen. Nach Rücksprache mit den Ärzten teilte eine enge Verwandte Verteidiger Schrepfer mit: „Er liegt im künstlichen Koma.“

Nach Aussagen der Verwandten, die von den Ärzten Auskunft zum Zustand des Patienten erhält, ringt der mutmaßliche Schütze mit den Folgen der Rauchvergiftung und Verbrennungen. Eine OP musste abgebrochen werden. „Selbst wenn er das überlebt, ist nach meinen Informationen auf absehbare Zeit gar nicht an einen Prozess zu denken,“ sagte Schrepfer auf Nachfrage.

Opfer ist seit dem Angriff auf dem Feuerwehrfest querschnittgelähmt

Das Opfer ist seit dem Schuss des mutmaßlichen Täters in den Rücken querschnittgelähmt. Der 55-jährige Nachbar des Angeklagten hatte Anfang Juni arglos das Feuerwehrfest im Nachbarort Euerhausen besucht. Während einer Schlepper-Vorführung hatte sich ein Mann hinter den Landwirt geschlichen und ihm in den Rücken geschossen.

Zeugen hatten den Schützen erkannt, der sich unter Drohungen, auch auf sie zu schießen, vom Tatort entfernte und nach Hause fuhr. Dort wurde er später von der Polizei festgenommen.

Der Streit mit der Familie seines 55-jährigen Nachbarn schwelt schon lange – und hätte ihn um ein Haar bereits 2016 ins Gefängnis gebracht. Da soll der 71-Jährige die Ehefrau seines jetzigen Opfers grundlos auf der Straße angegriffen und gewürgt haben. Angeklagt wurde er am Amtsgericht Würzburg wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung.

Frühere Haftstrafe war noch nicht rechtskräftig

Allerdings wurde das damalige Urteil – acht Monate Haft ohne Bewährung – nicht rechtskräftig. Der Fall ging in Berufung – und zog sich zwei Jahre dahin. Der Grund dafür: Einem Gutachter, der die geistige Verfassung des 71-Jährigen aufgrund seines aggressiven Verhaltens prüfen sollte, soll sich der Verdächtige immer wieder entzogen haben, heißt es in Justizkreisen, die den Fall kennen.

Im Juli 2018 sollte der Würge-Fall erneut verhandelt werden – diesmal vor dem Landgericht. Ob er mit seiner Attacke auf den Ehemann dem bevorstehenden Prozess zuvorkommen wollte? Die Klärung dieser Frage wird – wenn überhaupt – erst im nächsten Jahr vor Gericht beantwortet.

 
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Kommentare
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  • T. B.
    Mein Mitleid mit dem Täter hält sich in Grenzen. Vielleicht sollten Medien einfach ein wenig mehr über die Opfer und deren Zeit nach der Tat schreiben, mir wäre dies viel wichtiger.
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  • M. Z.
    Aber ob das/die Opfer das auch wollen?
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  • P. K.
    Viel über den Täter zu schreiben ist völlig OK. Soll doch alle Welt, besonders seine Umgebung, genau wissen was für ein verquerer Typ er ist. Könnte ja sein, dass er noch mal freikommt.
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