Die gute Nachricht zuerst: Knapp drei Viertel des 638 Kilometer langen Straßennetzes in Würzburg sind in einem befriedigenden bis sehr guten Zustand. Sorge bereiten dem städtischen Fachbereich Tiefbau und Verkehrswesen die übrigen rund 26 Prozent, wie aus einem Bericht in der September-Sitzung des Stadtrats hervorgeht: "Wir haben 166 Kilometer Straßen mit Handlungsbedarf im Stadtgebiet", sagte Tiefbau-Chefin Annette Messerer.
Erfasst wird der Zustand der Straßen und der angrenzenden Rad- und Fußwege seit dem vergangenen Jahr durch systematische Befahrungen: Ein Smartphone hinter der Windschutzscheibe erfasst dabei den Straßenzustand per Video. Die Software der Stuttgarter Firma Vialytics wertet die Bilder mit Hilfe künstlicher Intelligenz aus und vergibt Noten von eins bis fünf.
Akuter Handlungsbedarf bei 64 Kilometer der Straßen
Das Ergebnis: Zehn Prozent oder rund 64 Kilometer der Straßen in Würzburg haben die Noten vier und fünf erhalten. "Das bedeutet akuten Handlungsbedarf. Wir müssen einen sicheren Straßenzustand gewährleisten, auch für Fußgänger und Radfahrer", betonte Messerer. Um weitere 102 Kilometer oder 16 Prozent des Straßennetzes muss sich das Tiefbauamt ebenfalls kurz- bis mittelfristig kümmern. Zusätzlich gibt es im Tiefbauamt einen Mitarbeiter, der jeden Tag das Straßennetz begeht, um Stellen mit akuter Unfallgefahr aufzuspüren. Diese Schäden werden vom städtischen Bauhof dann sofort behoben.
Zusammen mit den Verkehrsdaten, die die Messstellen des Umweltorientierten Verkehrsmanagement-Systems (UVM) täglich liefern, hat das Baureferat Würzburgs Straßen in verschiedene Typen eingeteilt, um eine sinnvolle Reihenfolge der Maßnahmen für Straßenerhalt und -erneuerung zu ermitteln. Zunächst sollen besonders marode Straßen der Typen A, B und C an die Reihe kommen: Straßentyp A umfasst Haupt- und Sammelstraßen mit mehr als 5000 Fahrzeugen pro Tag, Straßen vom Typ B werden von mindestens 1000 Fahrzeugen am Tag befahren, und als Typ C sind Straßen zu verstehen, in denen zwar weniger Verkehr herrscht, aber soziale Einrichtungen liegen.
Das Problem: Staatliche Fördermittel gibt es nur für Sanierungen und Erneuerungen von Straßen mit hoher verkehrlicher Bedeutung, also Typ A. Alle Maßnahmen für Straßen des Typs B und C muss die Stadt in voller Höhe selbst bezahlen, seit 2018 die Straßenausbaubeiträge für Grundstückseigentümer abgeschafft wurden.
100 Millionen Euro zu wenig für Straßenerhalt und -erneuerung
Nach den Berechnungen des Fachbereichs Tiefbau standen in den vergangenen zehn Jahren im städtischen Haushalt rund 100 Millionen Euro zu wenig für Straßenerhalt und -erneuerung zur Verfügung, das entspricht ungefähr der aktuellen Kostenschätzung für die laufende Sanierung des Mainfranken Theaters. Annette Messerer sprach im Stadtrat von einem Investitionsstau: "Dabei haben wir bei unserem Rechenexempel die Kostensteigerungen am Bau noch gar nicht berücksichtigt."
Was das Baureferat mit seinem Bericht wenige Wochen vor den Haushaltsberatungen für das kommende Jahr bezweckt hat, erläuterte Benjamin Schneider: "Wir wollen keine Katastrophenmeldungen verbreiten", betonte der Stadtbaurat. Die Stadträtinnen und Stadträte "sollen aber wissen, was in der politischen Abwägung vor den Haushaltsberatungen notwendig zu wissen ist. Wir stehen im Wettbewerb um Haushaltsmittel mit den anderen Referaten."
Im Haushaltsentwurf für das kommende Jahr hat das städtische Baureferat laut Stadtratsvorlage Gelder für folgende Maßnahmen angemeldet: Vierter und letzter Bauabschnitt der Nürnberger Straße, Werner-von-Siemens-Straße und Planungsmittel für die Leistenstraße (alle Typ A), Sanderheinrichsleitenweg (Typ B), Eichendorffstraße, Schottenanger, Georg-Engel-Straße und Franziskanergasse (alle Typ C). Dabei gehe es nicht nur um Verbesserungen für den KfZ-Verkehr, sondern für alle Verkehrsteilnehmer, versicherte Schneider.
Danke bayerische Staatsregierung. (Die "alte", selbstverständlich" ...)