Nur wenige Wahlveranstaltungen, die Zahl der Infostände und Plakate ist erkennbar geringer als bei anderen Urnengängen: Das Interesse an der Europawahl an diesem Sonntag hält sich auch in Unterfranken offensichtlich in Grenzen. Die Nachfrage nach Briefwahl-Unterlagen variiert, wie eine Stichprobe der Redaktion ergab. Die Wahllokale selbst sind am Sonntag von 8 bis 18 Uhr geöffnet.
Viele Wahlberechtigte werden sich bis dahin schon entschieden haben, welcher der 34 Parteien sie ihre Stimme geben. Das Spektrum reicht von den Etablierten wie CSU, SPD oder Grünen bis hin zu Exoten wie der Partei für schulmedizinische Verjüngungsforschung oder der Partei des Fortschritts (PdF). Lag der Briefwahlanteil in Bayern bei der Europawahl 2019 bei 39,4 Prozent, betrug er bei der Landtagswahl 2023 schon 55,1 Prozent, in Unterfranken sogar 56,8 Prozent.
In der Stadt Schweinfurt hatten bis Donnerstagmittag 9200 der insgesamt gut 37.000 Wahlberechtigten Briefwahlunterlagen beantragt, bei der Landtagswahl im Herbst 2023 waren es bis zum Wahltag 9400, so Pressesprecher Werner Duske. Das deutet auf ein starkes Interesse am aktuellen Urnengang hin. Dabei lag die Kugellagerstadt bei der Europawahl 2019 mit einer Wahlbeteiligung von 48,5 Prozent unter den 410 Landkreisen und kreisfreien Städten in Deutschland nur auf dem drittletzten Platz.
Stadt Würzburg stellt Briefwahlkabinen auf
In Würzburg hingegen hinkt das Interesse an der Briefwahl deutlich den Zahlen der Landtagswahl hinterher. Laut Sprecherin Petra Steinbach haben bis Donnerstagmittag 40.200 Bürgerinnen und Bürger Briefwahlunterlagen beantragt. Bei der Landtagswahl hingegen nutzten rund 53.000 der circa 95.000 Wahlberechtigten die bequeme Möglichkeit, vorab abzustimmen. Wer die Briefwahlunterlagen vor Ort im Würzburger Rathaus abholt, kann übrigens gleich in einer der eigens aufgestellten Wahlkabinen sein Kreuzchen auf dem Stimmzettel machen.
Im Gegensatz zu Würzburg und Schweinfurt ist das Interesse an der Briefwahl im Bereich der Verwaltungsgemeinschaft Mellrichstadt (Lkr. Rhön-Grabfeld) sogar noch gestiegen: Wahlleiterin Juliane Hergenhan hatte bis Donnerstag schon an 3600 der 9000 Wahlberechtigten in den Gemeinden Oberstreu, Bastheim, Stockheim, Hendungen und Mellrichstadt Wahlunterlagen verschickt, bei der Landtagswahl hingegen wurden lediglich 3450 Briefwählerinnen und -wähler gezählt.
Und noch dürften überall weitere hinzukommen. Bis diesen Freitag, 18 Uhr, können bei den kommunalen Wahlämtern Briefwahlunterlagen beantragt werden. Per Post schaffen es die ausgefüllten Wahlbriefe dann nicht mehr bis zur Auszählung, aber persönliches Einwerfen im zuständigen Rathaus vor Ort ist bis Sonntag um 18 Uhr möglich.
Erstmals dürfen bei einer Wahl in Bayern am Sonntag auch 16- und 17-Jährige mitwählen – in Unterfranken bekommen 23.500 diese Möglichkeit der Beteiligung. Inwieweit sie diese nutzen, bleibt abzuwarten. Eine Umfrage, die die Bertelsmann Stiftung jetzt veröffentlichte, ergab zwar, dass die jungen Menschen in Deutschland prinzipiell pro-europäischer eingestellt sind als Ältere. Letztere aber signalisierten ein stärkeres Interesse an der Europawahl als die Jungen.
Unterfranke Stefan Köhler mit guten Wahlaussichten
Betrachtet man die Wahlumfragen, stehen die Chancen nicht schlecht, dass erstmals seit dem Ausscheiden der SPD-Politikerin Kerstin Westphal vor fünf Jahren aus dem Europaparlament wieder ein Unterfranke Abgeordneter in Straßburg und Brüssel werden könnte. Stefan Köhler, der unterfränkische Bauernpräsident aus Wiesen (Lkr. Aschaffenburg), belegt auf der CSU-Liste einen aussichtsreichen sechsten Platz.