Die Europawahl führt ein wenig ein Schattendasein im politischen Alltag. Zu Unrecht, sagen viele Experten, schließlich werden zahlreiche Gesetze, sei es in der Landwirtschaft oder beim Arbeits- und Verbraucherschutz, in Brüssel und Straßburg verhandelt und beschlossen. Am Sonntag, 9. Juni, sind die Wählerinnen und Wähler in Deutschland an die Urnen gerufen - so viele wie nie zuvor: Erstmals dürfen schon 16- und 17-Jährige mitwählen.
Wann findet die Wahl statt?
Die Wahl zum Europäischen Parlament findet alle fünf Jahre in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union statt, in diesem Jahr vom 6. bis 9. Juni. In Deutschland sind die Wahllokale am Sonntag, 9. Juni, von 8 bis 18 Uhr geöffnet. Gewählt werden europaweit 720 Abgeordnete, darunter 96 in Deutschland.
Wer darf wählen?
Erstmals dürfen bei einer Wahl in ganz Deutschland schon Jugendliche ab 16 Jahren ihre Stimme abgeben. In Bayern gab es noch nie eine demokratische Wahl, bei der Unter-18-Jährige mitentscheiden durften. Bei der Europawahl sind im Freistaat rund 220.000 der 10,4 Millionen Wahlberechtigten erst 16 oder 17 Jahre alt, in Unterfranken sind laut Landeswahlleitung rund 23.500 jugendliche Wahlberechtigte registriert.
Dürfen auch Ausländer wählen?
Ja, auch die Staatsangehörigen anderer EU-Länder sind wahlberechtigt. Sie müssen sich aber entscheiden, ob sie hierzulande oder in ihrem Heimatland die Stimme abgeben. Wer erstmals in Deutschland wählen möchte, muss sich bis zum 19. Mai in seiner Wohngemeinde ins Wählerverzeichnis eintragen lassen. Die meisten EU-Staatsangehörigen in Bayern stammen aus Rumänien, Kroatien, Polen, Italien und Österreich.
Wann beginnt die Briefwahl?
Zwischen dem 28. April und dem 19. Mai verschicken die Städte und Gemeinden die Wahlbenachrichtigungen mit den wichtigsten Informationen zum Wahllokal. Mit der Wahlbenachrichtigung können Briefwahlunterlagen beantragt werden. 2019 stimmten 39,4 Prozent der Wählerinnen und Wähler in Bayern per Brief ab.
Welche Parteien stehen zur Wahl?
Nach Auskunft der Landeswahlleitung stehen bayernweit 34 Parteien auf dem Stimmzettel, allen voran die Parteien, die auch im Bundestag und im Landtag vertreten sind, so CSU, Grüne, SPD, Freie Wähler, AfD, FDP, Linke und Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Aber auch exotische Gruppierungen wie die Partei für schulmedizinische Verjüngungsforschung oder die Demokratische Allianz für Vielfalt und Aufbruch haben Kandidatinnen und Kandidaten nominiert.
Gibt es Kandidaten und Kandidatinnen aus Unterfranken?
Gute Chancen, einen Sitz im Europaparlament zu erlangen, hat der CSU-Kandidat Stefan Köhler aus Wiesen (Lkr. Aschaffenburg). Der unterfränkische Bauernpräsident steht auf Platz sechs der CSU-Liste. Auf den Listen der anderen Parteien sind kaum Vertreterinnen und Vertreter aus der Region zu finden, schon gar nicht auf aussichtsreichen Plätzen. So steht auf Platz 48 der SPD-Liste der Schweinfurter Tanyel Tas, die Kleinpartei Volt schickt auf Listenplatz 13 den gebürtigen Bad Brückenauer Hans-Günter Brünker aus Bamberg ins Rennen.
Welche Regeln gelten bei der Wahl?
Jede Wählerin und jeder Wähler hat eine Stimme, mit der sie oder er eine Liste ankreuzt. Anders als bei der Bundestags- oder Landtagswahl gilt bei der Europawahl keine Prozenthürde. So haben auch kleine Parteien eine Chance auf Mandate. Bei der Wahl 2019 verteilten sich die 96 deutschen Sitze wie folgt: CDU: 23, CSU: 6, Grüne: 21, SPD: 16, AfD: 11, FDP: 5, Linke: 5, Freie Wähler: 2, Die Partei: 2, Tierschutzpartei: 1, Piratenpartei: 1, Volt: 1, Familienpartei: 1, ÖDP: 1.
Wer hat Unterfranken bislang in Europa vertreten?
Unterfranken ist in der aktuellen Legislaturperiode erstmals überhaupt nicht mit einem Abgeordneten im Europaparlament vertreten. Frühere Abgeordnete waren Ursula Schleicher (CSU, Aschaffenburg, von 1979 bis 2004), Bruno Friedrich (SPD, Würzburg, 1979 bis 1987), Lore Neugebauer (SPD, Mellrichstadt, 1987 bis 1989), Anja Weisgerber (CSU, Schwebheim, 2004 bis 2013) und Kerstin Westphal (SPD, Schweinfurt, 2009 bis 2019).