
Im Verein „Zwei-Ufer–Land“ sind die Wogen noch nicht geglättet. Auch nicht nach einem Gespräch mit Leinachs Bürgermeister Uwe Klüpfel. Seine Gemeinde hatte bei der Auftaktveranstaltung zum Start der Tourismusregion besonders viel Spott abbekommen. Da fielen Äußerungen wie: „Wenn man wissen will, wie es nach dem Krieg ausgesehen hat, muss man nach Leinach gehen.“ Oder: „Es macht keinen Unterschied, ob man an einem Tag den Zoo besucht und am nächsten Tag Leinach.“ Günther Stadtmüller aus Veitshöchheim klopfte diese Sprüche bei der Auftaktveranstaltung am vergangenem Samstag vor gut 600 Gästen in den Mainfrankensälen in Veitshöchheim.
Für die Verantwortlichen des Vereins „Zwei-Ufer-Land“ besteht deswegen aber kein Grund, Abbitte zu leisten. Vorsitzender Norbert Häglsperger und Margetshöchheims Bürgermeister Waldemar Brohm sahen aber dringenden Klärungsbedarf und suchten das Gespräch mit Leinachs Bürgermeister. „Bei aller guten Absicht, die hinter der Veranstaltung stand, bleibt ein Scherbenhaufen, verbunden mit einer traumatischen Situation“, lautete Häglspergers beinahe resignierende Feststellung. Gleichzeitig äußerte er auch sein „größtes Verständnis für die Betroffenheit in Leinachs Bevölkerung.“
Manuskripte vorher nicht gelesen
Aber auch die Veitshöchheimer bekamen ihr Fett weg. Elmar Nun aus Retzstadt verglich die Gemeinde mit einem Parkett. Zumindest aus der Luft betrachtet seien viele Bretter vor den Köpfen der Menschen dort zu sehen, wenn sie nach oben schauen.
Wie es zu den Sticheleien kommen konnte, ist für Häglsperger und Brohm nach wie vor absolut unerklärlich. „Jeder wusste, worum es geht. Es gab eine völlig klare Intention, nämlich die Präsentation der eigenen Dachmarke“, erinnerte Brohm an die Vorgaben für die einzelnen Akteure. „Mit grenzwertigen Bemerkungen den Bogen zu überspannen und sich auf Kosten anderer lustig zu machen, war seitens des Vorstands niemals gewünscht“, wird Brohm deutlich. In Anbetracht der klaren thematischen Vorgaben hatten die Verantwortlichen des Tourismusvereins als Veranstalter auch keinen Grund gesehen, sich die Texte vorlegen zu lassen. Ein Großteil der Beiträge war im Übrigen zudem in Prosa vorgetragen worden. „In einer Schule würden Kinder gesagt bekommen: Thema verfehlt! Setzen! Note sechs“, lautete Klüpfels allgemeine Beurteilung der verbalen Ausrutscher.
Verständnis in den Nachbargemeinden
Unterstützung bekommt Klüpfel von seinen Bürgermeister-Kollegen aus Erlabrunn und Thüngersheim. „Die Veranstaltung war ein voller Erfolg. Allerdings kam aber leider die Gemeinde Leinach bei vielen Wortbeiträgen negativ rüber. Das Fass endgültig zum Überlaufen brachte der Vergleich Zoo und Leinach. Für die Verärgerung in Leinach habe ich deshalb vollstes Verständnis. Ich würde mir wünschen, dass sowohl die Gemeinde Leinach wie auch der Vorstand keine Konsequenzen ziehen in Form eines Austritts oder Rücktritts“, sagt Bürgermeister Thomas Benkert aus Erlabrunn.
Dass der Hohn und Spott für die Leinacher zu viel war, findet auch Bürgermeister Markus Höfling aus Thüngersheim: „Mein Herz hängt am ,Zwei-Ufer-Land' in Nachfolge des Nördlichen Würzburger Land. Deshalb freuten mich auch viele Rückmeldungen zu einer guten Veranstaltung. Jedoch waren einige Dinge aus meiner Sicht nicht rund. Als gravierend empfand ich unpassende Beiträge, die inhaltlich kolossal an der beabsichtigten touristischen Werbung vorbeigingen.“
In Leinach Gesprächsthema Nummer eins
Günther Stadtmüller sieht dies anders. In einer Stellungnahme schreibt er: „Dem muss ich aber als Mitwirkender heftig widersprechen. In meinen Ausführungen habe ich ganz explizit für den neu gegründeten Tourismusverbund plädiert und alle beteiligten Gemeinden angesprochen. Auch Leinach natürlich.“ Den Vorwurf, dass er mit seinem kabarettistischen Auftritt Leinach zerrissen haben soll, weist Stadtmüller von sich. Er fühle sich falsch zitiert. „Solch plumpe Äußerungen sind mir fremd“, so Stadtmüller. Trotzdem entschuldigt er sich bei den Leinachern: „Ich hoffe, Leinach kann mir noch einmal vergeben und vor allem hoffe ich, dass das Zwei-Ufer-Land trotz angeblich in die Hose gegangener Auftaktveranstaltung entsprechend Fahrt aufnimmt“, schreibt der Veitshöchheimer in einer Stellungnahme.
Ob dies dazu beiträgt, die Wogen der Entrüstung in Leinach wieder zu glätten? Am Wochenende herrschte jedenfalls noch helle Aufregung. Vor allem in den Geschäften waren Stadtmüllers Spitzfindigkeiten das Gesprächsthema. Auch beim Waldgang der Gemeinde am Wochenende wurde darüber eifrig diskutiert. Spannend dürfte an diesem Dienstag die Sitzung des Gemeinderates werden, in der das Thema mit Sicherheit wieder zur Sprache kommt.