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Theilheim
"Ich hatte nur einmal kurz Angst": 73-Jähriger schildert am Amtsgericht Würzburg, wie er Enkeltrick-Betrüger stellte
Ein 33-jähriger Enkeltrick-Betrüger wurde vom Amtsgericht Würzburg zu zwei Jahren und vier Monaten Gefängnis verurteilt. Wie der Betrug aufgedeckt wurde.
Enkeltrick-Betrug ist in Unterfranken keine Seltenheit. Ein Fall wurde nun am Würzburger Amtsgericht verhandelt (Symbolfoto).
Foto: Thomas Obermeier | Enkeltrick-Betrug ist in Unterfranken keine Seltenheit. Ein Fall wurde nun am Würzburger Amtsgericht verhandelt (Symbolfoto).
Patrick Wötzel
 |  aktualisiert: 25.11.2023 03:08 Uhr

Immer wieder warnt die Polizei ältere Menschen vor so genannten Enkeltrick- oder Schockanrufen. Mit ihrem Anruf bei einem 73-jährigen Rentner aus Theilheim gerieten Betrüger aus dem Ausland im Mai dieses Jahres an den Falschen: Der ehemalige Verwaltungsbeamte merkte sofort, dass er über den Tisch gezogen werden sollte. Er sorgte dafür, dass ein 33-jähriger Mann bei der Geldabholung vor seinem Haus verhaftet und jetzt vom Amtsgericht wegen des versuchten schweren Betrugs zu zwei Jahren und vier Monaten Gefängnis verurteilt werden konnte.

"Nicht besonders professionell" seien die Täter vorgegangen, sagte der 73-Jährige, der am 17. Mai 2023 am Mittagstisch den betrügerischen Anruf erhalten hatte. Am anderen Ende der Leitung war ein angeblicher Hauptkommissar und erzählte von einem tödlichen Verkehrsunfall: Der Sohn des Rentners habe mit seinem PKW die Vorfahrt missachtet und sei für den Tod einer Radlerin und zweifachen Mutter verantwortlich. 45.000 Euro Kaution seien nötig, um eine monatelange Untersuchungshaft zu vermeiden.

73-Jähriger aus Theilheim: "Ich hatte nur einmal kurz Angst"

Um das Szenario glaubwürdiger erscheinen zu lassen, war eine weinerliche Stimme im Hintergrund zu hören: "Papa, du muss mir helfen." Der 73-Jährige ließ sich davon nicht beeindrucken: "Der angebliche Kommissar hat Ausdrücke verwendet, die nicht gepasst haben, und mein Sohn hat damals nicht hier in der Gegend gelebt." Unter dem Vorwand, das Geld in Würzburg von der Bank holen zu müssen, beendete der Rentner das Gespräch zunächst und informierte die Polizei.

Bei einem zweiten Telefongespräch eine gute Stunde später gab sich der Anrufer als Staatsanwalt aus, der weiter Druck machte: Die Kaution für den verhafteten Sohn müsse noch am selben Nachmittag eingezahlt werden. Zu diesem Zeitpunkt war die Polizei längst vor Ort und hatte den 73-Jährigen auf die Geldübergabe vorbereitet: "Das war sehr beruhigend. Ich hatte nur einmal kurz Angst, als ich rausgegangen bin und niemanden gesehen habe."

So äußerte sich der Angeklagte am Landgericht Würzburg

Nachdem der Rentner vor seinem Haus einen weißen Umschlag übergeben hatte, griffen die versteckten Beamten sofort zu und verhafteten den Angeklagten an Ort und Stelle. Der 33-Jährige war von den Hintermännern beauftragt worden, das Geld abzuholen und zusammen mit seiner Verlobten mit dem Taxi von Würzburg nach Theilheim gefahren. Die 31-jährige Frau, die nach Aussage des Mannes nichts mit dem Schockanruf zu tun hatte, landete ebenfalls für kurze Zeit in Untersuchungshaft und auf der Anklagebank, wurde vom Amtsgericht aber freigesprochen.

Der Angeklagte legte ein umfassendes Geständnis ab, nachdem Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung sich auf einen Deal mit einer Strafobergrenze von zweieinhalb Jahren geeinigt hatten. Insgesamt tausend Euro sollte er für die Abholung der Beute erhalten: "Er war das kleine Rädchen und scharf auf das Geld, das wurde ausgenutzt. Die Hintermänner tragen überhaupt kein Risiko", sagte sein Verteidiger Peter Möckesch.

Darum konnten die Ermittler die Hintermänner nicht fassen

Mit dem Geld wollte der 33-jährige, der keinen festen Wohnsitz in Deutschland hat, nach eigener Aussage seiner Verlobten einen Heiratsantrag machen. Er saß bereits wegen schweren Bandendiebstahls vier Jahre im Gefängnis, beging die neue Straftat ein knappes halbes Jahr nach seiner Entlassung und steht außerdem unter Führungsaufsicht.

Sein Auftraggeber soll ein weitläufiger Verwandter gewesen sein, den er auf einer Beerdigung kennengelernt hat. Um "Ärger mit der Familie zu vermeiden" machte er keine Angaben zu den Hintermännern, die von der Polizei wie fast immer in solchen Fällen nicht ermittelt werden konnten. "In seinem Handy waren nur ausländische Nummern gespeichert, mit denen wir nicht weitergekommen sind", erläuterte die Sachbearbeiterin der Kripo im Zeugenstand.

 
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  • Peter Koch
    Vorbestraft wegen schweren Bandendiebstahls und dann nur 2 Jahre und 4 Monate im aktuellen Fall. Das kann ich nicht verstehen und warum der Täter nicht abgeschoben wurde verstehe ich auch nicht. Das war doch wieder Bandenkriminalität wofür 5 Jahre Haft möglich wären.
    Mit solchen Urteilen macht man doch nur Werbung für Rechtsradikale.
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  • Sie wissen, was der Begriff "Deal" besagen will? Er erspart der Polizei Arbeit und einen langen Prozess und kriegt dafür Rabatt im Bau. Abgesehen davon ist zu erwarten, daß ein Wohnsitzloser drei Tage nach der Abschiebung wieder da ist. Der ist ohnehin der unterste Unterling im System, der einzige, der sich exponiert und den Knast oder die Prügel abbekommt. Die höheren Chargen hängen irgendwo in Türkei oder Russland am Telefon und dirigieren.
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