
Der Mangel an Personal und Fachkräften in der Kindertagesbetreuung ist bundesweit ein großes Problem. Einer aktuellen Studie zufolge fehlen in Deutschland mehr als 125.000 Erzieherinnen und Erzieher. Das Familienzentrum (FAZ) im Würzburger Stadtteil Heidingsfeld indes geht seit mehr als 30 Jahren einen Weg, durch den es mit dieser schwierigen Situation deutlich besser zurechtkommt als andere Kindertagesstätten: Alle Eltern arbeiten nach Dienstplan regelmäßig ehrenamtlich mit, entlasten dadurch das Fachpersonal, sorgen für Einsparungen bei den Personalkosten - und empfinden es als großen Vorteil, ihre Kinder nicht einfach nur an der Tür abzugeben.
"Café Klein & Groß" und offene Angebote für alle
"Hier ist vieles anders", sagt Noomi Crisci. Sie hat gerade für das "Café Klein & Groß" Waffeln gebacken und Kaffee gekocht. Der wöchentliche Treffpunkt am Freitagnachmittag gehört neben dem Kindergarten auch zum Konzept: Die offenen Angebote des Familienzentrums, die rein ehrenamtlich organisiert werden, stehen allen Menschen offen. Willkommen ist jede und jeder.

Beim letzten Termin vor den Sommerferien sind vor allem von einige Mütter mit ihren Kindern im Café. Dass sie hier am Ende der Kindergartenwoche noch einmal zusammenkommen, ist ein Zeichen für den großen Zusammenhalt. "Die Gemeinschaft hier ist wunderschön, Eltern und Kinder verbringen sehr viel Zeit miteinander", berichtet Noomi Crisci.
Bei den "Bären" und den "Löwen" helfen Mütter und Väter mit
Zwei Gruppen gibt es in der Heidingsfelder Kita: die "Bären" mit zehn Kindern im Alter von 1 bis 3 Jahren und die "Löwen" mit 15 Kindern zwischen 2 und 10 Jahren. In beiden Gruppen unterstützen hauptsächlich Mütter, aber auch einige Väter im Wechsel jeweils drei Stunden lang die Erzieherinnen. Sie halten ihnen so den Rücken frei, damit sie sich auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren können.
Dieses Betreuungskonzept erfordert viel Zeit und ehrenamtliches Engagement: "Nicht alle Eltern passen hierher, das muss man klar sagen. Es braucht die Bereitschaft mitzuarbeiten, und man sollte das auch als Vorteil sehen", betont Raphaela Weimert. Sie ist die 2. Vorsitzende des Trägervereins "Familienzentrum e.V.", der das prächtige Haus mit seinem großen naturbelassenen Garten und einem Abenteuerspielplatz im Frau-Holle-Weg seit über 30 Jahren zu günstigen Konditionen von der Stadt gemietet hat.

Der Vorteil der regelmäßigen Einsätze bei der Betreuung der Bären und Löwen: "Ich gebe mein Kind hier nicht nur ab, sondern kenne die anderen Kinder und Eltern und bekomme sehr viel davon mit, wie es hier ist", sagt Noomi Crisci. "Ich konnte auch den Erzieherinnen schon das eine oder andere abschauen und empfinde es als sehr wertvoll, dass die Kinder zu anderen Erwachsenen Kontakt haben und dadurch unterschiedliche Einflüsse erleben."
Vorteil der Heidingsfelder Kita: Kleinere Gruppen, weniger strenge Regeln
Raphaela Weimert nennt ein weiteres großes Plus: "Es ist supercool, im Kindergarten seiner Kinder so viel Einfluss zu haben und so nahe dran zu sein. Das ist nicht überall der Fall." Beruflich erlebe sie, wie Erzieherinnen in vielen anderen Kitas vorgehen müssen, um den Laden am Laufen zu halten: "Wir haben hier kleinere Gruppen und brauchen auch viel weniger strenge Regeln."

Laura Buchner hat durch die regelmäßige Mitarbeit in den Gruppen die Leistung von Erzieherinnen und Erziehern schätzen gelernt. "Ich habe größten Respekt davor, wie sie es täglich schaffen, eine Gruppe Kinder zu bändigen", sagt die ehemalige 1. Vorsitzende des Vereins. Durch die vielen Begegnungen sind Freundschaften und eine große Gemeinschaft der Eltern und Kinder entstanden. "Wie in jedem sozialen Gefüge und jeder Familie gehören natürlich auch Reibereien dazu, daran kann man aber auch wachsen."
Mit einer studentischen Elterninitiative und einer Krabbelgruppe ging alles los
Das Familienzentrum ist übrigens das Resultat einer studentischen Elterninitiative: Die gründete 1987 eine Krabbelgruppe, um sich gegenseitig bei der Kinderbetreuung zu unterstützen. Der daraus entstandene Verein gehört seit den 1990er Jahren zum bayerischen "Netz für Kinder".
Dessen Förderkonzept sieht vor, dass in der Kindertagesstätte auch einige Hortkinder betreut werden, die bereits die Grundschule besuchen. Im Landesverband der bayerischen Mütter- und Familienzentren ist das FAZ Heidingsfeld eines von nur drei Mitgliedern aus Unterfranken.
Schöner Name für die Kita gesucht - und ehrenamtliche Helferinnen und Helfer
Zu den ehrenamtlich organisierten offenen Angeboten im Familienzentrum, das gerade einen schöner klingenden Namen für seine Kita sucht, gehören unter anderem eine wöchentliche Krabbelgruppe, eine Ferienbetreuung für Grundschulkinder und eine Linedance-Gruppe, die sich regelmäßig trifft. Für seine offenen Angebote sucht der Verein immer wieder Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren und eigene Kurse, Vorträge oder Workshops anbieten möchten.
