
Diana Damrau gilt als eine der größten Sopranistinnen unserer Zeit. Geboren 1971 in Günzburg, hat sie in Würzburg studiert und am Mainfranken Theater ihr Bühnendebüt gegeben. Heute singt die 53-Jährige an allen großen Häusern weltweit. Inzwischen ist sogar ein Asteroid nach ihr benannt. In diesem Jahr ist sie Schirmherrin des Festivals Lied, das vom 5. bis 16. März in Würzburg stattfindet. Ein Gespräch über 30 Jahre Opernkarriere, ihre Heimat und die - vielfach unterschätzte - Bedeutung des Kunstlieds.
Diana Damrau: Ich war im Sommer in Würzburg, es gibt hier noch viele Freunde aus dem Studium und natürlich Theaterkollegen aus meiner Zeit am Mainfranken Theater. Ich habe die Baustelle besichtigt und hoffe, dass das so schnell wie möglich fertig wird. Das Theater ist doch das Herz der Stadt. Was ich fantastisch finde, ist, dass der Neubau sich nach außen öffnet. Der Ballettsaal ist einsehbar - das ist fast wie die Juilliard School in New York, da sieht man die Tänzer auch von der Straße aus.
Diana Damrau: Ich wundere mich nicht, ich finde es ganz wunderbar. Wir brauchen die Musik, wir brauchen die Kultur als Spiegel und als Medizin. Und als Ausdruck unserer Wurzeln. Das ist ja unsere Geschichte. Gerade in der Musik und in der Poesie geht es um den Menschen und seine Gefühle. Das ist immer aktuell. Deswegen ist mir das Lied so wichtig. Und deswegen bin ich sehr stolz, so ein großes Programm mit vorstellen zu können.
Damrau: Ein ganzer Kosmos! Es wird eine riesige Bandbreite gezeigt. Man hört nicht nur die ganz großen Namen, sondern auch Duos oder junge Künstler, die gerade Wettbewerbe gewonnen haben. Das Programm ist unglaublich spannend. "Waldeinsamkeit" steht neben "Krieg und Frieden" oder "Lust und Schmerz". Und eine "Schubertiade" darf natürlich auch nicht fehlen.

Damrau: Ein ganz großer Einschnitt war Covid, wo viele Künstler gezwungen waren, ihren Beruf aufzugeben oder gar nicht erst antreten konnten. Schockierend war zu sehen, mit welchem Unverständnis die Politik die Kultur untergraben hat. Oder untergräbt, wie gerade in Berlin, wo man unglaubliche Kürzungen vornimmt. An der Kunst selbst hat sich nichts geändert. Wir sprechen und singen immer noch aus vollstem Herzen und berühren mit wunderbarsten Melodien und immer aktuell bleibenden Themen die Seele des Zuhörers. Und helfen ihm vielleicht auch, einiges zu überwinden. Oder sich einfach nur zu freuen. Was ganz wichtig ist, denn in letzter Zeit ist das Leben auf der Welt nicht so ganz einfach.
Damrau: Ich denke, man sollte das immer anstreben. Eine Karriere ist etwas sehr Persönliches und immer an Situationen gebunden. Man braucht auch Glück. Aber man muss auch bereit sein, unaufhörlich an sich selbst und an der Stimme zu arbeiten und wirklich dafür zu brennen. Ich habe mir meine CDs noch zusammengespart, heute klickt man auf YouTube und bekommt tausende von Aufnahmen - vollkommen ungefiltert. Früher hatte man mit professionellen Aufnahmen noch eine Garantie der künstlerischen Wertigkeit. Und auch der Beruf des Musikkritikers, die Kunst des Feuilletons geht verloren. Heute werden Karrieren auf Social Media gemacht, da bleibt für junge Sänger kaum mehr Zeit zu wachsen, und so mancher "Shooting Star" wird irgendwohin geschossen, wo er sich gar nicht halten kann, weil es ihm an Erfahrung und durchlaufenen Entwicklungsstufen fehlt.

Damrau: Ich habe den Anfang meiner Bühnenlaufbahn hier in Würzburg so genossen! Meine ersten Liederabende habe ich selbst organisiert und selbst plakatiert. Und dann gingen wir raus und hatten vielleicht 80 Zuschauer oder weniger. Egal, es war wunderbar! Nur so lernt man. Wer denkt dabei, wo man in 20 Jahren ist? Aber man muss auch aufpassen, lernen, Nein zu sagen und auch bei der Repertoireauswahl gut planen. Für mich gab es eine Zeit für die Königin der Nacht und das extrem hohe Koloraturfach, eine Zeit für Belcanto und jetzt ist - wieder - Zeit für Mozart und Strauss.
Damrau: Ich brauche die Oper, liebe die Arbeit im Ensemble. Ich bin ein Bühnentier. Aber meine Kinder sind jetzt zwölf und 14, die brauchen mich, denn die Schule verlangt ihren Tribut und Sesshaftigkeit. Und da passe ich mich an. So wie sie sich früher uns angepasst haben, als wir zu viert weltweit mit Live-in-Nanny unterwegs waren und von einer Opernproduktion zur nächsten gezogen sind. Deshalb habe ich auch hier in Zürich die Professur mit 30 Prozent angenommen. Damit ich da sein kann und mir zudem ein weiteres Standbein aufbaue, denn ich empfinde es als meine Pflicht, mein Wissen und meine Erfahrungen weiterzugeben. Liederabende und Konzerte lassen sich zeitlich flexibler planen und in kürzere Phasen einteilen. Auf unsere dritte Tournee mit Jonas Kaufmann und Helmut Deutsch nun mit Strauss und Mahler freue ich mich schon riesig, das ist top! Auch, dass ich dazwischen sogar kurz hin und her fahren kann. Und dann bin ich wieder ganz da.
Alle Informationen zum Festival Lied unter www.festival-lied-wuerzburg.de
Mit freundlichen Grüßen
Ralf Zimmermann, Main-Post Digitales Management