Die Deutsche Bahn verweigert eine öffentliche Auskunft, warum der Fahrdienstleiter dem ICE 529, der am 2. September von Essen nach München unterwegs war, zunächst die Einfahrt in den Würzburger Hauptbahnhof verweigert hat. Wie berichtet, mussten die Fahrgäste im vollen Zug kurz vor dem Bahnhof rund 25 Minuten auf offener Strecke warten, bis der Lokführer die Fahrt fortsetzen durfte. Fahrgästen zufolge hatte der Zugchef zwischenzeitlich über den "störrischen Fahrdienstleiter" geschimpft, der die Signale auf Stopp gestellt habe, weil ihm die Zugnummer unbekannt gewesen sei. Einige Passagiere verpassten wegen des Zwischenstopps ihren Anschlusszug nach Wien.
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"Die Sicherheit des Bahnbetriebs war durch den Zwischenfall zu keinem Zeitpunkt gefährdet", betonte ein Sprecher der Bahn am Montag auf wiederholte Nachfrage. Es handle sich um einen "seltenen Einzelfall", der intern von "Qualität-Teams" aufgearbeitet werde. Eine Information der Öffentlichkeit sei dabei nicht vorgesehen. Den Einwand, dass die Aufklärung des Zwischenfalls doch helfen könne, Verständnis zu wecken und Vertrauen in die Bahn zu gewinnen, wollte der Sprecher nicht gelten lassen. "Wir schauen lieber nach vorn und bemühen uns, die Dinge beim nächsten Mal besser zu machen."
Eisenbahn-Insider bleiben nur Spekulationen
Fahrgästen und Eisenbahn-Freunden bleibt also nur, weiter über das mutmaßliche Missverständnis zwischen dem verantwortlichen Zugchef und dem Fahrdienstleiter in Würzburg zu spekulieren. Ein Bahn-Kenner, der sich bei der Redaktion meldete, verweist auf einen Eintrag auf der privat betriebenen Internetseite "fernbahn.de". Dort ist die Information zu finden, dass der ICE 529 von Essen nach München seit 26. August mit einem ICE-4-Triebzug statt mit einem ICE 3 gefahren wird. Dadurch habe sich mutmaßlich auch die Nummer des Zuges geändert. Warum diese Änderung dann aber erst am 2. September in Würzburg zu einem Zug-Stopp führte, ist für den Insider ebenso unerklärlich wie die Tatsache, dass es offenbar nur in Würzburg Probleme gab.
Große Resonanz im Facebook-Forum
Auf große Resonanz stieß der Fall indes im offenen Facebook-Forum "Zugbegleiter". Weit über 100 Mal wurde der Bericht der Redaktion dort geteilt, über 300-mal kommentiert. Dabei hagelt es gleichermaßen Kritik wie Zustimmung für die beteiligten Bahnmitarbeiter. Der Fahrdienstleiter habe "alles richtig gemacht", heißt es an mehreren Stellen. Er müsse sich eben an die Vorgaben halten. Ein anderer Nutzer schreibt: "Was für eine Bürokratie." Er sei früher selbst Fahrdienstleiter gewesen und habe alle Züge einfahren lassen, die vom vorhergehenden Bahnhof gemeldet wurden. "Um die Zugnummern haben wir uns kaum geschert."
Kritisch wird das Verhalten des Zugchefs gesehen, der gegenüber den Fahrgästen von einem "störrischen Zugbegleiter" sprach. Kollegen vor anderen zu schlecht machen "geht gar nicht", schreiben viele Nutzer. Gleichzeitig muss die Bahn jede Menge Spott ertragen: Ohne den Fahrdienstleiter wäre der Zug wohl "zu pünktlich gewesen".
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Pro Bahn fordert besseres Krisenmanagement
Bei der Aufsichtsbehörde, dem Eisenbahnbundesamt in Bonn, ist der Vorfall von Würzburg bislang nicht bekannt geworden. Solange solche Vorfälle nicht sicherheitsrelevant seien, gebe es auch keine Pflicht für das Unternehmen Bahn, sie zu melden, so ein Behördensprecher am Montag.
Beim Fahrgastverband Pro Bahn, der Interessensvertretung der Bahnkunden, hat man derweil kein Verständnis für die Haltung der Bahn, die Passagiere über die Gründe von Verspätungen im Ungewissen zu lassen. Viel zu oft werde mit dem Argument "Betriebsgeheimnis" die Aufklärung verweigert, klagt Ernst Croner, der Sprecher von Pro Bahn Unterfranken. Man wünsche schon lange ein "besser funktionierendes Krisenmanagement".
Die Berichterstattung über diesen Vorfall finde ich schon berechtigt, immerhin ist die Bahn auf dieser Schienenstrecke Monopolist und führt sich leider auch so auf. Viele Menschen sind auf eine funktionierende Bahn angewiesen, aber die Qualität der einst legendär pünktlichen Deutschen Bahn hat deutlich nachgelassen.