
Der Naturwissenschaftliche Verein Würzburg e. V. feiert 2019 seinen hundertsten Geburtstag. Dieter Mahsberg, Vorsitzender des Naturwissenschaftlichen Vereins, spricht über den Zustand der Natur in Würzburg und über die Arbeit seines Vereins.
Dieter Mahsberg: Der Verein soll eine Brücke zwischen Wissenschaft und Bürgern schlagen. Wir sehen uns als Lobbyisten für die Natur. Unsere Vorträge und Exkursionen stehen allen Bürgern offen. Die Artikel der 52 erschienenen Abhandlungsbände befassen sich überwiegend mit Themen zur fränkischen Region und sind für die Allgemeinheit lesbar verfasst.
Mahsberg: Trotz eines hohen Durchschnittsalters im Verein, sehen wir, dass sich junge Menschen wieder stärker für die Naturwissenschaften interessieren und für Umweltthemen engagieren. Unser jüngstes Mitglied ist sieben Jahre alt und begeisterte sich auf einer unserer Exkursionen für Fledermäuse. Ein gutes Zeichen, denn in unserem Jubiläumsjahr wollen wir 100 neue Mitglieder werben.
Mahsberg: Inhaltlich sehen wir uns in der Tradition der Würzburger Naturwissenschaften, wobei Zoologie, Botanik und Geologie im Mittelpunkt stehen. Schon die Gründer machten sich Gedanken zum Rückgang der Artenvielfalt und Übernutzung. Wir setzen uns mit vielen aktuellen ökologischen Entwicklungen auseinander, wobei die Themen zum Klimawandel zunehmend Gewicht bekommen. Daher soll auch die Physik, Chemie und Medizin wieder stärker bei uns vertreten sein.
Mahsberg: In der Zwischenzeit formierten sich viele Umwelt- und Naturschutzverbände, für die der Verein teils Initiator war. So entstand ein wachsendes Netzwerk, in dem wir auch eng mit dem Bund Naturschutz zusammenarbeiten.
Mahsberg: Würzburg und Unterfranken sind Hotspots des Klimawandels, der sich auf Stadtnatur und Menschen, auf Wälder, Acker- und Weinbau und unser Wasser auswirken wird. Die grüne Lunge unserer Stadt muss noch mehr Luft zum Atmen bekommen. Gefährlich wäre, das Anpassungsvermögen der Natur zu überschätzen und mit nötigen Gegenmaßnahmen noch länger zu warten.
Mahsberg: Sie sprechen mit dem Verlust an Vielfalt ein globales Phänomen an. Trotzdem können wir Vielfalt auch im privaten Naturraum fördern, indem wir preußischen Ordnungssinn aus dem Garten verbannen und einfach mehr Unordnung zulassen. Auch Kommunen können Grünflächen und Pflanzstreifen so gestalten, dass sie Raum zum Leben bieten - vom Insekt angefangen bis hin zu uns Menschen.
Mahsberg: Als Kleinkind konnte ich noch im Main baden, bis sich die Wasserqualität durch Waschmittel und Abwässer enorm verschlechterte. Heute hat der Main zwar wieder Badequalität, die Artenvielfalt der Fische und anderer Organismen hat aber drastisch abgenommen. Steigende Temperaturen lassen zudem den Sauerstoffgehalt im Main sinken, worunter Fische und andere Wasserbewohner leiden.
Mahsberg: Ja, ich und andere Mitglieder aus dem Naturwissenschaftlichen Verein unterstützen die Bewegung auch als Wissenschaftler im Rahmen der Scientists for Future. Ich finde es sehr gut, dass sich so viele junge Menschen engagieren und berechtigte Forderungen aussprechen. Ihnen Schulschwänzen vorzuwerfen, halte ich für eine Missachtung der Stimmen uns nachfolgender Generationen.