Grundstücksangelegehenheiten: Dieser Tagesordnungspunkt der nichtöffentlichen Sitzung des Hettstadter Gemeinderates am 7. Oktober sorgt für reichlich Zündstoff im Ort. Denn dieses Mal ging es nicht um Verkaufs- und Kaufgeschäfte, die aus Gründen des Datenschutzes in Gemeinderäten gerne hinter verschlossenen Türen behandelt werden. Vielmehr sollen zwei Spielplätze aufgelöst und zu Bauland werden. Das hat der Gemeinderat als bloße Grundstücksangelegenheit unter Ausschluss der Öffentlichkeit diskutiert und mehrheitlich beschlossen. Eine Entscheidung, die vielen Hettstadter Bürgern nun sauer aufstößt.
Es geht um die Spielplätze Kalter Rain mit rund 1200 Quadratmeter und Bergtannen mit einer Fläche von etwa 1350 Quadratmeter. Sie sollen nach dem Willen des Gemeinderates jetzt aufgelöst und als Baugrundstücke veräußert werden. Dieser Grundsatzbeschluss steht noch unter Vorbehalt. Zunächst soll noch geprüft werden, ob diese überhaupt baulich genutzt werden können.
Für die Bürgermeisterin steht die Innenentwicklung im Vordergrund
Bürgermeisterin Andrea Rothenbucher (parteilos) verweist auf rund 70 erschlossene Baugrundstücke im Ortskern, die sich allerdings im Privateigentum befinden und auf ungewisse Zeit unbebaut bleiben. Auch habe es von Anwohnern entsprechende Anfragen gegeben, die Spielplatzflächen zu kaufen. Weil Gemeinden im ländlichen Raum dazu angehalten seien, "Innen vor Außen" zu entwickeln, sehe sie die Flächen der beiden Spielplätze als die einzige Möglichkeit an, jungen Familien auf der Suche nach Wohnraum zu helfen. Damit möglichst viele davon profitieren, ist für die Bürgermeisterin eine Bebauung beider Spielplätze mit Mehrfamilienhäuser denkbar. Vor allem was den Spielplatz Kalter Rain angehe, habe sie keine Bedenken. Denn nur rund einhundert Meter entfernt sei im Neubaugebietes Altensteig bereits ein weiterer Spielplatz entstanden.
Aber viele Hettstadter sehen das anders. Ihr Unmut über die Entscheidung des Gemeinderates kommt an beiden Spielplätzen zum Ausdruck. Bunte Bänder hängen an den Zäunen und Palisaden. "Rettet den Spielplatz" ist auf einem Transparent zu lesen. Und im Ort werden Unterschriften für ein Bürgerbegehren zum Erhalt der beiden Spielplätze gesammelt. Aber auch hier gibt es Ärger. "Die Sammlung von Unterschriften in den Kindergärten wurde uns nicht gestattet", empört Initiator Michael Bauer. Denn, er habe nicht vor, eine Bürgerinitiative zu gründen oder gar eine juristische Auseinandersetzung mit der Gemeinde führen zu wollen. "Wir sind nur der Meinung, dass Hettstadts Bevölkerung die Entscheidung treffen soll. Und zwar öffentlich." Mehr als 500 Unterschriften wurden bereits zum Erhalt der Spielplätze gesammelt. Am Dienstagabend wurden sie der Bürgermeisterin übergeben.
Es ist vor allem die Entscheidung im geheimen Kämmerlein, die viele Hettstadter umtreibt. "Kasse machen auf Kosten der Kleinsten? Das ist an Kurzsichtigkeit doch kaum zu übertreffen. Warum wird ein solcher Beschluss, der eine nachhaltige Auswirkung für die Familien mit Kindern hat, vom Gemeinderat klammheimlich gefällt?", wundert sich Bauer. Und Sebastian Lutz, langjähriges Mitglied der Unabhängigen Bürger Hettstadt (UBH), erklärte mittlerweile seinen Austritt aus der Gruppierung, die sieben Sitze im Gemeinderat hat und maßgeblich an der Entscheidung beteiligt war. "Einen so weitreichenden Beschluss in nichtöffentlicher Sitzung zu treffen, entspricht nicht meinem Demokratieverständnis."
Bürgermeisterin weist auf die Datenschutzgrundverordnung hin
Bürgermeisterin Andrea Rothenbucher begründete die Nichtöffentlichkeit zunächst mit einem Hinweis auf die Datenschutzgrundverordnung. "Das ist ein sehr durchschaubares Manöver, das ich so nicht akzeptieren kann", schreibt Lutz als Begründung seines Rückzugs. Mittlerweile sieht auch die Bürgermeisterin ein, die öffentliche Wirkung unterschätzt zu haben. Im Telefonat mit dieser Redaktion sagt sie: "Ja, ich hätte es anders machen müssen. Und ja, als Mutter zweier Kinder müsste ich das Bürgerbegehren zum Erhalt der Spielplätze auch unterschreiben."
Der Beschluss habe sich in der nichtöffentlicher Sitzung einfach aus der Diskussion heraus ergeben. "Insgesamt ist die Kommunikation in dieser Angelegenheit nicht optimal gelaufen", fasst die Rothenbucher ihre Gedanken im Nachgang der Entscheidung zusammen. "Hinterher weiß man´s eben immer besser", sagt sie.
Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Gemeinderatsbeschlusses
Ist der nichtöffentlich gefasste Beschluss überhaupt rechtmäßig? Zu dieser Frage nimmt die Kommunalaufsicht des Landratsamtes erst einmal allgemein Stellung, weil sie den Vorgang noch nicht abschließend detailliert geprüft hat. "Nach jüngerer Rechtsprechung stellt ein Verstoß gegen das Gebot der Öffentlichkeit der Gemeinderatssitzung regelmäßig eine schwerwiegende Verfahrensverletzung dar und führt zur Rechtswidrigkeit des betreffenden Gemeinderatsbeschlusses. Wenn die Gemeinde also keine Gründe angeben kann, warum die Angelegenheit in nichtöffentlicher Sitzung behandelt wurde, wäre der Beschluss rechtswidrig und damit ungültig." Die Folge wäre, dass ein neuer Beschluss in öffentlicher Sitzung gefasst werden müsste.