
Die Luft in Hermkes Romanboutique in der Würzburger Valentin-Becker-Straße riecht nach alten Büchern. Liebhaber würden bei dem Geruch, der von abertausenden Comics und gebrauchten Fantasy-Büchern ausgeht, wohl ins Schwärmen kommen. Jene, die engen Räumen voller bunter Literatur und eigenartiger Fantasy-Figuren nur wenig abgewinnen können, würden ihn wohl muffig nennen.
Drei Männer halten sich im Laden auf. Die Eigentümer Bernie Sterner und Gerd Eibach rücken ein paar Comics in den Regalen zurecht, an der Kasse sitzt André Holzheimer und tippt ein paar Zahlen in eine Excel-Tabelle. Kunden sind keine im Laden. Spätestens ab April wird auch André Holzheimer den Laden verlassen.
Schlechte Umsätze im vergangenen Jahr
"Es tut uns in der Seele weh, aber es führt kein Weg daran vorbei, den Laden zu zweit weiter zu betreiben", schreiben die Eigentümer in einem melancholischen Blogbeitrag mit dem Titel "Schöne Neue Welt". Seit Jahren gingen die Umsätze zurück. 2018 sei so schlecht gewesen, dass sich der Laden in der aktuellen Konstellation nicht einmal mehr selber tragen könne.

Die Zeiten, in denen Comics und Mangas in den Mainstream drängten und begeisterte Fans die Läden stürmten, sind längst vorbei. Zwar sind jene Werke, die früher als Schundliteratur verschrien waren, längst im Mittelpunkt der Gesellschaft angekommen. Bestellt werden Comics, Fantasy-Bücher, Spiele und Sammlerstücke aber längst im Internet. Viele Interessenten kämen heute nur noch in den Laden, um sich beraten zu lassen, gekauft würde dann viel zu oft bei Amazon.
Comics statt Schmuck
"Mit den Margen im Internet können wir einfach nicht mithalten", sagt Inhaber Gerd Eibach (53). Sein Vater Hermke Eibach hat den Laden 1981 gegründet. Sein Sohn kam 1990 nach einer abgebrochenen Goldschmiedeausbildung dazu. Damals fuhren die beiden noch mit dem Auto durchs Land, um ihre Waren zusammenzukaufen. Ab 1990 kam dann der Comic-Boom, die Nachfrage wurde größer, die Abläufe professioneller. Doch viele Entwicklungen der vergangenen Jahre hätten dem Laden zu schaffen gemacht. Bernie Sterner – er ist 52 Jahre alt – war von Anfang an dabei, half als 15-Jähriger im Laden aus und stieg nach seinem BWL-Studium voll mit ein. Er wirkt nachdenklich und ein wenig traurig, wenn er erzählt. Er scheint den guten Zeiten nachzutrauern.
So habe der Abzug der Amerikaner aus Würzburg 2008 den Laden schwer getroffen. Die hier stationierten US-Soldaten hätten mit ihrem Sold am "Payday" im Laden nur so um sich geworfen, ausgleichen ließe sich dies nicht. Außerdem stellten Streamingdienste wie Netflix eine große Konkurrenz dar. "Wir leben in schnelllebigen Zeiten", sagt Mitinhaber Bernie Sterner. Natürlich würden viele Leute sich da lieber auf der Couch berieseln lassen als zum nächsten Comicshop zu gehen.
Seit Mitte der 2000er gehen die Umsätze unaufhaltsam bergab. "Natürlich macht einem das Angst!", sagt Bernie Sterner, so manche Nacht läge er sorgenvoll wach. Sein Kollege Bernd Eibach begegnet der finanziellen Situation abgeklärt, die Entwicklung macht ihn jedoch zornig: "Mich kotzt das an, dass die Leute nur noch auf ihrem Smartphone und bei Netflix hängen!" Für ihn sei das soziale Miteinander immer wichtig gewesen. Sein Beruf sei immer auch durch gemeinsame Treffen und Vernetzung geprägt gewesen. Nachwachsende Generationen hätten dafür jedoch kaum noch Zeit. Heute sei man getrieben durch das Internet.

Einen Notfallplan haben Bernie Sterner und Gerd Eibach nicht. Zu zweit würde sich der Laden noch eine Weile tragen und genug zum Leben abwerfen. Und wenn die Entwicklung so weitergeht wie bisher? "Dann müssen wir halt zumachen."