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Ochsenfurt
Hat der Obst- und Gartenbauverein Ochsenfurt noch eine Zukunft? Was solche Vereine für ihr Image tun können
Findet sich kein neuer Vorstand, steht der Obst- und Gartenbauverein (OGV) Ochsenfurt vor dem Aus. Expertin Jessica Tokarek über Versäumnisse und Chancen solcher Vereine in der Region.
Gemeinsam Gärten besichtigen zählt zu den typischen Aktivitäten von Obst- und Gartenbauvereinen. Um Nachwuchs anzusprechen, sollten Aktionen für alle Altersgruppen angeboten werden (Archivbild vom Tag der offenen Gartentür in Uettingen). 
Foto: Eva Schorno | Gemeinsam Gärten besichtigen zählt zu den typischen Aktivitäten von Obst- und Gartenbauvereinen. Um Nachwuchs anzusprechen, sollten Aktionen für alle Altersgruppen angeboten werden (Archivbild vom Tag der offenen ...
Catharina Hettiger
 |  aktualisiert: 02.03.2024 02:48 Uhr

2026 würde der Obst- und Gartenbauverein Ochsenfurt sein 100-jähriges Bestehen feiern – doch ob es dazu kommen wird, ist unklar. Der Verein sucht einen neuen Vorstand, und bei einem Treffen am kommenden Freitag fällt die Entscheidung über mehr als nur eine Personalie: Findet sich niemand, der die Nachfolge des bisherigen Vorstands Harald Biedermann antritt, der das Amt seit sieben Jahren innehat, löst sich der Verein auf. "Wir warten den Freitag ab und dann schauen wir weiter", so Biedermann gegenüber der Redaktion.

Obst- und Gartenbauvereine (OGV) haben eine lange Tradition. 46 dieser Vereine mit insgesamt rund 9500 Mitgliedern gibt es im Landkreis Würzburg, mit dem Kreisverband für Gartenbau und Landespflege Würzburg als Dachorganisation. "Damit sind wir im Bezirk Unterfranken Spitzenreiter", sagt Jessica Tokarek, Geschäftsführerin des Kreisverbands und Kreisfachberaterin für Gartenkultur und Landespflege am Landratsamt Würzburg. Doch die Zahlen sinken: 2019 waren es laut Tokarek noch über 10.000 Mitglieder.

"Das Thema Naturschutz gehört mittlerweile zum Kerngeschäft von Obst- und Gartenbauvereinen."
Jessica Tokarek, Geschäftsführerin des Kreisverbands für Gartenbau und Landespflege Würzburg

Die Vereine hätten vor allem mit zwei Problemen zu kämpfen, sagt Jessica Tokarek. Zum einen das "angestaubte Image": "Obst- und Gartenbauvereine standen in den 70er und 80er-Jahren vor allem für Themen wie Ortsverschönerung und Streuobst."

Viele jüngere Leute, die sich heute für Naturschutz engagieren wollten, würden dies in anderen Vereinen tun, wie zum Beispiel Bund Naturschutz oder dem Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV). Dass man dafür auch einem OGV beitreten könnte, sei vielen nicht bewusst. "Dabei gehört das Thema mittlerweile zum Kerngeschäft von Obst- und Gartenbauvereinen". Blühflächen anlegen, insektenfreundliche Stauden und Klimabäume anpflanzen – all das seien Aktivitäten von OGV. Auch beim Thema Streuobstbäume, deren Anbau der Freistaat Bayern mit viel Geld fördert, sei die Expertise der Mitglieder von Obst- und Gartenbauvereinen gefragt.

Seit März 2019 ist Jessica Tokarek Kreisfachberaterin für Gartenkultur und Landespflege. Sie ist zugleich Geschäftsführerin des Kreisverbands für Gartenbau und Landespflege Würzburg.
Foto: Norbert Schmelz | Seit März 2019 ist Jessica Tokarek Kreisfachberaterin für Gartenkultur und Landespflege. Sie ist zugleich Geschäftsführerin des Kreisverbands für Gartenbau und Landespflege Würzburg.

Als ein zweites Problem der OGV nennt Tokarek ein Phänomen, das viele Vereine kennen: das Schwinden ehrenamtlichen Engagements. Um in einem Verein Verantwortung zu übernehmen, müsse man Zeit investieren, "da ist schnell die Angst da, dass es zu viel werden könnte".

Zudem gebe es in den Vereinen eine hohe Anzahl von Menschen, die nicht aktiv sind. "Je größer und städtischer der Verein, desto mehr Karteileichen gibt es", so Tokareks Erfahrung. Beim Thema fehlender Nachwuchs sieht sie das Versäumnis bei den OGV: "Viele Obst- und Gartenbauvereine haben über Jahrzehnte hinweg die Jugendarbeit verschlafen und bauen sie erst seit zirka zehn Jahren wieder auf." Tokarek sind im Landkreis Würzburg etwa zehn Vereine bekannt, die für eine aktive Jugendarbeit stehen.

"Viele Obst- und Gartenbauvereine haben über Jahrzehnte hinweg die Jugendarbeit verschlafen."
Jessica Tokarek

Wichtig sei, interessante Angebote für möglichst alle Altersgruppen anzubieten, um die Mitglieder immer wieder anzusprechen und im Verein zu verankern. Bei Kindern und Jugendlichen gehe es vor allem um konkrete Aktionen: "Ich kann etwas über Blühflächen für Insekten erzählen – und dann zusammen eine anlegen", sagt Tokarek. Umweltbildung für Kinder könne auch so aussehen, dass man zusammen einen Tierpark besucht oder in einem Fischbruthaus Wasserlebewesen beobachtet. "Es geht um Ausflüge, die Spaß machen und zugleich lehrreich sind."

Bei Seniorinnen und Senioren stünde oft der Gemeinschaftsaspekt im Mittelpunkt – sie seien zum Beispiel für Ausflüge zu Bundesgartenschauen oder besonderen Gärten zu begeistern. Jüngere wiederum suchen laut Tokarek praktische Informationen zu einzelnen Themen, etwa rund um den Garten. Hier könnte der OGV Vorträge und Kurse anbieten, beispielsweise zum Thema Baumschnitt.

Garten-Gesprächsreihe und Sommerprogramm für Kinder

Jeder Verein muss seinen eigenen Weg finden, ist Tokarek überzeugt. Dies zeigt auch ein Blick auf einige der aktiven Obst- und Gartenbauvereine im Landkreis. Beim OGV Gerbrunn hat sich beispielsweise die Reihe "Querbeet" als Erfolg erwiesen: Bei den Treffen besprechen die Mitglieder Gartenthemen und laden Referenten zu Vorträgen ein.

Der OGV Rottendorf wiederum hat eine eigene Fläche für Schnittkurse für Erwachsene. Dort kann auch Obst und Gemüse angebaut werden und Umweltbildung für Kinder und Jugendliche stattfinden: Wie pflanze ich etwas an, wie entwickelt es sich?

Der OGV Thüngersheim bietet im August ein Sommerprogramm für Kinder an. Im vereinseigenen Obstgarten können sich die Mitglieder treffen, um sich auszutauschen und gemeinsam zu arbeiten. "Um neue Leute zu begeistern, sind Aktionen wichtig", so Tokareks Fazit.

Der Kreisverband will einzelne Vereine vernetzen

Der Kreisverband für Gartenbau und Landespflege könne dabei Inspirationen geben: "Wir planen regelmäßig überregionale Aktionen – um die einzelnen Ortsvereine zu vernetzen und um für ein frischeres Image zu sorgen", sagt Tokarek. So spendet der Kreisverband zum Beispiel am "Tag des Baumes" den Obst- und Gartenbauvereinen Bäume, die sie vor Ort pflanzen können. Kindergärten werden Bäume gesponsert, um zu zeigen, dass die Vereine Ansprechpartner für Umweltbildung sein können. Am "Tag der offenen Gartentür" laden Gartenbesitzer im Landkreis Würzburg seit über 25 Jahren in ihre Gärten ein, bieten Führungen an und teilen ihr Fachwissen mit den Besucherinnen und Besuchern.

Finanzielle Unterstützung, zum Beispiel für Jugendförderung, bekommen die OGV vom Bund- und Landesverband. "Der Kreisverband bietet eher fachliche Unterstützung", erklärt Tokarek. Dies können Schulungen für die Vorstände sein, bei denen praktisches Wissen vermittelt wird – etwa, wie man die Finanzen regelt und eine Mitgliederliste führt. Über Jessica Tokarek und den Kreisverband können die Mitglieder außerdem Vorträge buchen oder sich in einem Gartenpfleger-Grundkurs schulen lassen, um anschließend eigene Veranstaltungen zu geben.

 
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