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Würzburg
Happy Birthday, Residenz!
Würzburgs bekanntestes Bauwerk wird heute 300 Jahre alt. Am 22. Mai 1720 wurde der Grundstein für die Residenz gelegt. Das Prunkschloss fasziniert viele Menschen bis heute.
Vor 300 Jahren wurde der Grundstein für die Würzburg Residenz gelegt. Das prächtige Bauwerk und sein Garten werden von Touristen und Einheimischen gern besucht.
Foto: Johannes Kiefer | Vor 300 Jahren wurde der Grundstein für die Würzburg Residenz gelegt. Das prächtige Bauwerk und sein Garten werden von Touristen und Einheimischen gern besucht.
Joachim Fildhaut
 |  aktualisiert: 08.02.2024 12:54 Uhr

Wer heute vom Würzburger Dom über die Hofstraße auf dieses prächtige Schloss zugeht, dem weitet sich die Perspektive Schritt für Schritt. Als die Residenz erbaut wurde, sah das noch ganz anders aus. Man ging auf die mittelalterliche Stadtmauer zu, auf einen schmalen Durchlass. Sobald man den durchschritt, lag das enge Gassengewimmel urplötzlich hinter einem. Man betrat den unerhörten Freiraum des Vorplatzes – auch wenn der Ehrenhof um den Frankoniabrunnen herum mit einem Ziergitter abgetrennt und der Raum dadurch wieder etwas dividiert wurde. Aber der Residenz-Neubau sprang den Zeitgenossen in seiner unbekannten Dimension förmlich an.

Napoleon nannte die Residenz den "schönsten Pfarrhof Europas"

Das heißt, so war es, wenn der Betrachter keine internationalen Maßstäbe mitbrachte. Über die verfügte allerdings der prominenteste Gast, der je in der Residenz übernachtete. Napoleon Bonaparte lobte das prächtige Bauwerk bei seinem Würzburger Aufenthalt 1812 – da hatte er die Fürstbischöfe freilich schon entmachtet – als den "schönsten Pfarrhof Europas". Als Maßstab nahm der französische Kaiser wohl sein Schloss Versailles, dessen Gartenfassade immerhin 570 Meter misst – bei der Würzburger Residenz sind es dagegen nur 168 Meter.

Als Baumeister Balthasar Neumann zur Vorbereitung des Residenz-Baus auf Kosten des Würzburger Fürstbischofs seine Fortbildungsreise durch Frankreich unternahm, war Versailles noch neu. Und prägte den Besucher nachhaltig. Wobei Neumanns eigentliche Leistung daran lag, auf begrenztem Raum alles unterzubringen, was ein Hofstaat und eine Regierung zum Leben, Repräsentieren, Regieren und Verwalten brauchte. Um den französischen Spott positiv zu wenden: Balthasar Neumann konstruierte in Würzburg die Residenz der Kompaktklasse.

Der Kaisersaal der Würzburger Residenz.
Foto: Nicolas Armer, dpa | Der Kaisersaal der Würzburger Residenz.

Relativ bald in der langen Bauzeit wurden die Kaiserzimmer fertiggestellt, in den frühen 1740er Jahren. Schließlich galt es hohen Besuch zufriedenzustellen. Äußerst festlich ging es den Überlieferungen nach zu, als 1745 Maria Theresia hier eintraf. Ein Zwischenstopp auf ihrer auf Reise nach Frankfurt, wo ihr Gemahl Franz Stephan zum Kaiser gekrönt wurde.

Im Unterschied zu manch anderem Herrschaftssitz war die Würzburger Residenz ein kompletter Neubau. Hier mussten keine Renaissance- oder gar Mittelalter-Schlösser in die Anlage integriert werden. Zwar gab es Modeströmungen, die während der sechs Jahrzehnte bis zur Komplettierung des Innenausbaus wechselten, aber insgesamt tritt die Residenz dem Besucher als recht geschlossenes Ensemble vor Augen. So konnte sich der Begriff Würzburger Rokoko ausprägen.

Das politische Zentrum des Hochstifts 

Im Alltag wurde die Residenz belebt von den Ämtern und Amtsinhabern des Hofstaats - als da gewesen wären: das Oberhofmarschallamt mit Hofmarschall, Hausvogt, Haushofmeister und Oberkämmerer; Hofküchen-, Hofsilberamt und Hofsilberkammer, Hofkeller- und -furieramt, Hofmusik, Garden und Edelknaben, Oberjägermeister-, Oberstallmeister-, Hofkammerbau- und Hofkammerfutteramt sowie einige Erbämter.

In der Residenz lag das politische Zentrum des Hochstifts, also der weltlichen Seite des Fürstbistums. Das war zwar nur in etwa so groß wie das heutige Unterfranken, trotzdem verkehrten in der Zentrale Gesandte anderer Mächte, oft mächtigerer Mächte, und die wollten untergebracht sein. Dazu ließen die mainfränkischen Fürsten den Gesandtenbau errichten, in dem heute eine öffentliche Verzehranstalt auftischt. Natürlich musste am Regierungssitz für die auswärtigen Diplomaten gekocht und anderweitig gesorgt werden – Alltag in der Residenz.

Über dem Treppenhaus der Würzburger Residenz prangt das 670 Quadratmeter große Deckenfresko des Malers Giovanni Battista Tiepolo (1696-1770).
Foto: Nicolas Armer, dpa | Über dem Treppenhaus der Würzburger Residenz prangt das 670 Quadratmeter große Deckenfresko des Malers Giovanni Battista Tiepolo (1696-1770).

Ranghohe Politiker empfing der Fürstbischof, indem er ihnen entgegenging, bestenfalls bis ins Erdgeschoss, wo die Kutschen vorfuhren. Niedere Chargen mussten sich, um ihr Anliegen vorzutragen, allein das Treppenhaus hinaufbequemen. Spätestens in der Hälfte, auf dem Treppenabsatz bei einer 180-Grad-Kehre, blickten sie dann nach oben und sahen beim Weitersteigen, wie sich über ihnen Stufe für Stufe die ganze Erde erstreckte – als sichtliches Einflussgebiet der Person, der sie gleich unter die Augen treten sollten, nämlich des Würzburger Fürstbischofs.

Carl Philipp von Greiffenclau hatte die Treppenhaus-Decke nämlich vom besten Fresko-Künstler des damaligen Europa, von Giovanni Battista Tiepolo, nach einem etwas angeberischen Bildprogramm ausmalen lassen. Die Darstellung der vier damals bekannten Erdteile ist das größte zusammenhängende Deckenfresko der Welt.

Zahlreiche Kronleuchter hängen im Weißen Saal der Würzburger Residenz, welcher mit Stuckaturen von Antonio Giuseppe Bossi (1699-1764) verziert ist.
Foto: Nicolas Armer, dpa | Zahlreiche Kronleuchter hängen im Weißen Saal der Würzburger Residenz, welcher mit Stuckaturen von Antonio Giuseppe Bossi (1699-1764) verziert ist.

Das Gemälde und auch der zweite Tiepolo des Hauses, der ausgemalte Kaisersaal, krönen die weiteren künstlerischen Glanzstücke in der Residenz. Denn für die Innenausstattung hatte Greiffenclaus Vorvorgänger Friedrich Carl von Schönborn bereits internationale Meister wie den Stukkateur Antonio Bossi akquiriert. An seiner Hofkirche wirkte Lucas von Hildebrandt mit, der während der ersten Residenzbaujahre Schloss Belvedere in Wien errichtete. Auch das Spiegelkabinett datiert auf diesen Schönborn, den jüngeren Bruder des Grundsteinlegers Johann Philipp Franz von Schönborn.

Übrigens waren die meisten Würzburger Fürstbischöfe der sogenannten Schönbornzeit miteinander verwandt. Der Name Vetternwirtschaft hält sich bis heute. Dass die sechs Bauherren der Würzburger Residenz aber groß dachten, das hat sich nicht als typisch fränkisch durchgesetzt. Man kann aber davon lernen.

Zahlen und Fakten zur Würzburger Residenz

Sechs Würzburger Fürstbischöfe ließen nach der Grundsteinlegung 1720 bis zum Jahr 1781 die Residenz als Regierungssitz ihrer weltlichen und geistlichen Herrschaft über das heutige Unterfranken erbauen. Bald jedoch, 1802, machten die Napoleonischen Kriege Schluss mit Herrschaftsformen wie Fürstbischof und dergleichen. Bei einem internationalen Gebietstausch sprach Napoleon Mainfranken dem Großherzog von Toskana zu. Die Neuordnung Europas nach dem Wiener Kongress brachte Unterfranken und sein zentrales Bauwerk 1814 ins Königreich Bayern ein. In dieser neuen Nebenresidenz der Wittelsbacher wurde zum Beispiel Prinzregent Luitpold geboren.
Am 16. März 1945 bei der Bombardierung Würzburgs brannte die Residenz weitgehend aus. Die soliden tragenden Architekturelemente hielten dem Feuer indes stand, auch die bedeutenden Fresken nahmen keinen substanziellen Schaden.
1981 erklärte die Unesco die Schlossanlage zum Weltkulturerbe - dem ersten überhaupt in Bayern und dem dritten bundesweit.
Heute gehört die Residenz dem Freistaat Bayern und untersteht mittels der Bayerischen Schlösser- und Seenverwaltung dem Finanzministerium. Neben den 40 Schauräumen und der Schlösserverwaltung selbst beherbergt die Residenz Institute der Universität und deren Gemälde-, Musikinstrumenten- und Antikensammlung, letztere auch Martin-von-Wagner-Museum genannt. Der Toskanasaal dient öffentlichen Aufführungen und Vorlesungen der Universität, im Kaisersaal erklingen die repräsentativsten Konzerte des Mozartfests. Die Keller sind bis heute Staatliche Hofkeller, seine Weine machen das Schloss also tatsächlich zum Chateau. In der Hofkirche wird gern geheiratet, wobei das Gotteshaus zu keiner Gemeinde gehört.
342 500 touristische Besucher (ohne Hofkirche und Garten) zählte die Residenz im Jahr 2018 - womit sie sich solide zwischen den Schlössern Herrenchiemsee (372 000 Besucher) und Nymphenburg (335 000Bescher) behauptete.
Ab dem 2. Juni wird die Residenz wieder für Besucher geöffnet sein.
Quelle: jfi
 
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