
Liegt es an der Corona-Pandemie? Im Herbst 2020 hat die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BEG) bekannt gegeben, dass im Prinzip mehr als die Hälfte der Republik für ein atomares Endlager in Frage kommt. Doch die Nachrichten darüber gingen fast unter. Das dürfte sich bald ändern: Jetzt beginnt die Suche nach den Standortregionen, konkrete Landstriche rücken in den Fokus. Das Nationale Begleitgremium (NBG) aus zwölf Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die von Bundestag und Bundesrat gewählt wurden, sowie sechs Bürgervertreterinnen und -vertreter soll die Endlagersuche transparent begleiten. Günther Beckstein, von 1993 bis 2007 bayerischer Innenminister und dann bis 2008 erster evangelischer Ministerpräsident im Freistaat, gehört dem unabhängigen Gremium an. Im Gespräch berichtet der 77-jährige CSU-Politiker, wie er die Befindlichkeiten im Land wahrnimmt bei der Frage, wohin der Atommüll irgendwann soll.
Günther Beckstein: Im September sind 54 Prozent des Bundesgebietes als mögliches Endlager ausgewiesen worden. Inzwischen haben zwei der drei Fachkonferenzen stattgefunden. Hier können sich Bürger, Wissenschaftler und Kommunen mit den Teilgebieten auseinandersetzen. Die Teilnehmerzahl lag zwischen 800 und 1500. Das ist in Anbetracht der 80 Millionen Menschen, die in Deutschland leben, sehr wenig. Die Teilgebiete sind noch zu groß gefasst, als dass es auf lokaler Ebene große Betroffenheit geben könnte. Das ist mancherorts allerdings anders: Der Landkreis Wunsiedel hat sogar eine eigene Stelle eingerichtet, die den Vorgang begleitet. Denn Wunsiedel und das Fichtelgebirge werden immer wieder als Standort genannt. Aber auch meine Heimatstadt Nürnberg ist Teilgebiet. Wenn ich da meinen Freunden sage, wir könnten ein atomares Endlager bekommen, dann zweifeln die an meinem Verstand.
Beckstein: Im Koalitionsvertrag zwischen CSU und Freien Wählern ist festgehalten, dass Bayern kein Standort für ein Endlager sein wird. Das ist aus der Sicht des Findungsprozesses unerheblich, denn das Standortauswahlgesetz – ein Bundesgesetz - sagt eindeutig, ganz Deutschland ist ein weißer Fleck und es wird dort gesucht, wo der günstigste Standort ist. Da ist Bayern dabei und sogar mit relativ großen Flächen. Viele in Deutschland würden in Schadenfreude schwelgen, wenn das Endlager nach Bayern käme. Weil sie sagen, in Bayern hat man die Kernkraft intensiv genutzt und jetzt sollen sie sich auch um den Dreck kümmern, der von dieser Nutzung herkommt. Kriterium ist aber ausschließlich die Frage: Wo ist der geeignetste Standort in Deutschland? Er wird in einem transparenten, wissenschaftsbasierten und lernenden Verfahren gesucht. Das Nationale Begleitgremium hat die Aufgabe zu kontrollieren, dass das tatsächlich nur nach diesen wissenschaftlichen und objektiven Kriterien geschieht.
Beckstein: Hintergrund ist, dass das Bundesverfassungsgericht beim Klima ausdrücklich die Rechte der jungen Generation betont und die bisherigen Gesetze für nicht ausreichend erklärt hat. Das war für uns im NBG der Anlass zu sagen, es müssen von Anfang an die Rechte der jüngeren Generation gewahrt werden. Schließlich soll das Lager ja erst 2050 in Betrieb gehen. Bisher haben sich aber keine jungen Menschen selber beteiligt mit Ausnahme derer, die ausdrücklich ins Gremium berufen wurden.

Beckstein: Für junge Menschen ist die Frage der Endlagersuche noch viel weiter weg als für uns ältere. Wir erinnern uns noch an Gorleben und die Nutzung der Kernenergie, während das für Jüngere schon fast Geschichte ist.
Beckstein: Das hat mich völlig überrascht. Wir hatten erwartet, dass 60 bis 90 Teilgebiete genannt werden, die vielleicht 5 oder 10 Prozent der Fläche Deutschlands ausmachen.
Beckstein: Da kann im Moment niemand etwas sagen, noch nicht mal die Bundesgesellschaft für Endlagerung. Sie muss jetzt erst überlegen, nach welchen Kriterien sie von den 54 Prozent Landesfläche auf 10 Prozent reduziert. Die Kriterien werden frühestens im Frühjahr 2022 vorliegen. Jetzt sind die Experten intensiv damit beschäftigt, die Mitteilungen der Geologischen Landesämter zu bearbeiten. Und auch die Anfragen aus den Fachkonferenzen. Wir als NBG fordern eine öffentliche Beteiligung beim Prozess, wie man zu den Standortregionen kommt. Diese ist zugesagt, aber noch nicht, in welcher Form sie erfolgt.
Beckstein: Bisher haben sich nur solche Regionen gemeldet, die sagen, das soll überall hin, aber nicht zu uns. Der Heilige Sankt Florian ist im Moment der beliebteste Heilige in der Endlagersuche. Es gibt Kommunen wie Ebersberg oder Wunsiedel, die beschlossen haben, nicht Standort werden zu können. Das hat nach dem Freistaat Bayern jetzt auch Mecklenburg-Vorpommern getan. Im Moment gibt es noch nirgends eine Bereitschaft, selber ernsthaft zu erwägen, dass ein Standort – offen gesagt – auch Vorteile bieten kann. Da werden ja Milliarden investiert – und die Gefahren für die Allgemeinheit sind aus meiner Sicht absolut minimal.

Beckstein: Die Klagemöglichkeiten sind sehr eingeschränkt. Von daher ist es nicht völlig ausgeschlossen, dass dieser Zeitplan eingehalten wird. Nebenbei gesagt: die Schweiz sucht auch ein Endlager, aber die Eidgenossen nehmen sich dafür rund zehn Jahre mehr Zeit. In der Schweiz und auch in Finnland war die Situation völlig anders als in Deutschland: Dort haben sich mehrere Landkreise um das Endlager beworben, weil große Ausgleichszahlungen gemacht werden. Wo ein Endlager hinkommt, gibt es gleichzeitig neue Schulen, Schwimmhallen oder Freizeiteinrichtungen.
Beckstein: Wir brauchen das Endlager völlig unabhängig davon, ob wir aus der Kernenergie aussteigen oder nicht. Auch wenn wir Kernenergie weiter betrieben, bräuchten wir ein Endlager. Auch ich hätte nie mehr ein Kernkraftwerk in Deutschland gebaut. Allerdings erscheint es mir nicht völlig überzeugend, dass wir unsere Kernkraftwerke 2022 abschalten, aber dann ein großer Nutzer der Kernenergie der Franzosen oder der Tschechen sind, weil wir auf Importe angewiesen sind.
Jawoll Herr Beckstein, in der Asse da werden bald sogar schon zum 2. mal Milliarden investiert - um die undichten, absaufenden Fässer wieder zurückzuholen. Am besten Herr Beckstein hilft mit bei der Rückholaktion, die Risiken sind ja minimal...
Von nix kommt nix.
Zu den Zeiten als Grafenrheinfeld noch in der Gewerbesteuer fast
"ersoffen" ist, wie sie es ausdrücken, da gab es noch die Gewerbekapitalsteuer. Die ist aber schon einige Jahre abgeschafft.
Zur Zeit richtet sich die Gewerbesteuer nur nach dem Ertrag und von daher wird nicht so viel für die betroffenen Gemeinden "abfallen".
Denn nur die Verwahrung von Atommüll ist vermutlich kein extrem gewinnbringendes Geschäft.