Vor genau einem Jahr, im Frühjahr 2016, da hatte die Würzburger Universität wichtigen Besuch. Internationale Gutachter hatten sich angekündigt, es galt, den großen Antrag für ein Helmholtz-Institut gut zu präsentieren. Seit dem Jahr 2013 hatte Professor Jörg Vogel, der Würzburger Infektionsbiologe, mit Kollegen des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung in Braunschweig (HZI) an Plänen für eine Zusammenarbeit gesessen. „Weil sich unsere Forschung sehr gut ergänzt“, sagt Vogel, der als führender Wissenschaftler auf dem Gebiet der RNA-Biologie gilt. Und kleine RNA-Moleküle von bakteriellen Krankheitserregern wie Salmonellen zu erforschen – das würde das Profil des Braunschweiger Helmholtz-Zentrums gut ergänzen.
Aus der Netzwerk-Idee wurde mehr
Aus den ersten Überlegungen eines Netzwerks war die Idee eines Helmholtz-Zentrums geworden. Die Helmholtz-Gemeinschaft ist mit 18 Forschungszentren mit 38 000 Mitarbeitern und einem Jahresbudget von mehr als vier Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation in Deutschland. Gut zwei Drittel des Budgets sind Grundfinanzierung von Bund (90 Prozent) und Ländern (zehn Prozent), ein Drittel des Geldes werben die Forscher als Drittmittel ein.
Wer meint, noch nie von einem Helmholtz-Zentrum gehört zu haben, kennt vermutlich diese Namen: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln, Forschungszentrum Jülich (FZJ), Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven, Stiftung Deutsches Elektronen-Synchrotron (DESY) in Hamburg oder Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg.
Die Außenstellen der Helmholtz-Zentren
Das Besondere der Struktur: Diese Helmholtz-Zentren gehen „strategische Partnerschaften“ mit Universitäten ein. Auf dem Campus einer Universität wird dann eine „Außenstelle“ des Zentrums, ein Institut, gegründet. Es bekommt zwischen drei bis fünf Millionen Euro pro Jahr und beruft seine Wissenschaftler zusammen mit der Universität.
Und genau darum ging's vor einem Jahr: In einem bundesweiten Wettbewerb hatten fünf Helmholtz-Zentren mit Partnerunis Anträge eingereicht. Mit dabei: Braunschweig-Würzburg. „Die Begutachtung, die war wirklich hart“, sagt Jörg Vogel. Er ist ein absoluter Profi im Wissenschaftspolitik-Geschäft, einer, der weiß, worauf es wirklich ankommt in der umkämpften Forschungswelt. Und er sagt: „Wie es für uns ausgeht, war bis zum Schluss nicht klar.“
Wissenschaft überzeugte - und das Engagement des Freistaats
Am Schluss, Mitte Oktober, kam die Nachricht: Der Senat der Helmholtz-Gemeinschaft hat die Gründung von zwei weiteren Helmholtz-Instituten beschlossen. Das Alfred-Wegener-Institut und die Uni Oldenburg können gemeinsame Sache machen im Bereich „Funktionelle Marine Biodiversität“. Und das Braunschweiger Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) kann mit der Julius-Maximilian-Universität eine Außenstelle mit Schwerpunkt RNA-basierte Infektionsforschung eröffnen.
Die Gutachter seien „von der Wissenschaft so begeistert“ gewesen, sagt Jörg Vogel. Vor allem aber sei der Einsatz der Politik wichtig gewesen. „Das Land Bayern war ganz wichtig, das finanzielle Unterstützung zugesagt hatte.“ Universitätspräsident Professor Alfred Forchel formuliert es so: „Der Freistaat Bayern hat in Rekordzeit durch die Bereitstellung der notwendigen Mittel die finanziellen Voraussetzungen geschaffen.“
Und so wird an diesem Mittwoch in der Würzburger Residenz bei der feierlichen Unterzeichnung des Gründungsmemorandums für das „Helmholtz-Institut für RNA-basierte Infektionsforschung“, das die Abkürzung HIRI bekommt, die stellvertretende Ministerpräsidentin und Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) erwartet. Die Aufbauphase von vier Jahren und den geplanten Neubau auf dem Medizin-Campus trägt als alleiniger Finanzier der Freistaat.
Am HIRI werden Wissenschaftler um Vogel, der Beamter des Freistaats bleibt und Gründungsdirektor ist, zukünftig Ribonukleinsäuren (RNA) und ihre Rolle bei Infektionen untersuchen. Ribonukleinsäuren wird ein enormes Potenzial als Angriffspunkt für Medikamente und als Therapeutika selbst zugesprochen.
Neues Gebäude, viele Professuren
30 Millionen Euro sind für das neue Gebäude vorgesehen. „Wir brauchen vor allem viel Platz für die Auswertung“, sagt Vogel. Zehn bis zwölf Arbeitsgruppen sind das Ziel, erste Verfahren laufen. An diesem Freitag endet die Bewerbungsfrist für zwei W3-Professuren, bis zu vier W2-Professuren für erfahrene Gruppenleiter und bis zu vier W1-Professuren für Nachwuchsgruppenleiter. Vogels Anspruch: „Gute Leute holen, auch aus dem Ausland, es geht wirklich um Klasse an dieser Stelle.“
Verfügt Würzburg mit dem HIRI, der langersehnten, vielfach vermissten außeruniversitären Einrichtung nun über ein vergleichbares Umfeld wie anderen universitäre Standorte? „Das neue Helmholtz-Institut ist außerordentlich wertvoll für uns“, sagt Unipräsident Forchel. Vergleichbare Universitätsstädte wie Tübingen, Freiburg oder Jena hätten indes ein „erheblich dichteres Netz an Max-Planck-, Fraunhofer-, Leibniz- oder Helmholtz-Instituten zur Sichtbarkeit und Leistungsfähigkeit“.
Würzburg habe ja noch andere „herausragende Forschungsbereiche“.
Und so folgt dem Gründungsakt an diesem Mittwoch der Wunsch: „Dass noch weitere Institutsgründungen in den kommenden Jahren in Würzburg erfolgen werden.“