
Es ist gerade ein paar Tage her, da stand Fred Stahl am 1. Oktober mit seinen Parteifreunden am Grab von Petra Kelly. Die Mitbegründerin der Grünen ist vor 30 Jahren gestorben. "Sie war eine der wichtigsten Vorkämpferinnen der ökologischen und der weltweiten Friedensbewegung", sagte Patrick Friedl an ihrem Grab im Würzburger Waldfriedhof.
Es sind diese Ideale, die auch Fred Stahl bewegt haben, in die Partei der Grünen einzutreten. Der 72-Jährige aus Theilheim hat gegen Atomkraft in Wackersdorf protestiert und ist für den Frieden marschiert. Über seine Grünen lässt er eigentlich nichts kommen. Und eigentlich müsste er jetzt überglücklich sein, die Grünen auch in der Regierung zu sehen.
Jahresempfang mit 120 Gästen aus Politik und Gesellschaft
Doch Fred Stahl ist nicht zufrieden. „Die Grünen sind weichgespült“, sagt er am Rande des Jahresempfangs in Rottendorf am Samstag. Gerade bei den Themen Tempolimit und Vermögenssteuer wünscht er sich mehr Durchsetzungskraft. Aber, „wir lassen uns zu viel von der FDP vorführen“, kritisiert er und weiß sich gerade im Kreis der Altvorderen mit dieser Meinung nicht alleine.

Hubert Hofmann aus Veitshöchheim pflichtet bei. Auch er ist 72 Jahre alt und gerade nicht zufrieden mit seiner Partei. Er wünscht sich eine "Rückbesinnung auf die alten Werte, denn die Ideale und Ziele der Grünen von damals haben heute noch viel mehr Bedeutung", sagt er.
"Kluge Politik bedeutet Lösungen für alle", sagt Katharina Schulz dann auf der Bühne. Gut 120 Gäste aus Politik und Gesellschaft hören ihr zu und erfahren: "Die Grünen sind die Partei, die das Leben für alle besser macht." Die Oppositionsführerin im Bayerischen Landtag nennt die Entlastungspakete der Bundesregierung als Beispiel. Ohne die Grünen in der Regierung sähen diese anders aus, meint sie und ist überzeugt: "Grün wirkt."
Schulzes Forderung zum Neun-Euro-Ticket
Wenn es um Entlastung der Bürgerinnen und Bürger geht, dann dürfe sich auch der Freistaat Bayern nicht aus der Verantwortung ziehen, so Schulze. Möglichkeiten gebe es genug für Ministerpräsident Markus Söder, beispielsweise bei der Fortführung des Neun-Euro-Tickets. „Bayern bremst hier“, sagt die Fraktionsführerin der Grünen im Bayerischen Landtag und fordert, diese Blockade zu beenden. Denn ein günstiges, verbundübergreifendes Ticket für den Nah- und Fernverkehr sei nicht nur gut für den Klimaschutz, sondern auch für die soziale Teilhabe.
Katharina Schulze nutzt die Bühne, um die Grünen in Stadt und Landkreis Würzburg auf den Wahlkampf einzuschwören. Sie ist euphorisch, redet frei, setzt Spitzen. „Spätestens bei der nächsten Landtagswahl muss die Energiepolitik in Bayern in grüner Hand sein“, sagt sie und weiß, was sie will. Nämlich, die 10H-Regel bei Windkrafträdern abschaffen, die Solarpflicht auf Dächer und Investitionsrichtlinien für den Ausbau der Erneuerbaren Energien einführen.
Sorge um den Rechtsruck in Europa
Die Themen, die Fred Stahl und Hubert Hofmann interessieren, spricht sie nicht an. Kein Wort zur Atomkraft, kein Satz zum Tempolimit, kein Aufruf zum Frieden. Auch Europaabgeordnete Henrike Hahn hat andere Schwerpunkte. Sie sorgt sich um den Rechtsruck in Europa und ärgert sich, dass EVP-Chef Manfred Weber (CSU) mit seiner Unterstützung für Berlusconi an dieser Entwicklung "aktiv mitgewirkt" habe.

Charles Leineweber aus Ochsenfurt zeigt Verständnis für die schwierige Situation, in der seine Partei gerade ist. Der 38-Jährige ist zwar auch nicht zufrieden mit dem Weiterbetrieb von zwei Atomkraftwerken, er sieht aber auch die unvorhergesehenen Krisen in der Welt. "Da können wir nicht wie geplant arbeiten. Ich beneide Habeck und Co. nicht", sagt er.
Auf der Bühne ruft Katharina Schulze dann zur Solidarität auf. „Niemand muss alles alleine lösen“, sagt sie und ruft die Tags zuvor nominierten Kandidatinnen und Kandidaten für die bayerischen Bezirks- und Landtagswahlen 2023 zu sich. Mit Kerstin Celina und Patrick Friedl im Landtag, Christina Feiler und Gerhard Müller im Bezirkstag will sie die "großen Aufgaben gemeinsam angehen".
Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version dieses Text war zu lesen, dass Fred Stahl in Randersacker wohnt. Das war ein Fehler. Stahl kommt aus Theilheim.