Was wir diese Woche machen? Erst einmal auf die Würzburger Wahrheiten verzichten, weil wir uns vom Kollegen Holger verabschieden müssen, weil der sich von uns in den passiven Teil seiner Altersteilzeit verabschieden will und dieser erste Montag ohne ihn ein schwarzer Montag ist. Aber kein Black Monday, an dem einem immer noch Sonderangebote, die vom Black Friday übrig geblieben sind, nachgeschmissen werden. Einen wie Holger Welsch, den gibt es in keinem Angebot. Deswegen wird sein Arbeitsplatz erst einmal auch nicht mehr besetzt. Es ist wie bei großen Fußballspielern – da wird die Rückennummer auch nicht mehr vergeben, sagt er.
Ein Montag ohne Würzburger Wecker
Und recht hat er. Wer gegen Fußball-Legenden wie Ronaldo, Maradona oder Podolski antritt, ist von vornherein schon chancenlos. Und so sind diese Abschieds-Zeilen für den Kolumnen-Kapitän der Würzburg-Redaktion eine Qual für den Autor. Nicht, weil es um Holger geht. Sondern, weil Kolumnenschreiben eine große Kunst ist und Holger Welsch in diesem Genre stets die Rückennummer Eins getragen hat.
Bemühen wir deswegen das digitale Text-Archiv, um zu fassen, welch großer Autor uns verloren geht. 65 mal ließ Welsch den „Würzburger Wecker“ klingeln. Nicht zu früh. Denn ein Grund, warum der Kollege Journalist geworden ist, war, dass er im Berufsleben keinesfalls um 4 Uhr morgens aufstehen wollte. Bäcker wäre also nichts für ihn gewesen, trotzdem versüßte er uns gut 400 mal den Montag. Dass seine Kolumne „Mein Montag“ auch vielen Lesern geschmeckt hat, zeigen die unzählbaren Fanbriefe, die Kollege Welsch bekam. Er hat sie alle aufgehoben. Schon allein deswegen zog sich der hausintern vorgeschriebene Offboarding-Prozess, also das Auschecken aus der Würzburg-Redaktion, bei ihm auch etwas länger hin.
Von Schweinfurt in die Großstadt
Was im Archiv fehlt, ist die Kolumne „In & Out“, die in Mellrichstadt erschienen ist. Was lernen wir daraus? Auch Computer haben Gedächtnisprobleme - und Holger hat sein Geld schwer verdient. Erst als Reporter auf dem Land, in Bad Kissingen und Mellrichstadt, danach lernte der Schweinfurter die Großstadt kennen. Und hier hat er sich die letzten 22 Jahre journalistisch ausgetobt. Unvergessen: Die Kickers, ihr Stadion, ihre Nachbarn. Journalistisch wollte Holger hoch hinaus – mit dem Hotelturm und dem Ämterhochhaus. Ab und an, er selbst sagt, er sei nie der große Investigativ-Journalist gewesen, war er aber auch an Skandalen wie dem „schweineteuren Arvato-elektronischen-Bürgerbüro-Flop“ dran.
Im Kollegenkreis wird jetzt gemunkelt, dass der Verlag Holgers erfolgreiche Texte noch einmal auflegt. „The Great Welsch“ könnte die Sammlung heißen und die Bestsellerlisten des unterfränkischen Buchhandels erobern. Dann wissen wir endlich auch, was Holger künftig an seinen vielen freien Montagen machen wird – in Erinnerungen blättern. Und sicher wird er die Würzburger Wahrheiten, die es nächste Woche an dieser Stelle wieder gibt, ganz besonders kritisch lesen. Wir hoffen, dass der selbst ernannte Textchef der Redaktion dann nicht zu kritisch ist und ein bisschen Freude daran haben wird. So wie wir und Sie unsere Freude an Holger Welsch hatten – und nun außerhalb des Platzes weiter haben.