Haben Sie auch die Meldung „Falsche Befrager unterwegs“ gelesen? Die Behörden warnen vor Trittbrettfahrern, die die Volkszählung nutzen, um einem persönliche Daten abzuluchsen. In Unterfranken soll aber noch kein Datendieb aufgekreuzt sein. Braucht er auch nicht. Er ist längst da. Und ohne Trittbrett.
Ich denke da an eine gute Freundin meiner Frau. Um die Freundschaft nicht zu gefährden, verraten wir nicht ihren richtigen Namen. Nennen wir sie Curiosa. Das ist italienisch und heißt „die Neugierige“. Curiosa hat das bewundernswerte Talent, selbst fremden Mitmenschen innerhalb von Minuten intimste Informationen zu entlocken – ohne dass es die Befragten merken. Dank ihrer von Sänfte, aber auch von Beharrlichkeit geprägten Interviewtechnik erfährt Curiosa bei Leuten, die sie gerade mal drei Minuten kennt, problemlos die Zahl der Scheidungen nebst Vornamen der Ex-Frauen und -Männer sowie sämtliche Urlaubsziele oder Krankheiten der letzten zehn Jahre.
Meine Mutter tippt seit 33 Jahren die gleichen Lottozahlen, die sie wie ein Geheimnis hütet, weil sie den Sechser-Gewinn für sich allein haben möchte. Damit ist es nach einem Gespräch mit Curiosa vorbei. Falls sie das Lottoglück einmal ereilen sollte, muss Muttern den Gewinn wohl teilen, weil Curiosa die gleichen Zahlen getippt hat.
Ich hab mich immer gefragt, was die gute Frau mit den ganzen Informationen und Daten anfängt. Wahrscheinlich arbeitet Curiosa fürs statistische Bundesamt. Das würde auch erklären, weshalb bei mir noch kein Volkszähler aufgekreuzt ist. Die wissen eh schon alles. Nicht mal beim Mikrozensus, der „kleinen Volkszählung“ durfte ich mitmachen. Obwohl ich nur 1,70 Meter groß bin. Möchte bloß wissen, ob der OB schon beim Mikrozensus auserwählt wurde?
Denn das mit dem Zählen und gezählt werden soll immens wichtig sein. Weil die Daten den Städten auch als Planungsgrundlage für die Infrastruktur dienen, weshalb die Entscheidung, die Frankenhalle für teuer Geld auszubauen, vielleicht zu voreilig war. Am Ende der Volkszählung stellt sich womöglich raus, wir sind so wenige, dass wir zum Kultur gucken auch in den Heidingsfelder Radlersaal passen würden.
Gezählt wird im übrigen nicht, wie viele türkische Fahnen es in der Stadt gibt. Das wissen wir ohnehin seit der Flaggenaffäre, die diverse Witze kreiert hat. Zum Beispiel diesen: „Wie schafft es die Stadt, die lädierten Steinlamellen am Kulturspeicher wieder aufzuhängen? Sie malt die Steine rot mit einem Halbmond drauf an. Denn damit klappt das Aufhängen ja problemlos.“
Blöder Witz. Besser find' ich den, der auf der bekannten wie wahren Begebenheit basiert, wonach der Veranstalter des Migrationskongresses eine einzige türkische Fahne beantragte und im Rathaus den Tipp bekam, doch lieber gleich 50 aufzuhängen. So erklärt sich nämlich die Entstehungsgeschichte des Hotelturms: „Kommt einer ins Rathaus und sagt, er möchte ein zweigeschossiges Haus in der Schweinfurter Straße bauen. Antwortet der Mann im Baureferat: Wieso nur zwei Stockwerke? Bauen sie doch 17 und machen 'nen Turm draus!“